Sommer vor 50 JahrenErinnern Sie sich noch an diese 11 Sommerhits aus dem Jahr 1973?

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Mitglieder der britischen Glam-Rock-Band The Sweet.

Mitglieder der britischen Glam-Rock-Band The Sweet, von links: Steve Priest, Mick Tucker, Andy Scott und Brian Connolly, hier posierend mit Schlagzeug, England, 1971. (Archivbild)

Der deutsche Sommer 1973 kam erst im August so richtig in Schwung. Wir erinnern daran mit 11 der größten Sommerhits des Jahres.

1973 bestimmten die erste Ölkrise, die Watergate-Affäre, der Putsch in Chile und der Jom-Kippur-Krieg das Weltgeschehen. Doch davon ließen sich die Menschen im Sommer vor 50 Jahren nicht beeindrucken. In den heißen Monaten Juli und vor allen Dingen August strömten die Deutschen in die Schwimmbäder oder reisten in die Sehnsuchtsländer Spanien, Italien und Frankreich. Von dort brachten sie einige der folgenden Hits mit. Wir erinnern an die 11 größten Sommerhits des Jahres 1973.


Gilbert O'Sullivan – „Get Down“

Zehn Wochen lang stand der irische Singer-Songwriter Gilbert O'Sullivan mit seinem sommerlichen Popsong „Get Down“ auf Platz 1 der deutschen Hitparade, sodass viele Deutsche den Titel wörtlich nahmen und hofften: „runter damit“. Der Titel war einer der Hits des Jahres 1973 und auch international sehr erfolgreich.

Der im Text besungene Hund ist nur eine Metapher, in Wirklichkeit bezieht sich O'Sullivan auf eine übereifrige Frau, die sich wie ein anspringender Hund verhält, daher die Aufforderung „get down“, um dann doch nachzugeben: „Aber ich will dich immer noch um mich haben“.

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Vicky Leandros – „Die Bouzouki klang durch die Sommernacht“

Die Lieblingsgriechin der Deutschen – neben Nana Mouskouri – hatte im Sommer 1973 mit diesem ganz im Sinne ihrer Heimat instrumentierten Mitklatschlied den vielleicht größten Hit der heißen Monate. Textzeilen wie „Die Feuer gingen an, die Bouzouki klang, der Tanz begann“ ergriffen Leandros so sehr, dass sie den Ohrwurm auch auf Englisch, Französisch und Griechisch aufnahm. Was die Helenen von diesem schlageresken Klischeefest hielten, ist nicht überliefert, aber das Lied wurde auch in den Benelux-Ländern sowie in Österreich und der Schweiz ein großer Erfolg. 


The Sweet – „Hell Raiser“

An diesen Glam-Rock-Helden kam man in jenen Jahren nicht vorbei. The Sweet landeten damals einen Nummer-eins-Hit nach dem anderen. Auch „Hell Raiser“, im Sommer 1973 zwei Wochen auf Platz eins der deutschen Charts, war wieder ganz oben. „Hell Raiser“ bedeutet auf Deutsch „Höllenlärm“ oder „Teufelsanbeter“.

Letzteres traf auf die Jungs von The Sweet natürlich nicht zu, der umgangssprachliche Begriff bezeichnet eher eine Person oder eine Situation, die laut, chaotisch oder rebellisch ist. Für die damaligen Eltern war die Band mit ihrem auffälligen Make-up, den langen Haaren, den glitzernden Kostümen und dem harten, schnörkellosen Power-Rock zumindest gewöhnungsbedürftig.


Mocedades – „Eres tú“

Beim Eurovision Song Contest 1973 reichte es zwar nur zum zweiten Platz hinter Anne-Marie David, aber die Mocedades hatten einen internationalen Superhit – sogar in den USA. Vier Wochen lang waren sie allein in Spanien die Nummer eins, kein Wunder, dass die Deutschen den Song dort rauf und runter hörten und schließlich so begeistert waren, dass die Liebeshymne auch die deutschen Charts erreichte.

International blieben Mocedades ein One-Hit-Wonder, ganz im Gegensatz zur gesamten spanischsprachigen Welt, wo die Gruppe eine beeindruckende Karriere mit vielen Hits hinlegte. Noch heute haben sie weit über eine Million Zuhörer auf Spotify.


Albert Hammond – „The Free Electric Band“

Erst stimmte er die Deutschen im Frühjahr darauf ein, dass es in Kalifornien niemals regnet – „It Never Rains in Southern California“ war ab Februar sein erster Hit in Deutschland – dann hatte Albert Hammond mit „The Free Electric Band“ einen großen Sommerhit.

Das Lied handelt von der Freiheit, die der große Singer-Songwriter weder im Sommercamp noch bei Sonne und Meer in Kalifornien findet, denn gegen den Willen seiner Eltern zieht er es vor, mit seiner „Free Electric Band“ um die Häuser zu ziehen. Hammond schrieb später auch für Tina Turner, Whitney Houston, Joe Cocker oder Leo Sayer noch einige Welthits.


Katja Ebstein – „Der Stern von Mykonos“

Viele Zuschauerinnen und Zuschauer rieben sich im Corona-Sommer 2020 verwundert die Augen, als Katja Ebstein ausgerechnet mit diesem Sommerklassiker im ZDF-Fernsehgarten auftrat, denn mit dieser Art von Hits hat die Schlager- und Chansonlegende längst abgeschlossen. Und das ist noch freundlich ausgedrückt.

Aber 1973 lief der griechisch instrumentierte Schlager über das Schiff, das für einen Mann „sein Leben“ bedeutet, rauf und runter und mauserte sich im Laufe der Wochen zu Ebsteins größtem Hit – neben „Es war einmal ein Jäger“, einem weiteren Titel, den eine der besten und erfolgreichsten deutschen Sängerinnen eigentlich nicht mehr singt. Jedenfalls war das Lied so erfolgreich, dass die Ebstein es auch auf Englisch, Französisch und Spanisch aufnahm.


Suzi Quatro – „Can the Can“

Im Sommer 1973 war Suzi Quatro die heißeste Newcomerin im Musikgeschäft. Ihr Glam-Rock-Song „Can the Can“ floppte zwar in ihrem Heimatland, den USA, war aber in ganz Europa ein Megahit und führte wochenlang die Charts an. Die Single machte Quatro zur ersten weiblichen Bassgitarristin, die ein großer Rockstar wurde, und brach eine Barriere für Frauen in der Rockmusik. „Ich habe den Frauen im Rock 'n' Roll eine Stimme gegeben. So wie sie es verdienen. Eine sehr laute Stimme sogar“, sagte sie einmal dem „Spiegel“ über ihren Erfolg.


Santabárbara – „Charly“

Kaum jemand erinnert sich heute noch an Santabárbara, die spanische Popgruppe um die Musiker Enrique Milian, Mario Balaguer († 1999) und Alberto López († 1977). Doch im Sommer 1973 waren sie zwei Wochen lang die Nummer eins in Spanien und schwappten dann über Mallorca, Lloret de Mar und Sevilla bis nach Deutschland.

Ab dem Spätsommer hatten sie auch hier einen Top-5-Hit. Mit der schönen, folkloristischen Schunkelballade über den kleinen hilflosen Vogel „Charly“, der verloren auf der Straße sitzt, waren sie im Jahr darauf auch zu Gast in Ilja Richters „Disco“.


Slade – „Skweeze Me, Pleeze Me“

Der Sommer 1973 stand ganz im Zeichen des Glam-Rocks, was auch Slade mit ihrem „Skweeze Me, Pleeze Me“ bewiesen, das an Baggerseen und Stränden von der Nordsee bis nach Bayern gespielt wurde. Das Lied war ihr fünfter Nummer-eins-Hit in ihrer Heimat Großbritannien.

Dementsprechend laut grölten die Engländer den derben Rock-Song im Urlaub mit. Auch in Deutschland war das Lied mit Platz drei einer ihrer größten Hits. Der Refrain des Liedes „When a girl's meaning ‚yes‘ she says ‚no‘“ (Wenn ein Mädchen „ja“ meint, sagt sie „nein“) wäre heute in einem Songtext sicher undenkbar.


Chris Montez – „Ay no digas“

Chris Montez hat eine kuriose Karriere hinter sich. 1962 landete er als Teenager mit dem Rock'n'Roll-Klassiker „Let's Dance“ auch in Deutschland einen Riesenhit. Nach einigen Flops wandte er sich dem Easy Listening zu und landete 1966 mit der sanften Herb-Alpert-Produktion „The More I See You“ einen weiteren Hit.

Danach wurde es wieder still um ihn, bis er im Sommer 1973 mit „Ay no digas“ ein Comeback in Kontinentaleuropa feierte. Trotz des spanischen Titels, der frei übersetzt „Oh, sag es nicht“ bedeutet, war der Text englisch. Unbedingt das Video anschauen: Für das österreichische Fernsehen, wo der Titel ein Nummer-eins-Hit war, setzte er sich in eine Kutsche mit einem wackeligen Karussellpferdchen davor.


Demis Roussos – „Goodbye, My Love, Goodbye“

Wir schließen den musikalischen Reigen des Sommers 1973 mit dem Hit des Jahres. Die vielleicht größte Sommerschnulze aller Zeiten, hinreißend geschluchzt von Demis Roussos, der damit auf Platz eins der deutschen Charts seinen großen Solo-Durchbruch feierte. Zuvor war er bereits an der Seite von Vangelis mit der Prog-Rock-Band Aphrodite’s Child erfolgreich gewesen.

Produziert wurde der Song von Vickys Papa Leo Leandros, was man dem griechisch angehauchten Arrangement in jeder Sekunde anhört. Noch heute ist das Lied ein Klassiker im Schlagerradio und erinnert dort an einen großen Sänger, der leider 2015 verstorben ist.

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