Philipp Ahmann gab mit einem Lunchkonzert in der Kölner Philharmonie seinen Einstand als Direktor des Rundfunkchores.
WDR RundfunkchorMit dem neuen Mann am Pult in Quintsprung-Höhen

Philipp Ahmann, neuer Leiter des WDR Rundfunkchores.
Copyright: Arton Krasniqi
Ein richtig toller Termin war das auf Anhieb nicht: Ferienstart und Konzertbeginn um 13 Uhr – gerade in der Kombination ließ das im Vorfeld viele leere Reihen befürchten. Von denen konnte allerdings keine Rede sein: Der Bismarck-Saal im WDR war bis auf den letzten Platz gefüllt, als dort am Freitag Philipp Ahmann im Lunchkonzert seinen – von WDR-Intendantin Katrin Vernau eingeleiteten und von Nicolas Tribes geschmeidig moderierten – Einstand als neuer Direktor des Rundfunkchores gab.
Ahmann, dem Chor seit rund 20 Jahren verbunden, kehrt damit, nach Rundfunkchor-Berufsstationen in Hamburg und Leipzig, zu seinen Wurzeln zurück: In Köln hatte er einst an der Hochschule bei Marcus Creed studiert und dann als Nachfolger von Peter Neumann die Kartäuserkantorei geleitet. Kein Wunder, dass jetzt unter den Zuhörern viele „Ahmann-Sänger“ aus alten Tagen waren.
Frischer und vitaler
Diese konnten anhand eines breitenbekömmlichen deutsch-romantischen Programms mit dem Herbst als thematischem und Brahms als kompositorischem Schwerpunkt samt einigen Ausreißern hin zu britischen Spätromantik (Samuel Coleridge Tylor) und zur amerikanischen Moderne (Caroline Shaw, Joseph Kosma/Ryan O'Connell) gleichsam „von hinten“ die Dirigiertugenden ihres früheren Chefs beobachten: Ahmann verfügt nicht zuletzt über eine suggestive Schlagtechnik, die gleich den Einsatz stets entspannt, aber zugleich konturiert und präzise kommen lässt. Und die gestisch Ausdruckswechsel genau, einleuchtend und einprägsam vorwegnimmt. Das zeigte sich gleich beim ersten Stück, Brahms' „Wechsellied zum Tanze“ nach einem Goethe-Text mit seinem klangplastischen Alternieren vom lyrischem Legato der Frauen und stärker zupackendem Non-Legato der Männer.
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Wenn der sehr poetisch intonierende Klavierbegleiter Christoph Schnackertz schwieg, konnte der Chor in den Harmoniewechseln seine A-cappella-Qualitäten zeigen – und seine Fähigkeit, dicht-intensiv ohne Substanzverlust ins Pianissimo zu gehen. Hier half Ahmann auch immer wieder den Chorsopranen auf panikfreie und zugleich lichtvolle Quintsprung-Höhen.
Wer den Chor längere Zeit nicht gehört hat, durfte jetzt überhaupt erfreut eine – wohl auch dem Generationenwechsel geschuldeten – Soundveränderung konstatieren. Das Ensemble klingt frischer, vitaler, als man es aus früheren Jahren mitunter gewohnt war. Freilich bleibt Ahmann noch genug Arbeit übrig. Oft kam der Chor jetzt in seiner schlanken Fülle im besten Sinne romantisch herüber. Dann gab es aber auch – von Sopranen und Tenören – in den Spitzen unangenehm-unverschliffene Schärfen zu hören, die eben gerade deshalb auffielen, weil sie so gar nicht zum Grundton des Chores passen. Keine Frage, dass das auch den exzellenten Ohren des neuen Mannes am Pult aufgefallen ist.

