Leserbriefe zum Muezzinruf„Wird Köln bald klingen wie Istanbul?“

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Muezzin Mustafa Kader, Imam der Kölner Zentralmoschee, rief erstmals am Freitag, 14. Oktober, Kölner Muslime per Lautsprecher zum Gebet.

Muezzinruf von Kritik begleitet – Premiere an der Kölner Zentralmoschee – Ditib will weitere Anträge stellen (15.10.) 

Unnötiges Zugeständnis an die Ditib

Ohne Not oder Notwendigkeit unterläuft die erste Bürgerin unserer Stadt, Oberbürgermeisterin Henriette Reker, eine Vereinbarung und setzt so mit Nonchalance weite Kreise der Stadtgesellschaft unter Druck. Offensichtlich fehlt mittlerweile völlig das Gespür für die Gefühle der Bürgerinnen und Bürger. Die „triumphale Eröffnung“ der Zentralmoschee durch Herrn Erdogan ist sicherlich noch sehr vielen im Gedächtnis.

Ausgeschlossen von der Feier waren die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt – angeblich ein „Kommunikationsproblem“. Nach wie vor ist die Ditib Teil des Präsidiums für religiöse Angelegenheiten der Türkei – auch wenn es aus deren Sicht anders klingt. Auf anderen Schauplätzen lässt sich derzeit sehr gut ablesen, wohin immer weitergehende Zugeständnisse führen. Danke Frau Oberbürgermeisterin, da bleiben wirklich viele Fragen offen! Georg-Heinrich Edelmann Köln

Machtdemonstration der Ditib

Über den Ruf des Muezzins zum Gebet ließe sich nicht streiten, wäre die Ditib eine normale Institution zur Religionsausübung. Denn die Freiheit der Religionsausübung ist ein verfassungsmäßiges Recht. Aber die Ditib ist auch der verlängerte Arm eines ausländischen, totalitär regierenden Despoten und damit eine weitgehend politische Organisation, die gegen eine volle Integration türkischstämmiger Mitbewohner und für eine türkische Exklave in Deutschland eintritt. Dagegen muss man politisch vorgehen. Dazu gehört, keine Visa mehr für Imame und Prediger auszustellen, die aus der Türkei geschickt werden. Deutsche islamische Religionslehrer dürfte es inzwischen genug geben. Bruno Melchert Köln

Wird Köln bald klingen wie Istanbul?

Das Recht auf Religionsfreihei ist ein derart starkes Gummiargument, dass es bereits seit langer Zeit völlig schlapp gezerrt ist. Es wird aber von Frau Reker und dem Stadtdechanten als Berechtigung angesehen, Rufe türkischer Gebetsvorlagen per Lautsprecher über Köln erschallen zu lassen. Dass das zurzeit nur die Zentralmoschee in Ehrenfeld dürfen wird, stellt keine Hoffnung auf Beschränkung dar. Wenn neun weitere Moscheen eine genehmigungsfähige Schallprognose vorlegen, wird Köln zu bestimmten Zeiten bald klingen wie Istanbul. Das hat nichts mehr mit Religionsfreiheit zu tun und belegt Köln mit einem Zwang, dem sich wohl die meisten Kölner nicht unterwerfen wollen. Rolf Havermann Bergisch Gladbach

Viel Geschrei um nichts?

In unserem Land gilt die Religionsfreiheit und dazu gehört, dass auch Muslime ihren Glauben leben dürfen. Einmal täglich freitags – und dann so ein Geschrei darüber. Wir sollten dankbar sein, dass man in unserem Land in Freiheit leben kann. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Auch Religionsfreiheit nicht. Ursula Schinkel Bergisch Gladbach

Religiöser Anachronismus

Der Muezzinruf ist ein religiöser Anachronismus im 21. Jahrhundert in einem als säkular bezeichneten Land. Dr. Joachim Bausch Lindlar

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Zweifelhafte Vielfalt

Die freie Religionsausübung ist ein hohes Gut und sollte selbstverständlich für alle Religionsgemeinschaften möglich sein. Warum allerdings der Muezzinruf einer erzkonservativen Organisation zur „Vielfalt“ beitragen soll, ist mir ein Rätsel. Was heißt denn „Vielfalt“? Dass ich als Frau beim Freitagsgebet auf die hinteren Reihen verwiesen werde und dabei auch noch ein Kopftuch tragen muss? Diese kruden patriarchalischen Strukturen in islamischen Religionsgemeinschaften machen es mir schwer, den Muezzinruf in Ehrenfeld begrüßenswert zu finden. Katrin Stern Köln

Gleiches Recht für alle Religionen

In einer Stadt mit einer Million Einwohnern ruft einmal in der Woche für fünf Minuten ein Muezzin nur so laut zum Gebet, dass man es auf der anderen Straßenseite der Moschee schon nicht mehr hören kann. Und was geschieht in Köln? Man demonstriert dagegen. Bemerkenswert ist, dass man sich nicht an der Größe der Moschee oder der Anzahl von etwa 120.000 Muslimen mit circa 45 Moscheen in Köln stört, sondern an diesem kleinen Zeichen der Gesellschaft für ein versöhnliches Nebeneinander, nicht einmal Miteinander.

Gefordert wird die weltanschauliche Neutralität des öffentlichen Raums. Das ist meines Erachtens weder umsetzbar noch wünschenswert. Mich persönlich stört es auch nicht, wenn Menschen ihre Weltanschauungen in der Öffentlichkeit zeigen. Aber fordern diese Demonstranten auch das Verbot von christlichem Glockengeläute? In meiner Heimatstadt im Sauerland wird dreimal pro Tag, um 7, 12 und 18 Uhr zum liturgischen Gebet aufgerufen, wozu die Glocken der evangelischen Kirche fünf Minuten lang derart laut läuten, dass es überall in Meinerzhagen zu hören ist, auch zu Zeiten, wo Menschen aus dem Schlaf gerissen werden. Dazu kommt manchmal mehrfach am Tag Läuten aus anderen Gründen.

Wie viele Menschen fühlen sich vom Zweck des Läutens überhaupt angesprochen? Wie viele werden tatsächlich zum Beten inspiriert? Wie viele tun dies dreimal am Tag? Warum brauchen Christen so oft eine Aufforderung oder Einladung dazu? Und was sind die Gründe dagegen, dieses Läuten auf einmal pro Tag zu begrenzen? Ich halte dieses inflationäre Geläut weder aus kulturhistorischen noch praktischen Gründen für gerechtfertigt. Ob die Demonstranten aus Köln hierfür auch auf die Straße gehen würden, um ihre Forderung nach weltanschaulicher Neutralität zu bekräftigen? Wohl kaum. Edgar Gättner Meinerzhagen

Ungleiches Maß 

Ich frage mich, ob für die Christen in der Türkei inzwischen der Kirchgang mit Glockengeläut erlaubt ist? Oder ist das Zitat „Wer in der Türkei Christ ist, zahlt einen Preis dafür“ der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte immer noch aktuell? Frau Reker sollte sich besser vorher informieren. Regina Schumann Köln

Statt Symbolpolitik echtes Miteinander fördern

Hier wirkt der integrationsfeindliche, politische Islam, wie die Eröffnung der Moschee durch Herrn Erdogan gezeigt hat. Die Ausübung dieser Form der islamischen Religion überlässt Frauen nur einen Zugang über die Hintertür zur Moschee und einen Platz am Rande unserer Gesellschaft. Auf Selbstbestimmungsbestrebungen Andersdenkender wird oft mit Verboten und Gewalt, bis hin zum Mord, nicht nur im Iran, reagiert.

In dieser Aura tritt auch Rassismus immer deutlicher in unser öffentliches Leben. Wer als Homosexueller, Christ oder Jude erkennbar abends die Ringe oder diverse Straßen in Köln langgeht, weiß wovon die Rede ist. Toleranz ist keine Einbahnstraße, mehr fordernde und fördernde Aktionen zum Miteinander sind gefragt und nicht der Support der Symbolpolitik und Ziele einer Religionsbehörde durch wenige Handelnde aus der Stadtverwaltung. Ralf Albert Röhl Köln

Hoffnung auf ein Ende des Pilotprojekts

Es ist erstaunlich, dass ein Moslem darauf aufmerksam macht, dass der politische Islam mit subtilen Mitteln seine Vorstellungen umsetzt. Es geht nicht darum, wie laut der Muezzinruf in Köln ist, sondern darum, dass er stattfindet. Die Vorstellung, dass die Erlaubnis des Muezzinrufs zur Integration beiträgt, ist naiv. Wie der politische Islam wirklich ist, kann man in Ländern wie Iran, Afghanistan und auch der Türkei deutlich sehen. Es ist nur zu hoffen, dass die Oberbürgermeisterin und die Stadtverwaltung in Köln das Pilotprojekt beenden. Hartmut Barthel Neunkirchen

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