Er galt als Marketing-Genie: Der verstorbene Rapper Xatar eilte als Unternehmer von Erfolg zu Erfolg. Längst soll er aber insolvent gewesen sein.
„Alles oder Nix“Aufstieg und Fall – Das Firmengeflecht des Rappers Xatar

Der Rap-Mogul und Unternehmer Giwar Hajabi starb am 9. Mai 2025 im Alter von 43 Jahren. Wirtschaftlich soll es dem Künstler schon länger nicht mehr gut gegangen sein.
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Am 9. Mai wurde Giwar Hajabi, so der bürgerliche Name des Rappers Xatar, tot in einer Kölner Wohnung aufgefunden. Der Künstler kurdischer Abstammung trat im Verlauf seiner Karriere immer mehr als Unternehmer in den Vordergrund und eilte dabei von Erfolg zu Erfolg. Hajabi galt als jemand, der es verstand, Ideen zu Geld zu machen – und davon hatte er viele. Dabei betrat Hajabi immer wieder neue Geschäftsfelder, seine Aktivitäten brachten ihm über Jahre hinweg Anerkennung und ein beträchtliches Vermögen ein.
Gerüchte darüber, dass es dem Musiker, Produzenten und Unternehmer in den letzten Jahren gesundheitlich und finanziell nicht mehr besonders gut ging, kursierten allerdings schon seit Jahren in der Szene.
„Alles oder Nix“-Records: Prägender Sound, gekonnte Inszenierung
Schon als junger Mann zeigte sich Hajabi geschäftstüchtig, kam dabei aber mit dem Gesetz in Konflikt. Er handelte mit Drogen und wurde deswegen mit internationalem Haftbefehl gesucht. Nach seinem Tod kondolierten dem „G“, wie Giwar auch abgekürzt wurde, zahlreiche Weggefährten. Nicht wenige schrieben dabei über ihn, er sei ein echter Gangster gewesen, nicht nur einer, der mit dieser Attitüde spiele. Was in der realen Welt justiziabel ist, bedeutet in der Hiphop-Szene vielfach Anerkennung.
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Angefangen hatte die unternehmerische Karriere Xatars für einen Musiker klassisch: mit der Gründung des eigenen Plattenlabels im Jahr 2007. „Alles oder Nix“-Records, der Name war Programm. Gewinnen oder verlieren, ganz oben oder ganz unten. Xatar wollte selbstredend ganz oben sein. „Meine Mutter ging putzen, mein Vater ist abgehauen. Es war nicht schön, mit anzusehen, wie sich meine Mutter Tag für Tag abmühte“, blickte Hajabi im Jahr 2017 auf seine Kindheit und Jugend im Bonner Stadtteil Brüser Berg zurück.
Das erste Soloalbum war zugleich die erste Veröffentlichung des Labels. „Alles oder Nix“ erschien 2008 und landete auf dem Index. Die Begründung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien: Die Texte wirkten verrohend, sie würden zu Gewalttätigkeiten aufrufen. Zur Zeit der Label-Gründung seien er und die unter Vertrag stehenden Künstler „nur von der Straße beeinflusst [gewesen], nicht von Hip-Hop“, erklärte Xatar später.
Mit dem mit Comedy-Talent ausgestatteten Rapper SSIO, der ebenfalls aus Bonn stammte, und der ehemaligen Prostituierten Schwesta Ewa waren zwei spätere Aushängeschilder der Firma von Beginn an dabei.
Erstmals in den Charts platzierte sich „Nr. 415“ (2012), das zweite Album Xatars, benannt nach der Nummer seiner Zelle der JVA Rheinbach, in der Hajabi nach dem spektakulären Überfall auf einen Geldtransporter einsitzen musste. Geschrieben hatte Xatar das Album heimlich auf dem Handy während der Haft. Mit dem Raub und dem Album begann der Aufstieg des Rappers.
Dann folgte der Durchbruch: Mit „Baba aller Babas“ landete erstmals ein Album des Labels auf Platz 1 der Deutschen Charts. Das ikonische Cover-Artwork zeigte Habaji gekonnt inszeniert als Pate mit blitzendem Goldzahn. Danach begann Habajis Aufstieg zum erfolgreichen Unternehmer, der immer wieder mit neuen Ideen überraschte, die er vergoldete. Die Rolle des Moguls war die Rolle von Xatars Leben.
Köfte-Spieß, Eiscreme, Sisha-Tabak – der Aufstieg des Rap-Moguls zum Unternehmer
Es gibt ein legendäres Meme, einen Ausschnitt aus einer VICE-Doku, die später auch im ZDF ausgestrahlt wurde, in der Xatar von der Reporterin, die ihn im Gefängnis besucht, gefragt wird, was er als Erstes nach seiner Entlassung tun werde. Der Gangsta-Rapper antwortet: einen schönen Köfte-Spieß essen.
2020 machte der Unternehmer aus dem Kult-Meme ein Geschäft und eröffnete in seiner Heimatstadt Bonn mit dem „Haval Grill“ seinen ersten Imbiss. Hunderte Fans stürmten bei der Eröffnung den Laden, der vom Start weg erfolgreich war. Bald folgten weitere Filialen: in Essen etwa, in München und sogar in Dubai. Die Produkte gab es auch bundesweit im Tiefkühlregal bei Kaufland, Netto, Aldi oder dem Lieferdienst Gorillas zu kaufen.
2022 folgte die Eiscrememarke „G'Lato“, Xatar brachte den Tabak „Orijinal“ auf den Markt, betrieb die Shisha-Bar „Noon“ am Kölner Ring. Sein Label „Alles oder Nix“-Records war mittlerweile im Major-Vertrieb von Universal Music, hatte mehrere Unterfirmen. Künstler wie Mero, Eno oder Kalim veröffentlichten bei ihm, prägten einen neuen Sound, wurden selbst zu Stars, viele Biografien in Buchform folgten. Sein größtes Projekt war der Goldmann-Tower in Köln, ein Kreativspace mit Tonstudios, Büros und einer eigenen Akademie am Barbarossaplatz.
Im Jahr 2022 verfilmte Regisseur Fatih Akin schließlich Hajabis Leben unter dem Titel „Rheingold“ mit Emilio Sakraya in der Hauptrolle.Eine Biografie mit dem Untertitel „Bei uns sagt man, die Welt gehört dir“ kam bereits 2015 auf den Markt, sie landete auf der „Spiegel“-Bestsellerliste.
Zusammenbruch des Firmenimperiums und Insolvenz
Der Film erschien auf dem Höhepunkt der Karriere Hajabis.Kurz darauf brach das weitverzweigte Firmengeflecht des Rappers zusammen. 2023 ließ Xatar über eine Anwaltskanzlei öffentlich mitteilen, seine Firmengruppe Goldmann sanieren zu wollen. In der Mitteilung war von „teilweise erhebliche[n] Verbindlichkeiten“ die Rede, vor allem „Rückständen in der Lohn- und Finanzbuchhaltung“, die zu „hohen Schätzforderungen“ durch die Finanzämter sowie „Liquiditätsengpässen“ geführt hätten.
Diesen stünden allerdings „signifikante immaterielle Werte sowie laufende Einnahmen aus dem Musikgeschäft gegenüber.“Einer nachhaltigen Sanierung wurden gute Chancen eingeräumt. Doch dazu sollte es nicht kommen.
Das Projekt Goldmann-Tower scheiterte kurz darauf und damit eine Herzensangelegenheit des Wahl-Kölners. Der sprach von „Parallelstrukturen“, die sich entwickelt hätten. Auch Gerüchte über Drogenmissbrauch machten die Runde. „Alles oder Nix“-Records musste 2024 dicht machen, mit der Pleite verließen mit SSIO und Schwesta Ewa die Zugpferde die Plattenfirma. Andere Künstler hatten sich bereits zuvor eine neue musikalische Heimat gesucht.
Die Pleiten seiner Firmen sollen Xatar auch privat in die Insolvenz geführt haben. Das berichtet die „Bild am Sonntag“.
Im Podcast „Feelings“ des Komikers Kurt Krömer erzählte Xatar im April, dass er sich durch seine Unternehmen von seinen Kindern entfremdet habe und jetzt wieder mehr Zeit mit ihnen verbringen wolle. Dazu kam es für den fünffachen Familienvater nicht mehr. Der 43-Jährige wurde am 9. Mai in einer Kölner Wohnung tot aufgefunden.