LobbyarbeitWie Bundestagsabgeordnete mit Geschenken umgehen

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Dreharbeiten während des Projektes

Dreharbeiten während des Projektes

Köln/Berlin – Wie gehen Kölner Abgeordnete im Bundestag mit Lobbyisten um? Dieser Frage ist ein Kurs von Journalismus-Studenten der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in einem Projekt nachgegangen, für das eine Medienteam mit angehenden Akademiker nach Berlin reiste.

Brot und Salz

Parlaments-Neuling Sven Lehmann (Grüne) erklärte, dass er von Organisationen und Unternehmen zur Begrüßung „massiv Salz und Brot geschickt bekommen“ habe. Das habe er aber erst spät gemerkt, weil die Pakete von der Verwaltung des Bundestages zwischengelagert wurden. Weil dem Bundestag in dieser Legislaturperiode mehr Abgeordnete angehören als sonst, musste unter anderem für Lehmann erst ein Büro gesucht werden. Als er die Zusendungen bekommen habe, sei das Brot längst vertrocknet gewesen, so Lehmann.

Besuch vom Vertreter aus Taiwan

Reinhard Houben (FDP), ebenfalls seit der Bundestagswahl neu im Parlament, hat nach eigenen Angaben zunächst nur Lobbyisten aus dem Wirtschaftsbereich Beachtung geschenkt: „Alles andere ist in den Rundordner gewandert.“ Als eine der ersten habe sich die Vertretung der Republik Taiwan bei ihm gemeldet: „Weil die es natürlich auch besonders schwer haben, gegen das große China hier im Berliner Betrieb bestehen zu können.“

Das war für den erfahrenen Außenpolitiker Rolf Mützenich (SPD) nicht überraschend. Konkret wollte er gegenüber den Kölner Studenten zu Präsenten für Parlamentarier aber nicht werden: „Manches, was der eine oder andere Botschafter bringt, unterliegt aber in meinem Fall dann doch vielleicht nicht der öffentlichen Darlegung.“

Irritierende Erfahrung

Von einer irritierenden Erfahrung berichtete Karsten Möhring (CDU), der schon in der vergangenen Legislaturperiode mit einem Lobbyisten einen lockeren Kontakt hatte. Dann aber habe sich eine Agentur bei ihm gemeldet, um einen Termin mit genau diesem Lobbyisten anzubahnen. „Da habe ich gesagt: Der kann sich auch direkt bei mir melden“, erklärte Möhring und gab damit einen tiefen Einblick in das Geschäft mit den Bundespolitikern: „Es leben in Berlin ganze Agenturen davon, solche Termine zu vermitteln.“ Das geschehe dann unter dem Motto: „Sie kommen da nur rein, wenn Sie meine Hilfe nehmen.“

Matthias W. Birkwald (Linke) erläuterte, dass er vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft insgesamt siebenmal für ein Gespräch angefragt worden sei. Der Rentenexperte habe dies stets abgelehnt. Weil diese Lobbyisten aber so hartnäckig gewesen seien, habe er dann doch mit ihnen geredet: „Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die – es waren Herren – mich besuchen, und dass ich Kaffee und Kekse und Wasser bezahle, und so ist es dann auch gelaufen.“

Zur Person

Gasstautor Frank Überall (46) ist Journalist und Autor sowie seit November 2015 Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands. An der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft unterrichtet er als Professor Journalismus sowie Politik/Soziologie. Er ist außerdem Autor des Buches „Abgeschmiert – Wie Deutschland durch Korruption heruntergewirtschaftet wird“. (ris)

Die Befragungen der Kölner Abgeordneten waren Teil einer Kurzstudie, die die Journalismus-Studenten an der Hochschule in Köln-Zollstock erstellt haben. Der Kurs bestand aus 17 Studenten, die kurz vor ihrem Bachelor-Abschluss in Journalismus/Unternehmenskommunikation stehen. Die Hochschule haben das als Exkursion ins politische Berlin angelegt und die Abgeordneten vor Ort in ihren Büros getroffen.

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