Kartäuserkantorei in der PhilharmonieHat Glaube einen Klang?

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Musikerinnen und Musiker sitzen in einem Halbkreis auf der Bühne der Kölner Philharmonie.

Konzert der Kartäuserkantorei in der Kölner Philharmonie

Carl Philipp Emanuel Bach wollte Religion musikalisch erlebbar machen. Sein „Magnificat“ und Händels „Dixit Dominus“ standen am Samstag auf dem Programm der Kölner Philharmonie.

Zwei Sopranistinnen singen im Duett, ihre Stimmen begegnen sich in einer kirchlichen Melancholie. Gemeinsam wiederholen sie immerfort auf Latein: „Er wird trinken vom Bach auf dem Wege, darum wird er das Haupt heben“. Im Hintergrund ertönen ein sanfter Chor und rhythmische, tröpfelnde Streichertöne.

Der Chor der Kartäuserkantorei Köln sing Händel

Hat Glaube einen Klang? Das Duett der Sopranistinnen zeigt jedenfalls eine tiefe religiöse Empfindsamkeit. Diese steht am ersten Samstag des neuen Jahres auf dem Programm der Kölner Philharmonie. Das erste Stück ist Händels „Dixit Dominus“, die Vertonung von Psalm 110. Das zweite Stück, Carl Philipp Emanuel Bachs „Magnificat“, fügt sich nahtlos an. Aufgeführt werden die Stücke vom Chor der Kartäuserkantorei Köln, dem Orchester „Concerto con Anima“ und fünf Solistinnen und Solisten, wobei für das zweite Stück nur eine der Sopranistinnen aus der Pause zurückkommt.

Dirigent Paul Krämer ist ein Spektakel für sich. Mal schunkelt er elegant und tänzerisch von rechts nach links, mal geht er vor bis an die Kante seines Podests, senkt sich und hebt dann so weit ab, dass er nur noch mit den Fußspitzen den Boden berührt. Und dann geht er in die Knie und breitet die Arme aus, das Orchester flüstert auf sein Kommando hin.

Dirigent Paul Krämer findet für jeden Psalmvers die passende Geste

Händels „Dixit Dominus“ vertont in jedem seiner Sätze einen der Verse des Psalms, bis auf den letzten Satz, der mit Gotteslob und „Amen“ schließt. Schon der Text hat eine Bandbreite an Emotionen: Das Kleinwerden vor Gott, die Freude über seine Herrschaft, die Erwartung des Gerichts über das Böse, das Aufrichten des Kleinen. Der Dirigent hat für jede von ihnen eine Geste, und der starke Chor antwortet diesen mit dem passenden Klang.

Der Chor findet im Auftritt immer die richtige Dynamik. Wo die Soli erklingen, nimmt er sich maßvoll zurück und bietet ihnen den gesanglichen Hintergrund, in dem sie sich entfalten können. Und dort, wo er mit voller Wucht kommt, erfüllt er den Raum der Philharmonie und bleibt trotz der anspruchsvollen Stücke stets sattelfest.

Neben dem herzzerreißenden Duett der Sopranistinnen Karola Sophia Schmid und Elisabeth Menke ist die Altistin Marie Henriette Reinhold hervorzuheben. In Bachs „Magnificat“ waren sowohl ihr Solo im 7. Satz, als auch ihr Duett mit dem souveränen Tenor Patrick Grahl im 6. Satz absolute Highlights. Die beiden steigerten sich gegenseitig in klangliche Höhen hinein, während sie davon sangen, wie Gott die Mächtigen demütigt und die Demütigen erhöht. Ja, religiöse Empfindsamkeit kann musikalisch erlebbar sein.

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