Millionenspaß im Partykeller

Lesezeit 3 Minuten

Einmal ist es Daniel Hug dann doch passiert. Bei der Eröffnungsrede zur Cologne Fine Art & Design rutschte ihm ein „Art Cologne“ heraus. Aber wer will es ihm verdenken? Nach bald zwölf Jahren an der Spitze der Art Cologne muss sich wohl auch Hug erst noch an die Vorstellung gewöhnen, dass er nun auch die einstige Westdeutsche Kunst- und Antiquitätenmesse führt. Mit der hat die aktuelle Cologne Fine Art & Design (Cofa) allerdings nur noch wenig gemein. Antiquitäten muss man auf der aktuellen Ausgabe beinahe suchen (immerhin findet man sie), doch als Ersatz hatte Hug eine hübsche Formel vorbereitet: Was früher Antiquitäten waren, ist heute Design.

Beim Blick in die Verkaufsausstellung „Bauhaus Original“ würde sich mancher Antiquitätenhändler diesen Vergleich aber möglicherweise verbitten. So abgewetzte alte Möbel findet man auf der Kölner Messe sonst nirgendwo, was aber gar nichts macht, wenn man die Schrammen und Schlieren auf Ludwig Mies van der Rohes klassischem Armchair als Beleg dafür nimmt, dass es sich wirklich um ein Bauhaus-Original aus den 1920er Jahren handelt. Merke: Auch ein Hintern kann für Patina sorgen.

Im Gemischtwarenladen Cofa, der neben Schmuck, Ikonen, alter Kunst, Asiatika, Antiquitäten oder Porzellan heute vor allem moderne Kunst bietet, ist das Design eine ebenso willkommene wie schlüssige Ergänzung. Mit Bauhaus-Objekten, deren Schöpfer ganz selbstverständlich an den Grenzen von angewandter und freier Kunst arbeiteten, lässt sich diese Grenze auch auf anderen Gebieten leichter infrage stellen. All die beweglichen Objekte der Zero-Künstler machen sich nämlich nicht nur im Museum gut, sondern auch in Wohnzimmern und Partykellern. Wäre etwa eine Lichtscheibe von Günther Uecker (bei Kellermann) heute nicht Hunderttausende Euro wert, gehörte sie genau dort hin. Im Herzen ist dieses schöne Nagelrad ebenso ein für das Alltagsleben designter Spaßartikel wie Adolf Luthers Linsenbilder oder der metallische Lichtfänger des Franzosen Julio Le Parc, den es ebenfalls bei Kellermann zu erstehen gibt. Auch an etlichen anderen Ständen darf man sich gerne fragen: Betört an Zero heute eher der Charme einer technisch überholten Utopie oder seine optische Nähe zum scheußlich-schönen Mobiliar der 1950er und 1960er Jahre?

Bei anderen modernen Kunstwerken lässt sich ebenfalls fragen, wie „angewandt“ sie waren: Otto Freundlichs Skizzen zu einem nie verwirklichten Kölner Kirchenfenster etwa (bei Doris Möllers) oder die wunderbaren, mit allerlei Tieren verzierten Silberschüsseln und -gefäße des französischen Bildhauers Goudji (bei Samuelis Baumgarte)? Umgekehrt ist der sechsbeinige Tarantula-Beistelltisch von Gerd Schulz-Pilath mit Küchensieben als Augen ein Unikat, das womöglich nie zur Serienreife gelangen sollte (bei Martin Bohn); die unterschiedliche Herkunft merkt man dann freilich schon, nicht zuletzt am Preis.

Am Eröffnungstag schien das erneuerte Messekonzept der Cofa bestens zu funktionieren. Jeder Stand fand sein interessiertes und offenbar fachkundiges Publikum, wobei Hugs Versprechen, die Messe in einen orientalischen Basar verwandeln zu wollen, vielleicht etwas vollmundig war. Gediegen und elegant bleibt die Cofa nämlich auch unter Hug, und Platzangst musste in den sehr aufgeräumten (aber gut gefüllten) Gängen niemand bekommen. Sollte der neuen Cofa tatsächlich die Kehrtwende gelingen, wäre es mit dem Minimalismus der Messearchitektur aber vielleicht bald schon wieder vorbei. Hug will und muss die Messe wachsen lassen, und er scheint sich der Sache zumindest so sicher zu sein, dass er die Design-Sonderschau für 2020 schon im Kopf hat. Sogar mehr alte Möbel soll es dann wieder zu kaufen geben. Cologne Fine Art & Design,

Koelnmesse, Eingang Süd, Do.-Sa. 11-19 Uhr, So. 11-18 Uhr, 21. bis 24. November. Tageskarte: 18 Euro

KStA abonnieren