Einzigartiges FahrzeugUnimog in mehr als 1000 Stunden restauriert

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Das ehemalige Expeditionsfahrzeug steht mittlerweile in einer Wesselinger Halle. Wolfgang Mackowiak hat ihn restauriert.

Dünnwald – In der Halle eines Wesselinger Nutzfahrzeug-Sammlers steht ein Unimog, den es in dieser Form kein zweites Mal gibt. Zwischen 1980 und 1993 war das 6,5-Tonnen-Gefährt mit dem roten Bagger am Heck mehrmals für die Universität Köln in Afrika unterwegs.

Ur- und Frühgeschichtler, Archäologen, Ethnologen und Geologen der Uni Köln setzten den Unimog einst ein, um den Zusammenhang zwischen menschlicher Siedlungsweise und klimatischen Veränderungen in der Sahara vor vielen Jahrtausenden zu untersuchen. Die Finanzierung des Projekts übernahm die Deutsche Forschungsgemeinschaft.

Wolfgang Mackowiak aus Dünnwald war nicht nur Koch, Logistiker und Techniker vieler Expeditionen, er gehörte auch zu den Entwicklern des einmaligen Spezial-Unimogs. Viermal steuerte er das mit Lebensmitteln, Ersatzteilen und Wassertanks überladene Gefährt durch die Wüste, für zwei Forschungseinsätze musste er den Unimog sogar von Köln nach Afrika fahren. Erlebt hat der 77-Jährige, Spitzname „Mac, der Wüstenschrauber“, so viel mit dem Expeditions-Fahrzeug, dass er dessen späterem Niedergang nicht tatenlos zusehen konnte. Der gelernte Kfz-Mechaniker restaurierte sein marodes „Baby“ in mühevoller Kleinarbeit, so dass der Unimog heute theoretisch wieder fit für die Wüste wäre.

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Deshalb habe ich ihn:

Ich habe als Techniker für Rasterelektronenmikroskopie im Geologischen Institut der Kölner Uni ge arbeitet, als ich 1977 von Expeditionsleiter Rudolph Kuper angesprochen wurde, ob ich nicht als Techniker, Logistiker und Koch seine Expedition in die Ostsahara begleiten wollte. Schließlich hatte ich 1971 schon Erfahrungen bei einer Expedition in Afghanistan gesammelt. Er fragte mich auch, welche Fahrzeuge wir mitnehmen sollten. Ich schlug zwei der damals neuen Mercedes-Geländewagen der G-Klasse vor, weil die für militärische Dienste ausgerichtet waren und auch bei extremsten Bedingungen nicht schlapp machen. Dazu kam ein Allrad-Lkw.

Das Herzstück des Fuhrparks war aber der Unimog. Die Vorgabe von Rudolph Kuper war ein Fahrzeug mit Grabungsbagger am Heck, der tiefe, schmale Schnitte in den Boden ziehen kann. Auch musste der Unimog eine Doppelkabine, zusätzliche Treibstofftanks und eine Ladefläche haben. Dadurch verlängerte sich das Fahrzeug gegenüber den Serienmodellen jedoch um 70 Zentimeter. Bei Mercedes schüttelten die Ingenieure den Kopf. So etwas hatten sie noch nie gebaut. Aber nach etwa drei Monaten waren sie fertig, das Fahrzeug wurde 1979 übergeben.

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Wolfgang Mackowiak hat den Unimog komplett raustauriert – in mehr als 1000 Stunden.

Es hatte eine Frontwinde bekommen, Stabilisatoren für beide Achsen und zusätzliche Stahlelemente für den Rahmen, damit der überlange Unimog mit seinem fast eine Tonne schweren Bagger am Heck nicht an der nächsten Bodenwelle auseinanderbricht. Fünfmal durchquerte der Wagen die Sahara bei den extremsten Klimabedingungen. Dann ging er an die Uni Mainz über, die ihn später ausmusterte. Mehr als zwölf Jahre stand er dann ungeschützt herum und verrostete. Davon habe ich erfahren und habe mit einigen anderen Technikern entschieden, dass der Unimog für weitere Grabungs-Einsätze in Algerien oder Libyen wieder flottgemacht werden könnte.

Der Arabische Frühling hat dann sämtliche Pläne zunichtegemacht. Restauriert habe ich den Unimog trotzdem. Ich wollte mein altes Baby wieder auffrischen, er ist ein Unikat und hat Geschichte. Die Touren, die ich mit ihm unternommen habe, waren hart und entbehrungsreich. Und durch die Arbeit an den Diesel-Fahrzeugen hatte ich permanent schmutzige Hände. Die wurden nur sauber, wenn ich für die Wissenschaftler Pfanni-Knödel zubereitete. Den Knödeln war das zum Glück nicht anzusehen.

Das kann er:

Er ist voll geländefähig, trotz der zusätzlichen Unterzüge für den Rahmen. Er ist dauerhaft robust, kann sich durch fast alle Geländeformationen arbeiten. Es gab zwar einen Felgenbruch, einen Federbruch und Reifenpannen. Aber ich hatte immer ausreichend Ersatzteile dabei. Einmal wurde der Unimog bei ausgefahrenem Bagger gegen eine Sandsteinwand gefahren, da brach der mittlere Greifarmbolzen aus der Lagerung. Ich habe in drei Tagen das Material mit einem großen Zuschlaghammer gerichtet, damit ich einen neuen Bolzen einschieben konnte.

UNIMOG U1100 L/34

Baujahr: 1979

Hubraum (ccm): 5674

PS: 110

Zylinder: 6

km/h (max.): 80

Verbrauch: ca. 32 l

Gebaute Exemplare: 1

Neupreis: 120 000 DM

Das war bei der zweiten Afrika-Tour von Ende 1983 bis Anfang 1984. Ansonsten war der Unimog voll zuverlässig, von den permanenten Kraftstoffproblemen einmal abgesehen. Der Reinheitsgrad des ägyptischen Kraftstoffs ist begrenzt, da setzen sich die Filter immer wieder zu. Auch eine große Inspektion musste ich in der Sahara mal durchführen. Das Ganze im Sandsturm, das macht dann keinen großen Spaß.

Das kann er nicht:

Er kann keine Steilwand hochfahren, sonst kann er alles. Mit Dünen aus lockerem Sand hatte er allerdings auch immer Probleme, die zu überwinden war immer ein Abenteuer. Da waren dann Sandbleche und Schaufeln gefragt. Für feinen Sand ist der Wagen einfach zu schwer, schließlich wiegt er 6,5 Tonnen, wozu noch eine Tonne zusätzliche Ladung kam.

Das habe ich für ihn getan. Ich habe ihn in 1030 Arbeitsstunden ehrenamtlich restauriert. Und zwar von Grund auf. Bremsanlage, Fahrgestell, Karosserie, Lackierung, Überholung des Baggers – alles. Nur die Hydraulik wurde von einer Spezialfirma erneuert. Vor vier Jahren stellte sich dann aber heraus, dass es für einen erneuten Forschungseinsatz keine Chance mehr gab.

Wegen der Entführungen und Sprengstoffattentate in Libyen, Algerien und Ägypten stoppte die Deutsche Forschungsgemeinschaft weitere Projekte. Ich habe bei 18 Museen angefragt, ob sie den Unimog annehmen. Immerhin hat ihn das Unimog-Museum in Gaggenau ein Jahr lang ausgestellt, dann konnten sie ihn aber wegen Platzmangel nicht mehr behalten. Mittlerweile gehört er einem Privatsammler. Da ist er in besten Händen.

Das haben wir erlebt:

Tausend kleine und große Geschichten. 1987 bin ich zum letzten Mal mit dem Bagger-Unimog auf großer Tour gewesen. Da ging es nach Nigeria, wo eine Grabung in Seekreide stattfand. Nigeria war damals eine Militärdiktatur und um ein Haar hätte ich den Unimog nicht wieder zurück über die Grenze bekommen. Alles, was ins Land reinkam, wurde von der Regierung konfisziert. Von der deutschen Botschaft in Nigeria habe ich mir dann meine Dokumente und Papiere abstempeln lassen, wodurch sie beim Zoll glaubhafter erscheinen sollten.

Dort gab ich drei Generälen auch zu verstehen, dass das Fahrzeug dem deutschen Staat gehört, sie es deshalb nicht einbehalten können. Nach knapp sieben Stunden, in denen sie immer wieder neue Dokumente sehen wollten, haben sie das dann verstanden. Die beiden Studenten, die im Unimog warteten, waren schon ganz apathisch. Dann kam ein Jeep mit vier bewaffneten Insassen. Wir dachten erst, jetzt wäre doch alles vorbei. Aber sie geleiteten uns nur zur Grenze nach Niger.

Dass ich das Fahrzeug tatsächlich wieder aus Nigeria rausgeholt hatte, wollten mir hinterher viele Leute nicht glauben. Das war das Schwierigste, was ich je erlebt habe. Aber ich wäre zur Not auch illegal über die Grenze gefahren.

Das haben wir vor:

Das Fahrzeug ist zwar verkauft, aber falls das für die Afrika-Forschungen zuständige Heinrich-Barth-Institut es noch einmal bräuchte, würde es der jetzige Besitzer ausleihen. Aber hätte ich Lust, noch einmal in die Sahara zu fahren? Die letzte Fahrt habe ich kürzlich von Neuss nach Wesseling unternommen, es war draußen 40 Grad warm, im Unimog hatten wir bestimmt 70 Grad. Und es war unglaublich laut. Nur wenn es unbedingt sein müsste, würde ich mit ihm noch einmal eine Forschungsreise antreten.

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