Intime RetrospektiveNeue Ausstellung über Andy Warhol kommt nach Köln

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Aus der Warhol-Ausstellung in der Tate Modern London: „Marilyn Diptych 1962“

Aus der Warhol-Ausstellung in der Tate Modern London: „Marilyn Diptych 1962“

  • Er gilt als einer der wichtigsten Künstler überhaupt – Andy Warhol: Vom 10. Oktober bis zum 21. Februar 2021 wird eine große Ausstellung über den Pop-Art-Künstler im Museum Ludwig in Köln zu sehen sein.
  • Was erwartet die Besucher dort? Wir haben die Ausstellung in London vorab besucht.

Es war die wohl außergewöhnlichste Werbung, die die rund 100 Millionen US-Zuschauer jemals während einer Pause des Super Bowl zu sehen bekamen. Die Fast-Food-Kette Burger King zeigte dem Sportpublikum einen Clip, in dem Andy Warhol am Tisch sitzt und einen Whopper verspeist. 45 Sekunden lang. Keine Musik, nicht einmal eine Pointe. Nur das Rascheln des Papiers, während die Pop-Art-Ikone den Burger auspackt, zudem ein kurzer Kommentar Warhols über die Schwierigkeit, den Ketchup aus der Flasche zu schütteln.

Warum taucht ein 37 Jahre altes Video 2019 bei einer der größten und für Werbeagenturen teuersten Sportveranstaltungen der Welt auf? „Wenn dies eines zeigt, dann, dass Andy noch immer sehr stark bei uns ist“, sagt Gregor Muir, Co-Kurator der neuen Ausstellung über Warhol in der Londoner Tate Modern. Der Pop-Art-Mitbegründer sei ein Künstler, der „sich heute relevanter und einflussreicher anfühlt als je zuvor“, so Museumsdirektor Frances Morris.

Anhand von rund 100 Exponaten, darunter Zeichnungen, Videos, Prints, Fotografien und Gemälde, will die Schau das demonstrieren. Warhol, der Pop-Art-Künstler, Filmemacher, Werbegrafiker, Geschäftsmann, Superstar, Vermarkter und insbesondere ein Verkaufsschlager. Die Tate Modern aber nahm seine Empfehlung ernst. Herausgekommen ist eine intime Retrospektive, die sich an der Autobiografie des schüchternen, homosexuellen Mannes abarbeitet.

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Es geht um Familie und Identität, Lust und Sexualität, Hoffnungen und Ängste, Religion und Tod. Hier wird der Mensch präsentiert, nicht der Mythos Warhol, den der Künstler selbst miterschaffen hat, etwa mit Hilfe seiner Perücken. Bereits in seinen Zwanzigern verlor er seine Kopfbehaarung, fortan trug er demonstrativ und als Mittel der Selbstinszenierung falsche Haare als Markenzeichen. Drei von mehr als 100 Perücken werden in der Ausstellung gezeigt.

„Debbie Harry“

„Debbie Harry“

Geboren 1928 als Sohn slowakischer Einwanderer in der US-Industriestadt Pittsburgh, wurde Andrew Warhola streng katholisch erzogen. Über dem Esstisch des Familienheims etwa hing eine Kopie von Leonardo da Vincis Wandgemälde „Das Abendmahl“. Viele Jahrzehnte später sollte Warhol in einer Serie die Szene aufgreifen, sie sich aneignen, wie er das zuvor schon so oft getan hatte mit Motiven aus den Massenmedien, aus der Konsum- wie auch aus der Glitzerwelt Hollywoods.

Niemand hat Alltagsgegenstände so nachhaltig zu Kunst gemacht wie Andy Warhol. Was hätte das Enfant terrible der Kunstszene für eine Freude am Selfie-Zeitalter gehabt, an Instagram und Youtube? Er war „äußerst prophetisch“, sagt Muir und verweist auf die berühmten Worte von Warhol, nach denen in Zukunft jeder „15 Minuten lang berühmt“ sein werde. Reality-TV und sogenannte Influencer in den sozialen Medien lassen grüßen. „Er kannte die Welt, bevor er sie verlassen hat.“

„Elvis 1 and 2 1963-4“

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Der Kurator verweist auf die weniger bekannte Serie „Ladies and Gentlemen“ aus dem Jahr 1975, in der Warhol Dragqueens und Transfrauen darstellt. Der Künstler hat bereits damals Minderheiten zu einer Sichtbarkeit verholfen. „Es wird oft gesagt, dass Warhol einer der wichtigsten Künstler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war“, sagt Muir. „Doch man könnte den Standpunkt vertreten, dass er auch der wichtigste Künstler des frühen 21. Jahrhunderts ist.“

Die Ausstellung

Die Ausstellung in London bis zum 6. September. Derzeit ist sie aufgrund der Corona-Krise geschlossen, online gibt es Exponate unter:

www.tate.org.uk

Vom 10. Oktober bis zum 21. Februar 2021 ist sie im Museum Ludwig in Köln zu sehen.

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