Hurrikan über dem MittelmeerAnzeichen für Medicane verfestigen sich – Modell sieht starke Orkanböen mit 150 km/h

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Ein Ort in der griechischen Provinz Pilion ist durch die schweren Unwetter in Griechenland völlig überschwemmt. Braunes Wasser steht meterhoch in den Straßen.

In der griechischen Provinz Pilion stehen mehrere Städte unter Wasser. In der Region Thessalien hatte es am Dienstag mehr als 750 Liter Regen pro Quadratmeter gegeben – anschließend war die Wetterstation ausgefallen.

Schwere Regenfälle bringen mehr als 750 Liter Regen in 24 Stunden nach Griechenland. Wetterexperten haben das nächste beunruhigende Phänomen im Blick.

Die schweren Unwetter in Griechenland könnten laut mehreren Wettermodellen einen sogenannten Medicane, einen Mittelmeer-Hurrikan, verursachen. Das Sturmtief Daniel, das derzeit über Griechenland und das Mittelmeer hinwegzieht, könnte ab Freitag zu einem tropischen Wirbelsturm werden. Erste Anzeichen sehen Meteorologen bereits vor der Küste Afrikas.

Ein Medicane (Abkürzung für „Mediterranean Hurricane“) ist ein tropischer Wirbelsturm, der sich außerhalb der sonst üblichen Erdregionen bildet. Wettermodelle, die keine exakte Prognose sind, sagen so ein Ereignis zum ersten Mal für 2023 voraus. Er könnte weitere schwere Regenfälle und auch Orkanböen mit sich bringen.

Medicane: Meteorologen befürchten tropischen Wirbelsturm über dem Mittelmeer

Begünstigt wird er durch das extrem warme Mittelmeer, das vor der Küste Libyen immer noch eine Temperatur von mehr als 30 Grad hat. Hinzu kommt kalte Herbstluft, die in höheren Lagen derzeit über das Mittelmeer zieht. Das begünstigt die Entwicklung eines Medicanes, in einigen Wettermodellen sind bereits die typischen spiralartigen Gewitterlinien, die sich um den Kern des Sturms legen.

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Bereits in der Vergangenheit hatten Meteorologen aufgrund der durch den Klimawandel ansteigenden Temperaturen im Mittelmeer vor einem möglichen Medicane gewarnt. Ab einer Wassertemperatur von 26,5 Grad steigt die Gefahr für Wirbelstürme, ein Medicane könnte nicht nur Regen und Orkanböen verursachen, sondern auch örtlich Sturmfluten auslösen.

Medicane: Wettermodelle zeigen Anzeichen für Mittelmeer-Hurrikan – Prognosen für Nordafrika und Italien

Der Medicane bildet sich derzeit vor der Küste Nordafrikas. Noch ist allerdings unklar, ob er überhaupt Bestand hat und in welche Richtung er zieht. Die Anzeichen für einen Medicane verfestigen sich allerdings, nachdem das Sturmtief Daniel das griechische Festland verlassen hat. Der Sturm könnte am Sonntagvormittag auf die nordafrikanische Küste treffen. 

Einige Wettermodelle sehen dabei schwere Orkanböen von mehr als 150 km/h, außerdem könnten in 24 Stunden mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter fallen. Nicht vergleichbar mit den schweren Unwettern in Griechenland, aber dennoch ausreichend, um Überschwemmungen und Hochwasser zu verursachen.

Hurrikan über dem Mittelmeer: Tropischer Sturm könnte Orkanböen von mehr als 150 km/h erreichen

„Trifft der Sturm auf Land, ist eher Nordafrika im Spiel, da das Tief doch recht wahrscheinlich zumindest südwärts von Griechenland wegzieht“, erklärt der Meteorologe Felix Dietzsch vom Deutschen Wetterdienst (DWD) dem „Spiegel“.

Wettermodelle deuten derzeit nur auf die Bildung des tropischen Wirbelsturms hin. Ob er sich festigt und von Nordafrika womöglich sogar Richtung Europa zieht, ist allerdings weiterhin unklar. Einige Wettermodelle gehen davon aus, dass er Sizilien, Teile von Italiens Festland und Malta erreicht.

Medicane: Tropischer Wirbelsturm mit Orkanböen ab Donnerstag erwartet

Da sich der Medicane nicht wie ein üblicher Hurrikan über längere Zeit aufbauen kann, gehen Meteorologen davon aus, dass mögliche Regenfälle kurz, aber heftig werden. Wetterexperten rechnen mit bis zu 100 Litern pro Quadratmeter in 24 Stunden, hinzu kämen Orkanböen. Diese wären allerdings über dem Mittelmeer am stärksten.

Die Gefahr einer Sturmflut besteht angesichts der ersten Wetterprognosen allerdings nicht, da der Medicane keine ausreichenden Windstärken erreichen würde. Dennoch könnte er auf Bewohner von Küstenregionen angesichts der zu erwartenden schweren Regenfälle Auswirkungen haben, örtlich könnte es erneut Überschwemmungen geben. CNN-Meteorologe Derek van Dam erklärte: „Dieser Sturm wird sich nur langsam verziehen, was die Bedrohung für die Region noch verstärkt.“

Schwere Unwetter in Griechenland: Wetterstation misst mehr als 750 Liter Regen in 18 Stunden

Die griechische Region Thessalien war am Dienstag von Sturmtief Daniel mit Rekord-Regenmengen getroffen worden. Die Wetterstation in Zagora zeichnete 754 Liter Regen pro Quadratmeter in 24 Stunden auf, bevor sie ausfiel – mehr als das Dreifache der Regenmenge der Flutkatastrophe im Ahrtal.

In den vergangenen Tagen hatte es bereits in den Alpen schwere Unwetter gegeben, im Schweizer Kanton Tessin waren in knapp drei Tagen 450 Liter Regen gefallen. Europa wird seit Monaten von schweren Unwettern heimgesucht, in Slowenien kam es ebenfalls zu Überschwemmungen.

Zahlreiche Orte in der Region im Osten Griechenlands wurden überschwemmt, in mehreren Küstenorten trieben Autos in das Ägäische Meer. Am Mittwoch sollen die schweren Regenfälle anhalten, Meteorologen rechnen mit weiteren 500 Litern Regen pro Quadratmeter bis zum Abend. Dann wären in Griechenland in zwei Tagen mehr als 1000 Liter Regen gefallen.

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