Auf den Straßen muss ein 3,05 Meter breiter Korridor frei bleiben, damit Rettungsfahrzeuge ungehindert hindurchfahren können.
453 Parkplätze wegStadt Köln macht breitere Autos für zu enge Rettungswege verantwortlich

Alleine in der Weißenburgstraße im Kölner Agnesviertel fallen 97 Parkplätze weg.
Copyright: Arton Krasniqi
In der Kölner Innenstadt stehen in absehbarer Zeit am Straßenrand 453 Parkplätze weniger zur Verfügung als bislang. Verkehrsdezernent Ascan Egerer will die Stellplätze entfernen lassen, damit mehr Platz für die Rettungsfahrzeuge der Feuerwehr zur Verfügung steht. In den betroffenen Straßen sei es zurzeit zu eng. Die notwendige Breite von 3,05 Metern stehe dort nicht zur Verfügung. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Welche Bereiche in der Innenstadt sind betroffen?Im Gereonsviertel entfallen 42 von 890 Stellplätzen, im Griechenmarktviertel 80 von 1330, im Agnesviertel I 156 von 1450, im Agnesviertel II 100 von 1300 und im Pantaleonsviertel 75 von 825. Im gesamten Agnesviertel wird es somit in Zukunft 9,3 Prozent weniger Parkplätze als bisher geben.
Warum ist der Stadt Köln nicht schon früher aufgefallen, dass die Straßen zu eng sind?Die Frage, warum zum Beispiel die Weißenburgstraße im Mai 2025 auf einmal zu eng für Rettungsfahrzeuge sein soll, obwohl sich der Straßenschnitt dort seit Jahrzehnten nicht verändert hat, beantwortet die Stadt mit der Größe der zugelassenen Fahrzeuge. Viele Bewohnerparkgebiete in der Innenstadt seien bereits in den 1990er Jahren oder Anfang der 2000er Jahre eingerichtet worden, in denen die Fahrzeuge deutlich schmaler waren und deshalb das Problem der Engstellen noch nicht gegeben gewesen sei. „Durch die stetig größer werdenden Fahrzeuge hat sich das Problem in einer Stadt wie Köln, die durch sehr enge Straßen gekennzeichnet ist, über die Jahre verstärkt“, sagte eine Stadtsprecherin. Gemeint seien unter anderem SUV.
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Die Feuerwehr macht bereits seit vielen Jahren regelmäßig Probefahrten und stellt dabei fest, dass Straßen zu eng sind. Hat das Verkehrsdezernat diese Hinweise bislang ignoriert oder sind bereits früher auf dieser Grundlage Parkplätze am Seitenrand entfernt worden?Die Feuerwehr und auch das Ordnungsamt melden nach Angaben der Stadt regelmäßig Engstellen oder auch zugeparkte Kreuzungsbereiche, die dann kurzfristig angepasst und optimiert werden. „Bereits in der Vergangenheit hat die Verwaltung aufgrund der fehlenden Restfahrbahnbreite von 3,05 Meter Parkplätze aufgehoben“, sagte die Stadtsprecherin. So wurde zum Beispiel im Jahr 2021 im Bewohnerparkgebiet Deutz I in mehreren Straßen das Parken aufgehoben. In Deutz I sei es aufgefallen, da es bei Lieferverkehren größerer Lkw zu Problemen gekommen sei. Daraufhin wurde zuerst in der Tempelstraße das Parken aufgehoben. Anschließend wurde jede Straße vor Ort ausgemessen. So habe die Stadt festgestellt, dass auch in weiteren Straßen die Restfahrbahnbreite nicht ausreicht. Nun hat es offensichtlich vier weitere Jahre gedauert, um die Situation in den fünf betroffenen Bereichen der Innenstadt zu prüfen.
Warum bezieht sich die Aktion ausschließlich auf die Innenstadt? Es gibt in anderen Stadtteilen wie Nippes und Ehrenfeld auch viele Straßen, die sehr eng sind.„Da das Problem vermehrt in Köln auftritt, hat die Verwaltung begonnen, sukzessive die Bewohnerparkgebiete zu überprüfen“, sagte die Stadtsprecherin. Begonnen worden sei mit den mitgeteilten Bewohnerparkgebieten in der Innenstadt. Es sollen zukünftig auch die Bewohnerparkgebiete in den anderen Stadtteilen überprüft werden. Es ist also abzusehen, dass die Stadt in den kommenden Jahren sehr viele weitere Parkplätze entfernen lassen wird.
Wie viele Parkplätze auf offener Straße sind in den vergangenen zehn Jahren in Köln insgesamt weggefallen?Das ist unklar. „Entsprechende Daten zu 2015 liegen uns nicht vor, ebenso haben wir keine Stellplatzzahlen von ganz Köln“, teilte die Stadt auf Anfrage mit.
Wie wirkt sich der Wegfall der Parkplätze auf der besonders stark betroffenen Weißenburgstraße aus?Auf der rund 550 Meter langen Weißenburgstraße im Agnesviertel stehen am Dienstagmorgen 179 parkende Autos direkt an der Straße, 71 davon westlich der Neusser Straße, 108 östlich davon. Im Umkehrschluss bedeutet das: 54,2 Prozent der Parkplätze fallen weg.
Was sagen die Anwohnerinnen und Anwohner im Agnesviertel?Michael Eine, Betreiber des ansässigen Restaurants „Weissenburg“, sagte: „Ich finde das richtig.“ Er berichtete beispielsweise von einem schlecht geparkten Auto in der Vorwoche, es verhinderte seiner Aussage nach das Durchkommen der Rettungswagen. Daran erinnerte sich auch Michael Hamacher, Betreiber des „Café Elefant“. Hamacher sagte: „Ich habe Verständnis für jede Seite. Aber ich glaube nicht, dass die neue Regelung etwas am Problem ändert. Ich plädiere für mehr Eigenverantwortung und dass die Menschen vernünftig am Bordstein parken.“ Hamacher forderte mehr Gelassenheit und dass jeder Verkehrsteilnehmer sich an die eigene Nase packen soll und darüber nachdenkt, was er oder sie selbst machen. Eine Anwohnerin, die einen Bewohnerparkausweis hat, will anonym bleiben, sie sagte: „Gott sei Dank ziehen wir um und haben bald eine eigene Garage. Wir suchen hier im Agnesviertel immer lange einen Parkplatz.“ Sie versteht das Argument mit den Rettungswegen, fordert von der Stadt aber auch Alternativen für die wegfallenden Parkplätze. Eine andere Frau hat laut eigener Aussage 40 Jahre im Viertel gewohnt, sie kommt jetzt extra vom Niederrhein, um sich bei „Beates Haartraum“ die Haare machen zu lassen. Auch sie will anonym bleiben, sie sagte: „Das passt in die Idee der Stadt, aus Köln eine Fahrradstadt zu machen und keine Weltstadt bleiben zu wollen.“ Sie versteht allerdings das Argument mit den freien Rettungswegen, „aber es gibt auch andere Möglichkeiten, beispielsweise rigoros abzuschleppen oder höhere Strafen als bisher“. Ein anderer Mann sagte: „Gott, das wird ja was.“

Michael Hamacher betreibt das Café Elefant an der Weißenburgstraße.
Copyright: Matthias Hendorf
Welche Alternativen haben die Anwohnerinnen und Anwohner, um ihr Auto trotz der wegfallenden Parkplätze abzustellen?„Eine Kompensation der wegfallenden öffentlichen Parkplätze an anderer Stelle ist nicht möglich“, teilte die Stadt mit. Geplant sei aber, die Zonen für das reine Bewohnerparken auszuweiten. Sprich: Wer keinen Bewohnerparkausweis hat, darf auf diesen Parkplätzen in Zukunft überhaupt nicht mehr parken. Für Besucher der Geschäfte und Lokale sowie für Gäste der Anwohner steht somit noch deutlich weniger Parkraum als bislang zur Verfügung.
Muss sich das Verkehrsdezernat den Wegfall der Parkplätze von der Politik erlauben lassen?Nein. Das Aufheben der Parkplätze, die die Engstellen verursachen, sieht die Verwaltung als laufendes Geschäft der Verwaltung an. Eine Zustimmung der Politik ist in diesem Fall nicht notwendig. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und dem wenigen Spielraum zur Herstellung der Rettungswege sei die Verwaltung gezwungen, schnell zu handeln und die betroffenen Straßen zu optimieren, sagte die Stadtsprecherin.
Was sagt die Politik?Die Politik ist sich zwar einig, dass das Freihalten von Rettungswegen Priorität hat, die Fraktionen im Stadtrat erwarten allerdings vom Verkehrsdezernat, dass sie schnell alternative Lösungen zur Verfügung stellt. Die Grünen zeigen sich zufrieden mit der von der Stadt in Aussicht gestellten Ausweitung des Bewohnerparkens und der Mehrfachnutzung privater Parkplätze. „Nach diesem neuerlichen Weckruf muss die Verwaltung endlich deutlich mehr Tempo bei der Umsetzung des beschlossenen Masterplans Parken machen“, sagt Teresa De Bellis-Olinger (CDU). Besonders das sogenannte Feierabendparken – also die Nutzung von Supermarkt- und Unternehmensparkplätzen in den Abend- und Nachtstunden – habe sich in Städten wie Düsseldorf bereits bewährt. „Solche Lösungen brauchen wir dringend auch in Köln“, sagt de Bellis-Olinger. Außerdem erwarte die CDU von der Verwaltung, dass sie die Umsetzung von Quartiersgaragen endlich konsequent vorantreibt. „Die Stadtverwaltung muss endlich auch bezahlbare Park-Alternativen schaffen und Quartiersgaragen in den Veedeln bauen“, sagt auch SPD-Fraktionschef Christian Joisten. „Entweder handelt es sich hier um aktionistische Übertreibung oder die Stadt hat jahrelang geschlafen und potenzielle Gefahrenstellen ignoriert. Beides wäre höchst besorgniserregend“, sagt Ulrich Breite (FDP). Die Stadt müsse transparent erklären, wie es zu der Liste der 453 Stellplätze kam.
Wie bewertet der ADAC die Situation?„Es ist natürlich völlig richtig, Rettungswege freizuhalten, das steht außer Frage. Aber das muss mit Augenmaß geschehen und nicht mit der Brechstange“, sagt Roman Suthold, Verkehrsexperte des ADAC. Wichtig sei, dass das Verkehrsdezernat jetzt schnelle Lösungen schaffen müsse, um den Anwohnern Alternativen anzubieten. „Das Feierabendparken auf Supermarktparkplätzen nach Ladenschluss steckt in Köln noch immer in den Kinderschuhen, da sind andere Städte wie Düsseldorf deutlich weiter, weil sie das schon seit vielen Jahren konsequent umsetzen“, sagt Suthold. Mittel- und langfristig müssten allerdings auch Quartiersgaragen hinzukommen, auch da liege Köln weit hinter anderen Städten zurück.
Steht die Entscheidung zum Wegfall der Parkplätze in einem Zusammenhang zu dem Falschparker, der im März dieses Jahres in Humboldt-Gremberg die Feuerwehr bei einem Einsatz blockiert hat?„Der Feuerwehreinsatz in Humboldt-Gremberg steht in keinem direkten Zusammenhang mit der Überprüfung der genannten Straßen“, sagte die Stadtsprecherin. Das Beispiel sei lediglich zur Verdeutlichung der Situation genutzt worden. Die Prüfung sei bereits vor dem tragischen Brand in Humboldt-Gremberg begonnen worden, bei dem ein 64-jähriger Mann schwere Verbrennungen erlitt und im Krankenhaus an den Folgen seiner Verletzungen starb.