Die Besitzverhältnisse im Mülheimer Süden erschweren die Entwicklung des historischen Otto-Langen-Quartiers. Die wichtigsten Antworten zu den Problemen und der Lösungssuche.
Mülheimer SüdenVerkauf von Otto-Langen-Quartier gescheitert – Einziger Interessent gibt auf

Spaziergang über das Otto-Langen-Quartier. Überblick über den aktuellen Stand. Foto: Csaba Peter Rakoczy
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Das Otto-Langen-Quartier verfällt weiter: Das Verkaufsverfahren des Landes NRW ist mangels Wettbewerb gescheitert. Damit ist die Entwicklung des Quartiers um Jahre zurückgeworfen. Der Kölner Immobilienentwickler Jamestown war europaweit der einzige Interessent, der das Industriedenkmal zu einem neuen Quartier mit Wohnungen und Büros entwickeln wollte. Jetzt lässt auch Jamestown seine Pläne für das frühere Industrieareal im Mülheimer Süden fallen. Auf Anfrage teilte Jamestown jetzt mit: „Wir verfolgen das nicht weiter.“
Der Stadtrat hatte große Pläne für das alte Fabrikgelände, die Stadt kaufte sogar schon einen Teil selbst und stellte einen Plan zur gemeinwohlorientierten Entwicklung auf. Es war mal die Rede von 400 neuen Wohnungen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wieso ist das ein Problem für Köln?
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Es ist nach wie vor ungeklärt, was langfristig mit den 53.000 Quadratmetern zwischen dem Auenweg und der Deutz-Mülheimer-Straße passiert – einer Fläche, auf die fast sieben Mal der Kölner Dom passt. Zumal der Ort von historischer Bedeutung ist: Hier wurde der weltweit erste Gasmotor gebaut. Die Gebäude stehen zum Teil unter Denkmalschutz. Und das Grundstück könnte in der Stadtentwicklung Kölns eine wichtige Rolle spielen.
Wem gehört das Areal?
Die Besitzverhältnisse sind ein Problem in der Entwicklung des Quartiers. Es gehört drei verschiedenen Eigentümern. Der Plan für ein neues Quartier bezieht sich auf die 45.647 Quadratmeter der Landestochter NRW Urban und die 6069 Quadratmeter der Stadt Köln. Ein dritter Part gehört dem Berliner Entwickler Gateway Real Estate, 6925 Quadratmeter Brachfläche, wo nichts steht und sich auch in den vorigen Jahren nichts getan hat. Gateway ließ eine Anfrage unbeantwortet.

Eigentumsverhältnisse im Otto-Langen-Quartier im Mülheimer Süden.
Copyright: Florian Summerer
Was daran ist schwierig?
Die Grenze zwischen dem Grundstück des Landes und der Stadt verläuft mitten durch die Gebäude und Innenhöfe der ehemaligen Hauptverwaltung von Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD). Beteiligte sagten bislang, für die Entwicklung des Areals brauche es deshalb einen alleinigen Besitzer und nicht zwei, die sich ständig absprechen müssen.
Was könnte im Otto-Langen-Quartier entstehen?
Die Denkmäler sollen laut städtischem Entwicklungsziel für das Otto-Langen-Quartier erhalten bleiben und durch Neubauten ergänzt werden: „Die Fläche soll zu einem lebendigen, gemischt genutzten und urbanen Quartier mit der in Köln dringend benötigten Wohnbebauung entwickelt werden.“ Daneben sollen sich Gewerbe ansiedeln und Büros entstehen, alles in Verbindung mit gemeinwohlorientierten, kulturellen und sozialen Nutzungen, auch einer Kita.
Wer soll das Quartier dann bauen?
Bislang hatte Jamestown Interesse gezeigt, die Wohnungen und Büros nach den Vorstellungen der Stadt zu entwickeln. Damals noch unter der Führung von Unternehmensgründer Christoph Kahl hatte Jamestown im Juni 2021 sogar schon den schmalen langen Riegel an der Deutz-Mülheimer-Straße von Vorbesitzer Gottfried Eggerbauer für 21 Millionen Euro gekauft – vorerst. Die große Lösung deutete sich damals an. Dann war die Stadt eingeschritten und machte von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch. Kahl war dagegen nicht vorgegangen, hatte der Redaktion damals aber gesagt: „Die Stadt steht nun vor einer großen Herausforderung, damit am Ende was Vernünftiges rauskommt.“ Die Herausforderung besteht weiter.

Die Brachfläche zwischen Zaun und Backsteingebäuden gehört Gateway Real Estate. (Aufnahme aus dem Vorjahr)
Copyright: Martina Goyert
Was passierte mit dem Großteil des Landes?
Im Februar dieses Jahres startete die erste von drei Stufen eines Qualitätswettbewerbs, mit Verzögerung. 2021 hieß es noch, das Areal soll bis 2023 verkauft sein. Am 27. August dieses Jahres endete die Angebotsfrist, daran hätte sich ein Preiswettbewerb mit einer Jury anschließen sollen, zu dem nur die Bieter mit den besten Konzepten zugelassen worden wären. Auf Anfrage teilte ein Sprecher des Landesbauministeriums mit: „Bis zum Ende der Angebotsfrist hat nur ein Bieter ein Angebot abgegeben.“ Das war Jamestown, wie Kahls Nachfolger Fabian Spindler sagte. Das Ministerium erklärt folglich: „Damit ist der Wettbewerb gescheitert.“
Wie geht es weiter?
Das ist offen. Der Ministeriumssprecher antwortet: „Vor diesem Hintergrund wird das Verkaufsverfahren mangels Wettbewerb aufgehoben. Über das weitere Verfahren wird nach dem 29. September 2025 entschieden.“ Auch nach diesem Datum konnte er aber noch keine weiteren Angaben machen. Jamestown teilte Anfang dieser Woche auf Anfrage mit, das Otto-Langen-Quartier nun aufgegeben zu haben.
Will die Stadt Köln jetzt auch den Landesteil kaufen?
Dazu teilte ein Stadtsprecher mit: „Zum jetzigen Zeitpunkt sind Gespräche mit NRW Urban geplant. Weitergehend kann sich die Stadt Köln zum aktuellen Zeitpunkt nicht äußern.“ Versucht hat sie es aber schon. In einem Brief an Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) schrieb Baudezernent Markus Greitemann im Januar 2024: „Wie bereits in der Vergangenheit geschildert, ist es weiterhin der breite politische Wunsch, auch die Grundstücke im Eigentum des Landes bzw. der NRW Urban direkt zu erwerben, um die Entwicklung und tatsächliche Realisierung des für die Stadtentwicklung so bedeutsamen Areals unmittelbar steuern zu können.“ Und Greitemann hatte bis zu einer Klärung um die Aussetzung des Verkaufsverfahrens gebeten. Scharrenbach ging darauf offensichtlich nicht ein.
Wieso verkauft das Land der Stadt nicht?
Scharrenbach antwortete, Köln könne es nur im Direktverkauf bekommen, wenn das Grundstück zu 100 Prozent für kommunale Zwecke oder den geförderten Wohnraum genutzt wird, so besage es das Haushaltsgesetz. Dem entgegen steht, dass die Stadt hier auch gewerbliche Nutzung vorliegt. Vor allem an der Seite zum Auenweg hin – hinter ihm liegt in unmittelbarer Nähe der Mülheimer Hafen. Wegen der Schutzradien der dortigen Liegestellen für Gefahrgutschiffe, soll sich auf dieser Seite Gewerbe ansiedeln. Die Frage ist also, ob Greitemann und Scharrenbach mangels anderer Interessenten den Widerspruch auflösen können.

Durch den Innenhof zieht sich die Grundstücksgrenze des städtischen und landeseigenen Teils. (Aufnahme aus dem Vorjahr)
Copyright: Martina Goyert
Wie sieht es aktuell vor Ort aus?
Der städtische Teil ist an Künstler und Initiativen vermietet, erstmal für zehn Jahre, auch wenn sie hoffen, langfristig bleiben zu können. Im südlichen Teil der KHD-Hauptverwaltung arbeitet Raum13 daran, diesen Gebäudeteil zu erhalten, für die Stadtgesellschaft zu öffnen und kulturell zu bespielen. Ihr Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste hatten sie schon zehn Jahre lang unter Eggerbauer betrieben, bis der sie 2021 herausschmiss. Der Rat beschloss im August 2021 den Kauf des Teilareals, seit einem Jahr jetzt hat Raum13 die Schlüssel zurück. Und in diesem September hat auch der Verein Zwischendrin einen Mietvertrag bekommen, der mit verschiedenen Unternutzern den nördlichen Teil des Gebäudes erhalten will. Der Großteil vom Land verfällt derweil zunehmend.

Im Auenweg ließ das Land im Juli einen Giebel der alten Fabrikgebäude absichern.
Copyright: Alexander Schwaiger
Ist das so schlimm, wenn die Gebäude niemand nutzt?
Es wirkte sich sogar schon auf den Verkehr in Köln aus. Von April bis Juli war der Auenweg voll gesperrt, die KVB musste Buslinien umleiten. Der Giebel eines der Fabrikgebäude war nicht mehr standsicher, das hatten Prüfungen eines Statikers ergeben. Auch die Mauer entlang der Straße stellte eine Gefahr dar. NRW Urban ersetzt sie zurzeit durch einen Neubau. Der Ministeriumssprecher teilte nun mit, die Haushaltsplanung sehe „ausreichende Mittel für die Sicherung der Denkmäler und des Geländes vor.“ Der Erhalt ohne klare Perspektive kostet das Land also Geld.