Bundestag stimmt abKritik an geplanter Diätenerhöhung für Abgeordnete

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Deutscher Bundestag

Abgeordnete im Deutschen Bundestag.

Berlin – Nicht nur die Bildung einer neuen Bundesregierung verläuft schleppend, auch im Bundestag geht vieles noch nicht den normalen Gang: Etliche Abgeordnete haben noch immer keine Büros und Telefone, Ausschüsse sind noch nicht bestimmt und auch einer der Vize-Präsidenten muss noch gewählt werden. Geht es um das Einkommen der Parlamentarier, funktioniert aber alles tadellos: Am Mittwoch wird der Bundestag in einem seiner ersten Beschlüsse der neuen Legislaturperiode festlegen, dass die Diäten der Abgeordneten weiter regelmäßig steigen.

In der vergangenen Wahlperiode hatte der Bundestag beschlossen, die Entschädigungen für die Bundestagsabgeordneten regelmäßig nach einem festgelegten Verfahren zu erhöhen. Immer zum 1.Juli eines Jahres werden die Diäten gemäß der aktuellen Lohnentwicklung angepasst. Der dafür genutzte „Nominallohnindex“, der die Verdienstentwicklung der abhängig Beschäftigen widerspiegelt, wird jährlich von Statistischen Bundesamt festgelegt.

Zum 1. Juli dieses Jahres stieg der Betrag nach der Regel um 2,3 Prozent auf 9541,74 Euro. Mit diesem automatischen Verfahren wollten die Abgeordneten verhindern, dass die Diätenfrage immer wieder breit in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Bis zu der Änderung waren die Entschädigungen im Abstand mehrerer Jahre erhöht worden, dann aber mit größeren Sprüngen, was immer wieder zu Kritik geführt hatte.

Bis Januar ist Zeit für einen Beschluss

Das neue Anpassungsverfahren, das erstmals im Sommer 2016 angewendet wurde, bleibt in einer neuen Wahlperiode aber nur wirksam, wenn der Bundestag innerhalb von drei Monaten nach der konstituierenden Sitzung einen entsprechenden Beschluss fasst. Fehlt dieser, gilt der letzte Betrag so lange weiter, bis der Bundestag das Verfahren in einem Gesetz bestätigt oder ändert.

Die konstituierende Sitzung des Parlamentes war am 24. Oktober, Zeit für einen Beschluss bliebe also eigentlich bis Ende Januar. Aber schon an diesem Mittwoch soll der Antrag 19/236, mit dem eine Fortführung der Regelung erreicht wird, im Bundestag beschlossen werden - ohne jede Aussprache. Der Antrag war am Montag von Union, SPD und FDP eingebracht worden und enthält nur einen Satz: „Das Anpassungsverfahren (...) bleibt für die 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestags wirksam.“ Die normalerweise bei Bundestagsanträgen angefügte Begründung fehlt.

Union, SPD und FDP haben zusammen eine breite Mehrheit, so dass der Beschluss als sicher galt. Auch die Grünen wollen zustimmen. Die Parlamentarische Geschäftsführerin Britta Haßelmann sagte dieser Zeitung, eine unabhängige Kommission habe 2013 Empfehlungen zu einer Reform der Abgeordnetendiäten abgegeben, um mehr Nachvollziehbarkeit und Transparenz zu erreichen. „Der jetzige Mechanismus folgt diesen Empfehlungen, weswegen wir dem Beschluss im Bundestag zustimmen werden.“ Die Grünen setzten sich aber gleichzeitig für eine Reform der Altersversorgung der Abgeordneten ein, die stärker an die Realität von Altersbezügen der Arbeitnehmern angelehnt werden müsse.

Linken-Mann Bartsch kritisiert Antrag

Die Linkspartei wird den Antrag dagegen nicht unterstützen. „Die Linke wird diesem Automatismus der Diätenerhöhung, der ohne jegliche Debatte beschlossen werden soll, nicht zustimmen“, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch dieser Zeitung. Bei der AfD-Fraktion war zunächst niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

Scharfe Kritik kam vom Bund der Steuerzahler. „Wieder einmal wollen sich die Abgeordneten klammheimlich höhere Diäten gönnen, ohne dass die Bürger davon etwas erfahren sollen“, kritisiert Verbandschef Reiner Holznagel. Wenn es um die steuerfinanzierte Bezahlung von Politikern gehe, sei völlige Transparenz nötig. Der geplante Beschluss sei das Gegenteil davon, einen „Diätenautomatismus“ dürfe es nicht geben. „Sie (die Abgeordneten) scheuen die Rechtfertigung für höhere Diäten und lehnen sich zurück, während ihre Bezüge automatisch steigen“, kritisierte er. „Die Abgeordneten müssen sich darüber bewusst sein, dass so ein Gebaren die Politikverdrossenheit der Bürger schürt“, so der Verbandschef. 

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