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Klimaschutz-DebatteWissing gerĂ€t bei „Maischberger“ unter Druck und teilt gegen „Letzte Generation“ aus

Lesezeit 5 Minuten
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) in der ARD-Talkshow „Maischberger“ im GesprĂ€ch mit Sandra Maischberger.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing findet in der ARD-Talkshow „Maischberger“ harte Worte gegen die „Letzte Generation“. Außerdem lehnt der FDP-Minister weiter ein Tempolimit ab.

Wissing trifft im GesprĂ€ch mit Maischberger teils skurrile Aussagen. Ex-BundesprĂ€sident Gauck nennt Altkanzler Helmut Schmidt „kindisch“.

Seit Wochen steht Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wegen vermeintlich klimaschĂ€dlicher Politik unter Druck. Sein Ministerium wĂŒrde die vereinbarten Sektorenziele fĂŒr den Klimaschutz deutlich verfehlen, außerdem wĂŒrde Wissing sich gegen das Tempolimit sperren. In der ARD-Talkshow „Maischberger“ erklĂ€rt der FDP-Politiker ĂŒberraschend, das verlangte Sofortprogramm zum Klimaschutz sei „ganz einfach“ vorzulegen. Wirklich schlĂŒssig ist die Argumentation Wissings aber nicht.

ZunĂ€chst spricht Volker Wissing ĂŒber das Treffen mit der „Letzten Generation“. Das GesprĂ€ch sei „höflich, sachlich und in gutem Ton gefĂŒhrt“ gewesen. Das war es aber schon an netten Worten fĂŒr die „Letzte Generation“. „Ich sehe keinen Grund fĂŒr weitere GesprĂ€che. Ich habe auch deutlich gemacht, dass ich nicht verhandle“, erklĂ€rt der Bundesverkehrsminister anschließend. Von der „Letzten Generation“ hatte es noch geheißen, beide Seiten hĂ€tten weitere GesprĂ€che vereinbart.

„Maischberger“: Volker Wissing sieht Deutschlandticket klimafreundlicher als Neun-Euro-Ticket

Wissing will davon nichts wissen, dementiert ein weiteres GesprĂ€ch auch auf Nachfrage von Moderatorin Sandra Maischberger. Er habe das GesprĂ€ch auch akzeptiert, damit nicht der Eindruck entstehe, die Bundesregierung wĂŒrde sich gegen ein GesprĂ€ch stellen. „Da werden Straftaten begangen. Ich halte das fĂŒr inakzeptabel. Aber ich habe verinnerlicht, dass man die andere Seite anhören muss.“

Alles zum Thema Letzte Generation

Er könne zudem nicht nachvollziehen, was die „Letzte Generation“ von ihm fordere. „Ich habe diese jungen Menschen nicht verstanden. Man will ein Neun-Euro-Ticket, das fĂŒr den Klimaschutz schlechter wĂ€re als das Deutschlandticket, das ich umgesetzt habe. Man will von einem Minister kleinere Dinge fĂŒr den Klimaschutz, als er selber macht. Das war fĂŒr mich so absurd“, erklĂ€rt Wissing im EinzelgesprĂ€ch mit Sandra Maischberger. Er betonte zudem, dass mit aller HĂ€rte des Gesetzes gegen diese „StraftĂ€ter“ vorgegangen werden solle.

Volker Wissing: „Tempolimit wiegelt die Gesellschaft maximal auf“

Wissing versucht, das GesprĂ€ch mehr aus seine Erfolge zu lenken, kommt auf das gerade erst eingefĂŒhrte Deutschlandticket. „Die Zahlen sind besser als erwartet. Wenn das so weitergeht, wird das Deutschlandticket langfristig einen attraktiven Preis haben“, garantiert er. Wissing appelliert auch an Autofahrer, das Deutschlandticket als Teil ihres Alltags mitzudenken. „Es geht nicht um Auto oder Deutschlandticket. Man kann ja beispielsweise aus seinem Dorf zum Bahnhof fahren und dort dann den ÖPNV nutzen.“

Moderatorin Sandra Maischberger wird beim Stichwort Auto sofort hellhörig, spricht Wissing auf das von ihm abgelehnte Tempolimit an. Der Verkehrsminister antwortet ausweichend, gerĂ€t nach bisher klaren Aussagen ein wenig ins Schlingern: „Es ist eine Maßnahme, die wenig Klimaschutz bringt und die Gesellschaft maximal aufwiegelt. Deswegen haben wir uns dagegen entschieden“, erklĂ€rt Wissing weiter. Es werde in der Ampel-Koalition kein Tempolimit geben. „Ich will nicht die BĂŒrgerinnen und BĂŒrger Ă€rgern [
], ich will Maßnahmen, die viel bringen, und wenige verĂ€rgern.“

„Maischberger“: Volker Wissing lehnt Tempo 30 in deutschen InnenstĂ€dten ab

Auch eine generelle Erlaubnis fĂŒr Kommunen, in den InnenstĂ€dten Tempo 30 einzurichten, lehnt Wissing weiter ab. An der Initiative beteiligt sich unter anderem auch die Stadt Köln. Seine BegrĂŒndung: „Dort wo wir Sicherheitsprobleme haben, sollte Tempo 30 angeordnet werden. Durchgangsverkehre mĂŒssen aber weiter fließen. Ich bin fĂŒr mehr kommunale FlexibilitĂ€t, wo nur kommunale Verkehrsinteressen betroffen sind.“

Der Bundesverkehrsminister ist schon etwas genervt, da spricht Maischberger den nĂ€chsten Streitpunkt an. Das Klimaschutz-Sofortprogramm, das alle Bundesministerien bis Mitte Juli vorlegen mĂŒssen. Das Verkehrsministerium, das beim Klimaschutz weiter hinterherhinkt, hat seine Maßnahmen noch nicht vorgestellt – Kritik gibt es daran vor allem von den GrĂŒnen.

Sandra Maischberger mit Spitze gegen Volker Wissing bei Klima-Sofortprogramm

Im GesprĂ€ch mit Maischberger spielt Wissing die Sache herunter: „Ich habe nie gesagt, dass ich kein Sofortprogramm vorlege. Die Frist dafĂŒr ist noch nicht abgelaufen. Ein Sofortprogramm vorzulegen, ist ganz einfach“, erklĂ€rte Wissing weiter.

Der FDP-Politiker kritisiert eine Scheindebatte um das Sofortprogramm und erklĂ€rte, dass es einen „Koalitionsfrieden“ gebe. Maischberger kann sich eine Spitze nicht verkneifen: „Von außen betrachtet wĂŒrde man sagen: Wenn das Koalitionsfrieden ist, will man wissen, wie es aussieht, wenn sie sich streiten.“

Joachim Gauck: Scharfe Kritik an Wladimir Putin bei „Maischberger“

Neben Wissing ist auch Ex-BundesprĂ€sident Joachim Gauck im Studio zu Gast, verurteilt im EinzelgesprĂ€ch die Aktionen von Russlands PrĂ€sident Wladimir Putin am „Tag des Sieges“ in Moskau. Putin hatte von einem „Krieg“ des Westens gegen Russland gesprochen. Gauck zweifelt, dass Putin das wirklich so meint: „Er glaubt das nicht. Putin ist ein Offizier des KGB der gelernt hat, das eigene Gewissen aufzugeben zugunsten der LoyalitĂ€t der Macht.“

Der ehemalige BundesprÀsident Joachim Gauck im GesprÀch mit Sandra Maischberger.

Der ehemalige BundesprÀsident Joachim Gauck im GesprÀch mit Sandra Maischberger.

Putin habe eine Herrschaftstechnik entwickelt, die die Macht des russischen Volks depotenziere, in dem er die Freiheitsrechte einschrĂ€nke. „All das, was die Ohnmacht der Vielen in der Sowjetunion ausgelöst hat, ist jetzt wieder da. Ohne Kommunismus, aber unter dem Namen und Imperialismus“, erklĂ€rt Gauck weiter.

„Maischberger“: Joachim Gauck nennt Altkanzler Helmut Schmidt „kindisch“

Der ehemalige BundesprĂ€sident geht auch mit Altkanzler Helmut Schmidt scharf ins Gericht. Schmidt hatte die EU-Osterweiterung 2015 in einem GesprĂ€ch mit Sandra Maischberger verurteilt und gesagt: „Das Vertrauen [zu Russland] ist zerstört worden durch die idiotischen Angebote und Absichten der EuropĂ€ischen Union.“

„So werden einst kluge Menschen im Alter manchmal kindisch“, kommentiert Gauck ein wenig traurig die Äußerungen Schmidts. „Es ist eine ungenaue Darstellung dessen, was beim Zusammenbruch der Sowjetunion damals passiert ist“, bemĂ€ngelt der ehemalige BundesprĂ€sident, der lange Zeit in der DDR gelebt hat.

„Es ist nicht so, dass die Nato-Russland-Akte TrĂ€umerei war, das war politisch beschlossene Sache.“ Er stimme Altkanzler Schmidt daher nicht in seinen EinschĂ€tzungen zum Umgang mit Teilen der ehemaligen Sowjetunion zu. „Genauso falsch halte ich es, dass Helmut Schmidt der Meinung war, wir sollten mit China nicht ĂŒber Menschenrechte sprechen.“

Neben Gauck und Wissing diskutierten auch Journalistin Tina Hassel, Journalist Nikolaus Blome, sowie Comedienne Valerie Niehaus am Dienstagabend mit Sandra Maischberger. (shh)