Trotz CoronaKölner Schüler müssen nicht komplett auf Abiturfeiern verzichten

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Abibälle – wie hier am Hansa-Gymnasium – wird es in diesem Jahr nicht geben. Gefeiert wird trotzdem.

  • Nach langer Ungewissheit haben Kölns Abiturienten Wege gefunden, ihren Abschied zu begehen.
  • Scheinbar widersprüchliche Vorgaben von Stadt und Land sorgten für Verwirrung. Aus dem Thema entstand außerdem ein Konflikt zwischen SPD-Politiker Jochen Ott und der Stadt.
  • Wir erklären, was nun erlaubt ist – und wie an verschiedenen Gymnasien und Grundschulen nun die Schulabschlüsse gefeiert werden.

Köln – Am Ende wird doch alles gut. Oder eben so gut, wie es sein kann, wenn man der „Corona-Abi-Jahrgang“ ist. Viele Kölner Abiturienten waren in der vergangenen Woche enttäuscht, dass ihnen nach dem Abistreich und dem Abiball auch noch die Abiturfeier mit ihren Eltern verwehrt werden sollte. Es war ein Flickenteppich: Während manche Schulen wie das Schiller-Gymnasium in Sülz mit einem logistisch maximal ausgetüftelten Hygienekonzept aus Einbahnstraßen, halbstündigen Desinfektionen und einer Vierteilung des Abiturjahrgangs eine Feier mit Eltern angesetzt hatten, hatten andere die Abiturfeier abgesagt.

So etwa am Humboldt-Gymnasium oder am Montessori-Gymnasium in Bickendorf. Dort sollten statt einer Feier die Zeugnisse im 15-Minuten-Abstand an Gruppen von sechs Schülern in Begleitung ihrer Eltern ausgehändigt werden. „Damit wäre uns nach dem Abistreich und der Abiparty auch noch die letzte Möglichkeit genommen, das Ende unserer zwölfjährigen Schullaufbahn angemessen und gemeinsam zu begehen“, sagt Luzia Otto (18), Abiturientin am „Monte“. Die Enttäuschung sei riesig gewesen. Ähnlich wie im Humboldt-Gymnasium, wo sich die Eltern mit einer Mail direkt an die Schulleitung wandten und eindringlich baten, die Übergabe nicht auf „einen Verwaltungsakt“ zu reduzieren, sondern intensiv nach Möglichkeiten oder Orten zu suchen, wo eine Feier möglich sein könnte.

Stadt Köln untersagt größere Veranstaltungen

Das Problem für die Schulen war, dass NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) auf der einen Seite betonte, dass trotz Corona-Krise Abschlussfeiern mit Zeugnis-Übergaben an Grund- und weiterführenden Schulen möglich seien. Auch Eltern sollten an den feierlichen Zeugnisvergaben teilnehmen dürfen. Gleichzeitig wies die Stadt in einem Infobrief explizit darauf hin, dass Veranstaltungen mit mehr als 100 Personen definitiv bis zum 31. August untersagt seien.

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Es wurde in die Verantwortung der Schulen gelegt, die Abschlussfeiern so zu gestalten, dass diese in letzter Konsequenz der Corona-Schutzverordnung in tagesaktueller Fassung vollumfänglich entsprechen. Unklare, sich teilweise widersprechende Vorgaben und sehr komplizierte Hygieneregeln machten die Organisation der Feier für die Schulleitungen zu einer riesigen Herausforderung. „Es gab nie mal einen Vorschlag der Behörden, wie wir es denn coronakonform hätten realisieren können“, sagt die Leiterin des Montessori-Gymnasiums, Maria Hartmann. Und wenn man im Amt für Schulentwicklung Konzepte eingereicht hätte, sei als Antwort statt eines klaren „Ja“ immer die Corona-Schutzverordnung zurückgemailt worden.

Feier auf dem Außengelände

Am Humboldt-Gymnasium hat man nun doch noch klärende Gespräche mit den Behörden geführt. „Wir haben heute entschieden, dass wir doch auf dem großen Außengelände eine Feier machen“, sagte der stellvertretende Schulleiter Michael Wittka-Jelen am Montag. Jeder Abiturient dürfe seine Eltern mitbringen. Es gebe Maskenpflicht, eine Bestuhlung auf Abstand sowie Zulassungskontrollen mit namentlicher Erfassung. Auch am Montessori-Gymnasium wurde gestern auf der Zielgeraden eine Lösung gefunden: Nun werden die Schüler in 20er-Gruppen mit ihren Eltern jeweils in einer halbstündigen Zeremonie von Schulleitung und Lehrern auf dem bestuhlten Außengelände verabschiedet und die Zeugnisse ausgehändigt.

Danach gehen die Eltern, so dass am Ende noch mal alle Schüler zusammenkommen können, um sich zu verabschieden, letzte Worte zu sprechen, Reden zu hören – und Luftballons in den Himmel steigen zu lassen. „So wie wir uns das gewünscht haben“, sagt Luzia. Sie ist froh, dass es nun doch einen würdigen, versöhnlichen Abschluss gibt nach zwölf Jahren Schule.

Lesen Sie auf Seite zwei, wie die Kölner Grundschulen mit der neuen Situation umgehen – und wie das Thema zu einem Konflikt zwischen der Stadt und SPD-Politiker Jochen Ott führte.

Winken mit Taschentüchern

Auch die Leitungen der Grundschulen hatten in den letzten Tagen wahrlich viel Organisationsarbeit zu leisten. Nicht nur mussten sie den Schulbetrieb für alle Kinder zwei Wochen vor den am Freitag beginnenden Ferien wieder hochfahren – sie mussten auch darüber nachdenken, wie sie die Abschiedsfeiern für die Viertklässler gestalten sollten. 

Denn die Vorschriften und Empfehlungen von Land und der Schulaufsicht der Bezirksregierung ließen Einiges an Interpretation zu. Vor allem die Frage: Mit oder ohne Eltern? Einige Schulen fühlten sich von den Behörden alleingelassen, viele Nachfragen waren notwendig.

Kölner Grundschulen gehen verschiedene Wege

Angesichts der komplizierten Lage gehen die Schulen nun verschiedene Wege. Die Albert-Schweitzer-Grundschule in Weiß etwa feiert ohne Eltern. „Wir machen ein ganz abgespecktes Fest“, sagt Schulleiter Ralf Hoffmeister. Die Kinder werden klassenweise verabschiedet. Normalerweise gehen die Viertklässler am letzten Schultag durch ein Spalier, das die anderen Klassen bilden. Stattdessen werden Ballons aufsteigen, und die anderen Kinder winken zum Abschied mit Taschentüchern aus den Fenstern. „Der Abschied war immer eine sehr emotionale Sache, das ist natürlich schade, dass es dieses Jahr nicht so geht wie sonst.“

Auch in der Gemeinschaftsgrundschule Balthasarstraße in der Innenstadt werden die Eltern nicht dabei sein. „Die Viertklässler werden mit einer Feier in der Turnhalle verabschiedet“, so Schulleiterin Tessa Jentgens. Eine Stunde Programm gibt es für jede Lerngruppe. Wo sonst die anderen Klassen sangen oder etwas vorführten, werden kleine Einspieler und Grüße von Schülern und Lehrern auf einer Leinwand übertragen.

Konflikt zwischen SPD-Mann Ott und der Stadt

Die Michael-Ende-Schule in der Platenstraße in Ehrenfeld hat die Eltern der Viertklässler dagegen eingeladen. „Wir feiern auf dem Schulhof, für jede Familie ist ein Bereich aufgezeichnet, damit ausreichend Abstand gehalten werden kann“, sagt Schulleiterin Ute Hinz. Auch an der Gemeinschaftsgrundschule Schmittgasse in Zündorf werden die Eltern dabei sein. Die hatten in der vergangenen Woche noch mit einer Protestdemo gedroht, falls dies nicht möglich sei. Nun bekommt jede vierte Klasse eine eigene einstündige Feier auf dem Schulhof oder in der Turnhalle.

Die Frage der Abschlussfeiern hat nun sogar zu einer Auseinandersetzung zwischen Jochen Ott, dem schulpolitischen Sprecher der SPD im Landtag, und dem Schulamt der Bezirksregierung geführt. Ott hatte sich stets für das Feiern mit den Eltern eingesetzt. Nun wurde er in einem Brief der Schulaufsicht an die Stadtschulpflegschaftsvorsitzende als Kronzeuge für Bedenken zitiert.

„Wenn Kinder wegen eines Corona-Ausbruchs in Quarantäne müssen, würden damit womöglich die Ferienpläne vieler Familien durchkreuzt. Das wäre aus Sicht aller Beteiligten sicher das Schlimmste, was eine Abschlussfeier nach sich ziehen könnte“, wird er zitiert. „Das Zitat ist aus dem Zusammenhang gerissen. Ich erwarte eine Entschuldigung und Richtigstellung“, schrieb Ott nun an Bezirksregierung und Schulministerin. Die Informationspolitik der Behörden habe zu Verwirrung und Verärgerung geführt.

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