Anwohner kritisieren den Wegfall von Parkplätzen. Das Ratsbündnis will mildere Mittel einsetzen, um Straßenbreite von 3,05 Metern einzuhalten.
„Nacht- und Nebelaktion“Anwohner im Agnesviertel klagen über Wegfall von Parkplätzen – Stadt soll prüfen

In der Weißenburgstraße im Agnesviertel hat die Stadt Köln 97 Parkplätze entfernt.
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Auf der Weißenburgstraße im Kölner Agnesviertel herrscht am Seitenrand an diesem Montag gähnende Leere. Die Stadt Köln hat dort vor kurzem rund 100 Parkplätze entfernt, ein absolutes Halteverbot eingerichtet und die Parkscheinautomaten abgebaut. Auf den verbleibenden Parkflächen dürfen jetzt nur noch die Anwohnerinnen und Anwohner ihre Fahrzeuge abstellen. Hinzu kommt, dass das Grünflächenamt in dieser Woche auch noch die Platanen auf dem Mittelstreifen beschneiden lässt, weshalb das Halteverbot bis zum Freitag ausgeweitet wurde.
Die Stadt Köln hatte den Wegfall der Parkplätze wie berichtet damit begründet, dass die Weißenburgstraße und weitere Straßen in der Innenstadt zu eng sein sollen. Die Straßenverkehrsordnung definiert den Begriff einer zu engen Straße nicht. Dort ist lediglich festgehalten, dass ein reguläres Straßenfahrzeug nicht breiter als 2,55 Meter sein darf. Hinzu kommt ein notwendiger Sicherheitsabstand, den mehrere Gerichte in ihren Urteilen auf 50 Zentimeter festlegten.
Stadt Köln hat an verschiedenen Stellen nachgemessen
Deshalb geht die Stadt Köln davon aus, dass der Freiraum auf einer Straße 3,05 Meter breit sein muss. Das Verkehrsdezernat hat nach eigenen Angaben an verschiedenen Stellen nachgemessen und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass in der Innenstadt 450 Parkplätze wegfallen müssen, um auf den jeweiligen Straßen einen Freiraum von mindestens 3,05 Metern sicherstellen zu können.
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Das Verkehrsdezernat hatte sein Vorhaben, Hunderte Parkplätze zu entfernen, auch darauf gestützt, dass die Rettungswege für die Feuerwehr breit genug sein müssen. Doch das heißt nicht, dass deshalb auch zwangsläufig Parkplätze wegfallen müssen, auch andere Lösungen wären möglich. „Unsere Fahrzeuge müssen ungehindert durchkommen, damit wir den Notfallort schnellstmöglich erreichen. Wie die erforderliche Mindestdurchfahrtbreite sichergestellt wird, liegt in der Zuständigkeit anderer Fachämter der Stadt Köln und ist nicht Aufgabe der Feuerwehr“, sagt Feuerwehrchef Christian Miller.
Die Stadt hatte die Anlieger zwar vorab über die Veränderungen informiert, die Umsetzung geschah jedoch offenbar sehr plötzlich. „Das war eine Art Nacht- und Nebelaktion, auf einmal hingen da morgens die Halteverbotsschilder“, sagt Ralf Mock vom in der Weißenburgstraße ansässigen Modegeschäft Herzblut Soulfashion. „Wir erleben hier jetzt jeden Tag den Kampf um den letzten Parkplatz“, sagt Mock. Denn: Alternative Parkplätze stellt die Stadt nicht zur Verfügung.
Ein Drittel der privaten Stellplätze im Agnesviertel sind ungenutzt
Obwohl es seit Jahren Aufträge der Politik gibt, Quartiersgaragen anzubieten, ist in dem Bereich bislang nichts geschehen. Die Politik hat die Stadt nun beauftragt, eine eigene Gesellschaft für den Bau von Quartiersgaragen zu gründen. Eine schnelle Lösung für die von den gestrichenen Parkplätzen betroffenen Anwohnern wird das jedoch nicht sein.
Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt hat den Wegfall der Parkplätze zur Sicherstellung der Anfahrtswege für Rettungsfahrzeuge im Hauptausschuss des Stadtrats in einem gemeinsamen Antrag grundsätzlich begrüßt, die Verwaltung aber auch aufgefordert, das sogenannte Feierabend-Parken auszuweiten. Das bedeutet, dass Parkplätze, die tagsüber gewerblich genutzt werden, abends den Anwohnern zur Verfügung stehen sollen. Das Unternehmen Ampido hatte zuletzt ausgerechnet, dass alleine im Agnesviertel rund ein Drittel der privaten Parkplätze ungenutzt sind.

Vor Einführung des neuen Halteverbots gab es in der Weißenburgstraße 100 Parkplätze mehr.
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Im Agnesviertel soll die Stadt nach Willen des Ratsbündnisses zudem prüfen, ob statt entfernter Parkplätze auch mildere Mittel wie eine klarere Markierung der Parkplätze oder eine stärkere Kontrolle durch den Verkehrsdienst möglich sind. Die FDP hatte vergeblich gefordert, das Entfernen der Parkplätze vollständig zu stoppen und die betroffenen Straßen stattdessen vom Ordnungsamt stärker kontrollieren zu lassen.
Anlieger Ralf Mock, der als Gewerbetreibender keinen Anwohnerparkausweis erhält und deshalb jetzt nicht mehr in der Nähe seines eigenen Geschäfts parken kann, zweifelt die Messergebnisse des Verkehrsdezernats für die Weißenburgstraße an. Er habe selbst nachgemessen und sei dabei auf eine Fahrbahnbreite von 3,50 Meter gekommen. „Das Problem sind aus meiner Sicht diejenigen, die quer und nicht gerade geparkt haben“, sagt Mock.
Anwohner beobachtet höhere Durchfahrtsgeschwindigkeiten
Seiner Meinung nach hätte die Stadt die Parkplätze vor Ort erhalten können, indem sie links und rechts wenige Zentimeter des Bürgersteigs den Parkstreifen zugeschlagen hätte. Nun liege die Hürde deutlich höher, das Modegeschäft mit dem Auto anzusteuern. „Wir erwarten wirtschaftliche Nachteile“, sagt Mock. Er verstehe nicht, wie die Stadtverwaltung eine solche Entscheidung treffen konnte, ohne über die Konsequenzen vor Ort nachzudenken.
Das sieht Andreas Zittlau, Mitglied in der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer und Anwohner im Pantaleonsviertel, ähnlich. Dort entfernte die Stadt 75 der 825 Parkplätze, also fast zehn Prozent. „Das ist hier im Viertel ein echtes Thema“, sagt Zittlau. Es gebe durchaus kritische Ecken, die in der Vergangenheit zugeparkt wurden und an denen die Müllabfuhr nur mit Schwierigkeiten durchkam. „Das Ordnungsamt hätte dagegen allerdings auch konsequent vorgehen können, was aber nicht passierte“, sagt Zittlau.
Das Ordnungsamt sei erst mit hohem Personaleinsatz vor Ort aufgetaucht, nachdem die Stadt Köln die Parkplätze entfernt und die neuen Halteverbotszonen eingerichtet hatte. Auch die Auswahl der Straßenabschnitte sei aus seiner Sicht eher willkürlich geschehen. So gibt es einen Abschnitt der Schnurgasse, an dem sich eine Garage an die nächste reiht. Die Stadt entfernte dennoch die Parkplätze auf der gegenüberliegenden Straßenseite. „Das ist hier jetzt so breit, dass zwei Autos nebeneinander hindurchfahren können“, sagt Zittlau. Die Stadt sei über das Ziel hinausgeschossen. Und die Autofahrer seien aufgrund des großzügigen Platzes jetzt deutlich schneller unterwegs als vorher.
Um im Agnesviertel das neue Halteverbot auf der Wevelinghovener Straße und der Nikolaus-Groß-Straße wieder rückgängig zu machen, gibt es bei Openpetition.de seit anderthalb Wochen eine Petition. „Wir brauchen diese Parkplätze, um unsere Arbeitsplätze zu erreichen und unseren Alltag bewältigen zu können“, heißt es in der Begründung. Durch den Wegfall der Parkplätze sei die sowieso schon angespannte Situation nun „katastrophal“.