Wissing trifft im GesprĂ€ch mit Maischberger teils skurrile Aussagen. Ex-BundesprĂ€sident Gauck nennt Altkanzler Helmut Schmidt âkindischâ.
Klimaschutz-DebatteWissing gerĂ€t bei âMaischbergerâ unter Druck und teilt gegen âLetzte Generationâ aus

Bundesverkehrsminister Volker Wissing findet in der ARD-Talkshow âMaischbergerâ harte Worte gegen die âLetzte Generationâ. AuĂerdem lehnt der FDP-Minister weiter ein Tempolimit ab.
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Seit Wochen steht Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wegen vermeintlich klimaschĂ€dlicher Politik unter Druck. Sein Ministerium wĂŒrde die vereinbarten Sektorenziele fĂŒr den Klimaschutz deutlich verfehlen, auĂerdem wĂŒrde Wissing sich gegen das Tempolimit sperren. In der ARD-Talkshow âMaischbergerâ erklĂ€rt der FDP-Politiker ĂŒberraschend, das verlangte Sofortprogramm zum Klimaschutz sei âganz einfachâ vorzulegen. Wirklich schlĂŒssig ist die Argumentation Wissings aber nicht.
ZunĂ€chst spricht Volker Wissing ĂŒber das Treffen mit der âLetzten Generationâ. Das GesprĂ€ch sei âhöflich, sachlich und in gutem Ton gefĂŒhrtâ gewesen. Das war es aber schon an netten Worten fĂŒr die âLetzte Generationâ. âIch sehe keinen Grund fĂŒr weitere GesprĂ€che. Ich habe auch deutlich gemacht, dass ich nicht verhandleâ, erklĂ€rt der Bundesverkehrsminister anschlieĂend. Von der âLetzten Generationâ hatte es noch geheiĂen, beide Seiten hĂ€tten weitere GesprĂ€che vereinbart.
âMaischbergerâ: Volker Wissing sieht Deutschlandticket klimafreundlicher als Neun-Euro-Ticket
Wissing will davon nichts wissen, dementiert ein weiteres GesprĂ€ch auch auf Nachfrage von Moderatorin Sandra Maischberger. Er habe das GesprĂ€ch auch akzeptiert, damit nicht der Eindruck entstehe, die Bundesregierung wĂŒrde sich gegen ein GesprĂ€ch stellen. âDa werden Straftaten begangen. Ich halte das fĂŒr inakzeptabel. Aber ich habe verinnerlicht, dass man die andere Seite anhören muss.â
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Er könne zudem nicht nachvollziehen, was die âLetzte Generationâ von ihm fordere. âIch habe diese jungen Menschen nicht verstanden. Man will ein Neun-Euro-Ticket, das fĂŒr den Klimaschutz schlechter wĂ€re als das Deutschlandticket, das ich umgesetzt habe. Man will von einem Minister kleinere Dinge fĂŒr den Klimaschutz, als er selber macht. Das war fĂŒr mich so absurdâ, erklĂ€rt Wissing im EinzelgesprĂ€ch mit Sandra Maischberger. Er betonte zudem, dass mit aller HĂ€rte des Gesetzes gegen diese âStraftĂ€terâ vorgegangen werden solle.
Volker Wissing: âTempolimit wiegelt die Gesellschaft maximal aufâ
Wissing versucht, das GesprĂ€ch mehr aus seine Erfolge zu lenken, kommt auf das gerade erst eingefĂŒhrte Deutschlandticket. âDie Zahlen sind besser als erwartet. Wenn das so weitergeht, wird das Deutschlandticket langfristig einen attraktiven Preis habenâ, garantiert er. Wissing appelliert auch an Autofahrer, das Deutschlandticket als Teil ihres Alltags mitzudenken. âEs geht nicht um Auto oder Deutschlandticket. Man kann ja beispielsweise aus seinem Dorf zum Bahnhof fahren und dort dann den ĂPNV nutzen.â
Moderatorin Sandra Maischberger wird beim Stichwort Auto sofort hellhörig, spricht Wissing auf das von ihm abgelehnte Tempolimit an. Der Verkehrsminister antwortet ausweichend, gerĂ€t nach bisher klaren Aussagen ein wenig ins Schlingern: âEs ist eine MaĂnahme, die wenig Klimaschutz bringt und die Gesellschaft maximal aufwiegelt. Deswegen haben wir uns dagegen entschiedenâ, erklĂ€rt Wissing weiter. Es werde in der Ampel-Koalition kein Tempolimit geben. âIch will nicht die BĂŒrgerinnen und BĂŒrger Ă€rgern [âŠ], ich will MaĂnahmen, die viel bringen, und wenige verĂ€rgern.â
âMaischbergerâ: Volker Wissing lehnt Tempo 30 in deutschen InnenstĂ€dten ab
Auch eine generelle Erlaubnis fĂŒr Kommunen, in den InnenstĂ€dten Tempo 30 einzurichten, lehnt Wissing weiter ab. An der Initiative beteiligt sich unter anderem auch die Stadt Köln. Seine BegrĂŒndung: âDort wo wir Sicherheitsprobleme haben, sollte Tempo 30 angeordnet werden. Durchgangsverkehre mĂŒssen aber weiter flieĂen. Ich bin fĂŒr mehr kommunale FlexibilitĂ€t, wo nur kommunale Verkehrsinteressen betroffen sind.â
Der Bundesverkehrsminister ist schon etwas genervt, da spricht Maischberger den nĂ€chsten Streitpunkt an. Das Klimaschutz-Sofortprogramm, das alle Bundesministerien bis Mitte Juli vorlegen mĂŒssen. Das Verkehrsministerium, das beim Klimaschutz weiter hinterherhinkt, hat seine MaĂnahmen noch nicht vorgestellt â Kritik gibt es daran vor allem von den GrĂŒnen.
Sandra Maischberger mit Spitze gegen Volker Wissing bei Klima-Sofortprogramm
Im GesprĂ€ch mit Maischberger spielt Wissing die Sache herunter: âIch habe nie gesagt, dass ich kein Sofortprogramm vorlege. Die Frist dafĂŒr ist noch nicht abgelaufen. Ein Sofortprogramm vorzulegen, ist ganz einfachâ, erklĂ€rte Wissing weiter.
Der FDP-Politiker kritisiert eine Scheindebatte um das Sofortprogramm und erklĂ€rte, dass es einen âKoalitionsfriedenâ gebe. Maischberger kann sich eine Spitze nicht verkneifen: âVon auĂen betrachtet wĂŒrde man sagen: Wenn das Koalitionsfrieden ist, will man wissen, wie es aussieht, wenn sie sich streiten.â
Joachim Gauck: Scharfe Kritik an Wladimir Putin bei âMaischbergerâ
Neben Wissing ist auch Ex-BundesprĂ€sident Joachim Gauck im Studio zu Gast, verurteilt im EinzelgesprĂ€ch die Aktionen von Russlands PrĂ€sident Wladimir Putin am âTag des Siegesâ in Moskau. Putin hatte von einem âKriegâ des Westens gegen Russland gesprochen. Gauck zweifelt, dass Putin das wirklich so meint: âEr glaubt das nicht. Putin ist ein Offizier des KGB der gelernt hat, das eigene Gewissen aufzugeben zugunsten der LoyalitĂ€t der Macht.â

Der ehemalige BundesprÀsident Joachim Gauck im GesprÀch mit Sandra Maischberger.
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Putin habe eine Herrschaftstechnik entwickelt, die die Macht des russischen Volks depotenziere, in dem er die Freiheitsrechte einschrĂ€nke. âAll das, was die Ohnmacht der Vielen in der Sowjetunion ausgelöst hat, ist jetzt wieder da. Ohne Kommunismus, aber unter dem Namen und Imperialismusâ, erklĂ€rt Gauck weiter.
âMaischbergerâ: Joachim Gauck nennt Altkanzler Helmut Schmidt âkindischâ
Der ehemalige BundesprĂ€sident geht auch mit Altkanzler Helmut Schmidt scharf ins Gericht. Schmidt hatte die EU-Osterweiterung 2015 in einem GesprĂ€ch mit Sandra Maischberger verurteilt und gesagt: âDas Vertrauen [zu Russland] ist zerstört worden durch die idiotischen Angebote und Absichten der EuropĂ€ischen Union.â
âSo werden einst kluge Menschen im Alter manchmal kindischâ, kommentiert Gauck ein wenig traurig die ĂuĂerungen Schmidts. âEs ist eine ungenaue Darstellung dessen, was beim Zusammenbruch der Sowjetunion damals passiert istâ, bemĂ€ngelt der ehemalige BundesprĂ€sident, der lange Zeit in der DDR gelebt hat.
âEs ist nicht so, dass die Nato-Russland-Akte TrĂ€umerei war, das war politisch beschlossene Sache.â Er stimme Altkanzler Schmidt daher nicht in seinen EinschĂ€tzungen zum Umgang mit Teilen der ehemaligen Sowjetunion zu. âGenauso falsch halte ich es, dass Helmut Schmidt der Meinung war, wir sollten mit China nicht ĂŒber Menschenrechte sprechen.â
Neben Gauck und Wissing diskutierten auch Journalistin Tina Hassel, Journalist Nikolaus Blome, sowie Comedienne Valerie Niehaus am Dienstagabend mit Sandra Maischberger. (shh)