Wie hoch darf in Köln gebaut werden, ohne den Welterbestatus des Kölner Doms zu gefährden? Für ein Hochhaus steht das jetzt fest.
Urteil gefallenNeues 103-Meter-Hochhaus gefährdet Welterbe Kölner Dom nicht

Das Panorama der Stadt Köln
Copyright: Alexander Schwaiger
Das geplante 103 Meter hohe Hochhaus des Vermögenverwalters Flossbach von Storch nahe des Messekreisels in Deutz gefährdet nicht den Unesco-Welterbestatus des Kölner Dom (157 Meter). Das teilte Icomos als Berater-Organisation der Unesco dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit. Auch die Stadt Köln bestätigte das Urteil.
Insgesamt stehen auf der Welterbeliste der Unesco 1248 Stätten in 170 Ländern. Die Unesco ist die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation.

So soll das am Deutzer Messeglände geplante Hochhaus aussehen.
Copyright: Flossbach von Storch
Eine Icomos-Mitarbeiterin teilte mit: „Mittlerweile liegen drei verschiedene Welterbe-Verträglichkeitsprüfungen vor, die alle zu dem Ergebnis kommen, dass mit dem Hochhausprojekt von Flossbach von Storch mit einer Höhe von 103 Meter zwar geringfügige bis moderate negative Auswirkungen (auf die Sichtachsen, zum Beispiel von Schloss Bensberg aus) zu erwarten seien, der Welterbestatus des Hohen Doms zu Köln jedoch keinesfalls gefährdet sei.“
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Das Hochhaus soll Luftlinie 1,9 Kilometer vom Dom entfernt stehen, zuletzt war die Rede von einer Fertigstellung im Jahr 2029.
Schon in der Vergangenheit hatten Hochhaus-Pläne für viel Streit gesorgt, als in Deutz neue Gebäude gebaut werden sollte. Der Dom stand deshalb von 2004 bis 2006 sogar auf der Roten Liste der gefährdeten Welterbegüter.
Dom verschwand dann von der Roten Liste
Baumaßnahmen sind laut Unesco einer von 14 Faktoren, die Welterbestätten wie den Dom gefährden. Die Unesco schreibt: „Sollte durch einen oder mehrere dieser Faktoren eine ernste und spezifische Gefahr für den Erhalt einer Welterbestätte entstehen, kann das Welterbekomitee diese auf die Liste des gefährdeten Erbes der Welt setzen.“
Erst als die Stadt von den Plänen absah, verschwand der Dom von der Liste. Deshalb ist das Urteil wichtig, ob ein Hochhaus den Welterbestatus gefährdet. Seinerzeit wurde eine Pufferzone rund um den Dom entwickelt.
Status kann auch für Probleme sorgen
Die Max-Planck-Gesellschaft hat 2017 unter dem Titel „Die Kehrseite der Medaille“ auch die Nachteile des Welterbestatus untersucht. Zwar bedeute die „ehrenvolle Auszeichnung meist touristische Aufmerksamkeit und entsprechende Einnahmen“. Aber, so hieß es 2017: „Besonders in größeren Städten geraten die Vorgaben der Unesco immer wieder in Konflikt mit der Stadtentwicklung – wie derzeit in Wien zu beobachten. Wegen eines geplanten Wohnhauses von 66 Metern Höhe hat die Unesco jüngst das Welterbe der Wiener Altstadt auf die Rote Liste der gefährdeten Stätten gesetzt – zum Ärger vieler in der Stadt, in der massiver Wohnungsmangel herrscht.“
Unternehmen musste Höhe reduzieren
In Köln musste Flossbach von Storch nachsteuern: Höher als 103 Meter hätte das geplante Hochhaus nicht sein dürfen, denn die Stadt hatte sich zwischenzeitlich mit dem Bauherrn verständigt, statt 122 nur noch eine maximale Höhe von 103 Metern, also rund 15 Prozent weniger, zuzulassen. Zu groß waren die Bedenken, den Blick vom Schloss Bensberg zum Dom erheblich einzuschränken.
Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ Ende Juni berichtet hatte, stand das finale Icomos-Urteil für das Flossbach-Hochhaus noch aus. In einer ersten vorläufigen Analyse war aber schon die Rede von „geringfügigen negativen Auswirkungen“, wenn man beispielsweise vom östlichen Abschnitt der Zoobrücke auf den Dom schaut.
26 Stockwerke für neues Hochhaus
In diesem Zwischenbericht hieß es damals: „Der geplante Neubau wird den bisherigen visuellen Hochpunkt des Doms deutlich überragen und als neue Dominante im Stadtraum wahrnehmbar sein. Wie die Summe der Auswirkungen abschließend zu bewerten ist, kann erst mit dem Ergebnis der Studie beurteilt werden.“
Der künftige Firmensitz von Flossbach an der Zoobrücke soll 26 Stockwerke für Büros, ein viergeschossiges Sockel-Gebäude sowie einen öffentlich zugänglichen Innenhof haben. Auf dem südlichen Teil des Grundstückes soll ein sechsgeschossiges Gebäude entstehen, das mit verschiedenen gastronomischen Angeboten und einem Fitnessstudio ausgestattet ist. Im östlichen Bereich ist ein Parkhaus vorgesehen.

So sieht der Sieger des Architektenwettbewerbs für das DEVK-Hochhaus aus.
Copyright: JSWD Architekten/DEVK
Auch für das geplante 144-Meter-Hochhaus des Versicherers DEVK an der Zoobrücke ist wichtig, ob das Gebäude die Sichtachsen zum Dom nicht beeinträchtigt. Es soll Luftlinie 2,2 Kilometer entfernt vom Dom stehen, das wäre ebenfalls außerhalb der Pufferzone.
Noch läuft die Welterbe-Verträglichkeitsprüfung aber noch, wie die Stadt und DEVK mitteilten. In einer vorläufigen Analyse sprach der Prüfer davon, dass die historische Stadtsilhouette nur „moderat“ beeinträchtigt werde. Die beiden Hochhäuser werden nahe der Zoobrücke stehen, nur eben auf der jeweils anderen Rheinseite 1,5 Kilometer voneinander entfernt.

So sieht der Sieger des Architektenwettbewerbs für das DEVK-Hochhaus aus.
Copyright: JSWD Architekten/DEVK
Der Gewinner-Entwurf der Architekten von JSWD für das DEVK-Gebäude sieht ein 144 Meter und ein 44 Meter hohes Gebäude vor, sie sind verbunden über einen fünfgeschossigen Sockel (wir berichteten). Sie ersetzen das Zooparkhaus, es wird stattdessen eine auch öffentlich nutzbare Tiefgarage gebaut.
Der Neubau wäre mit 144 Metern nach dem Mediapark-Turm (149 Meter) und dem Colonia-Turm (147 Meter), auch bekannt als Axa-Hochhaus, das dritthöchste Haus in Köln.
Fertigstellung ab 2032
Im 144-Meter-Bau sollen vor allem Büros, auch für andere Firmen, und ein Café entstehen. Im kleineren Gebäude stellt sich die DEVK einen Supermarkt, eine Bar auf dem Dach und ein Schulungs- und Konferenzzentrum vor.
Der Versicherer rechnet mit einer Fertigstellung ab 2032. Derzeit läuft die Sanierung der Zentrale der direkt benachbarten Zentrale, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind momentan auf der anderen Rheinseite in den früheren Messehallen untergebracht.
Weil die Stadtverwaltung laut DEVK nicht schnell genug war im Bebauungsplanverfahren, drohte das Unternehmen 2022 mit dem Wegzug aus Köln. Teile des Rates bezweifelten damals aber, dass die DEVK wirklich Köln verlassen wollte.
Das Kölner Höhenkonzept
Anfang Februar hat der Stadtentwicklungsausschuss des Stadtrates das neue Höhentwicklungskonzept beschlossen. Es war nötig geworden, weil es eben keine festen Regeln außerhalb der Innenstadt gab und es deshalb immer wieder zu Streit kam, unter anderem zwischen Investoren und der Politik. Nach Angaben der Stadt gibt es in Köln rund 200 Hochhäuser mit mehr als 40 Metern Höhe.
Das neue Konzept sieht unter bestimmten Bedingungen neue Hochhäuser bis zu einer Maximalhöhe von 148 Metern vor. Es gilt für das Stadtgebiet bis zum Äußeren Grüngürtel. Vorher lag nur ein Höhenkonzept für die Innenstadt vor. Die Maximalhöhe betrug 22,50 Meter.
In Sichtachsen des Doms soll auch in anderen Stadtteilen künftig kein Hochhaus mehr genehmigt werden können.
Die Stadt Köln will neue Hochhäuser vor allem in der sogenannten Inneren Stadt sehen. Sie reicht vom Inneren Grüngürtel bis an den Äußeren Grüngürtel. Wann immer in diesem Bereich der Bau von Gebäuden ab 40 Metern Höhe – oder 30 Prozent höher als die Umgebungsbebauung – geplant wird, soll das Konzept helfen, Projekte zu bewerten und zu steuern.
Martin Wetz, von 1989 bis 2001 Planungsdezernent und Baustadtrat in der Hochhaus-Metropole Frankfurt, hatte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt: „Wenn die Stadt mit Investoren über ein Bauprojekt spricht, muss sie doch einen Kriterienkatalog haben, damit sie sagen kann: Ja, hier ist ein Hochhaus möglich. Oder nein, hier ist kein Hochhaus möglich. Wie will die Verwaltung das denn ohne vom Stadtrat beschlossene Vorgaben gegenüber den Investoren rechtfertigen? Dann sagt ein Unternehmen: Da drüben habt ihr ein Hochhaus genehmigt, mir erlaubt ihr es anderer Stelle aber nicht. Das ist ungerecht.“ (mhe)