CDU in NRWDer Kandidaten-Check – Wer folgt auf Armin Laschet?

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NRW Landtag

Blick in den NRW-Landtag: Im Jubiläumsjahr der Landesverfassung sind die Politiker wegen der Corona-Pandemie mit Schutzwänden getrennt.

Köln – Hendrik Wüst, Ina Scharrenbach und Herbert Reul sind als mögliche Nachfolger für Armin Laschet im Amt des Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen im Gespräch. Die Kandidaten im Check:

Hendrik Wüst

Bekanntheitsgrad: Hendrik Wüst(46) ist schon lange im politischen Geschäft. 2017 gab ihm Laschet das Verkehrsministerium, um einen Kritiker in die Kabinettsdisziplin einzubinden. Seitdem kämpft Wüst für die Erneuerung der maroden Infrastruktur und für neue Mobilitätskonzepte. Seine Themen finden viel Beachtung; sein Gesicht dürfte in der Öffentlichkeit noch unbekannt sein.

Hendrik Wüst

Hendrik Wüst, Jurist, geb. 19. Juli 1975 in Rhede (Westfalen)

Popularität: Wüst gibt sich einen grünen Anstrich, er war der erste Verkehrsminister, der ein Fahrradgesetz auf den Weg gebracht hat. Wüst hat kürzlich eine Familie gegründet und ist Vater einer kleinen Tochter. Das könnte ein Pluspunkt sein, wenn es um seine Glaubhaftigkeit bei Zukunftsthemen geht.

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Rückhalt in der Partei: Die CDU-Fraktion steht fast geschlossen hinter Wüst. Ebenso die Junge Union und die Mittelstandsgesellschaft, deren Vorsitzender er ist. Wüst ist bemüht, sein konservatives Image abzustreifen.

Möglicher Weg ins Amt: Mit Wüst könnte die NRW-CDU die Laschet-Nachfolge am einfachsten lösen. Er verfügt über das Landtagsmandat, das laut NRW-Verfassung für eine Nachwahl erforderlich ist. Wüst möchte beim Landesparteitag am 24. Oktober zum neuen CDU-Chef gewählt werden. Die Wahl zum Ministerpräsidenten im Landtag würde Anfang November stattfinden.

Stärken: Sollte Wüst zum Ministerpräsidenten gewählt werden, könnte er mit einem Amtsbonus in die Landtagswahl im Mai 2022 ziehen. Als Mitglied des Landtags könnte er also im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern ohne Klimmzüge in Amt kommen.

Angriffsflächen: Wüst war CDU-Generalsekretär in der Regierungszeit von Jürgen Rüttgers. Er wurde 2010 für das Scheitern der Wiederwahl von Rüttgers mitverantwortlich gemacht. Möglich, dass die Pannen von damals aufgewärmt werden, um Wüst zu diskreditieren.

Fazit: Wüst hat die besten Chancen, Laschet-Nachfolger zu werden. Er hat den festen Willen, die Führung der Landespartei zu übernehmen und verfügt über schlagkräftige Unterstützung.

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Ina Scharrenbach

Bekanntheitsgrad: Ina Scharrenbach (44) führt das 2017 geschaffene Heimatministerium an. Das hat ihr viel Aufmerksamkeit eingebracht. Als Ministerin für Bauen und Wohnen ist sie viel im Land unterwegs, die Zuständigkeit für die Kommunen sorgt für gute Vernetzung. An ihrem Bekanntheitsgrad müsste sie noch arbeiten.

Ina Scharrenbach

Ina Scharrenbach, Diplom-Betriebswirtin, geb. 30. September 1976 in Unna  

Popularität: Die Heimatministerin war schon vor ihrer Ernennung Mitglied in zahlreichen Vereinen, die sich um das Brauchtum kümmern. Sie findet es wichtig, „volksnah“ zu sein. Als einzige der Bewerber reklamiert sie für sich explizit ein soziales Profil.

Rückhalt in der Partei: Scharrenbach ist stellvertretende Landeschefin der NRW-CDU. Die starke Frauen-Union steht geschlossen hinter ihr wie auch Teile des Arbeitnehmerflügels. Im von Männern dominierten Partei-Establishment gibt es aber auch Vorbehalte, weil sie sich oft selbstbewusst in „fremde Reviere“ einmischt .

Möglicher Weg ins Amt: Wie Reul verfügt Scharrenbach nicht über ein Landtagsmandat. Auch sie könnte nur über Umwege kandidieren. Den Einzug ins Parlament bei der Landtagswahl 2017 hatte sie knapp verpasst.

Stärken: Scharrenbach wäre die erste Frau in der NRW-CDU , die sich für das Spitzenamt bewerben würde. Dies könnte ein Vorteil gegenüber Thomas Kutschaty von der SPD sein. Auch die Grünen werden wohl mit einer Frau als Spitzenkandidatin antreten. Für die CDU wäre die Kandidatur ein Signal für den Aufbruch.

Angriffsflächen: Scharrenbach steht wie Reul wegen des Polizeieinsatzes im Hambacher Forst in der Kritik. Der Wald war unter Berufung auf den Brandschutz geräumt worden – ein Vorwand, der nach Auffassung des Verwaltungsgerichts rechtswidrig war.

Fazit: Dass Ina Scharrenbach sich am Ende durchsetzt, ist eher unwahrscheinlich. Dafür hätte sie ihren Machtanspruch kraftvoller untermauern müssen. Perspektivisch ist mit Scharrenbach aber zu rechnen. Spätestens dann, wenn die Landtagswahl 2022 verloren gehen sollte und der Ruf nach einem Neustart laut wird.

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Herbert Reul

Bekanntheitsgrad: Innenminister Herbert Reul (69) gehört zu den bekanntesten Gesichtern der NRW-CDU, seine mediale Präsenz ist enorm. Wenn die Polizei neue Uniformen bekommt, probiert Reul die Schutzwesten an. Bei Razzien gegen Clans, Rocker und Islamisten ist er oft vor Ort und zeigt sich als Speerspitze seiner „Null-Toleranz-Strategie“.

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Herbert Reul, Gymnasiallehrer, geb. 31. August 1952 in Langenfeld

Popularität: Reul ist ein volksnaher Minister ohne Allüren. In der Polizei ist der Vater von drei Töchtern beliebt, weil er die Ausstattung modernisiert. Bei der Aufklärung der Ermittlungspannen im Kinderpornoskandal von Lügde hat er sich intern viel Respekt verschafft.

Rückhalt in der Partei: Bei einer Urwahl wären Reul wohl die meisten Stimmen in der Partei sicher. Er kennt die NRW-CDU wie kein anderer, weil er früher Generalsekretär war. Als Innenminister nimmt er sich die Zeit, abends als Redner in den Kreisverbänden aufzutreten. Reul kann weltoffen und knallhart zugleich sein.

Möglicher Weg ins Amt: Gemäß Landesverfassung kann nur ein Mitglied des Landtags vor Ablauf der Legislaturperiode zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Reul hat kein Mandat. Er müsste auf Neuwahlen setzen oder eine Übergangslösung basteln, in der ein Platzhalter den Regierungsposten bis zur Landtagswahl übernimmt. Ein kompliziertes Verfahren.

Stärken: Reul werden in der CDU die besten Chancen eingeräumt, die Landtagswahlen im nächsten Jahr gewinnen zu können, falls er für das Amt kandidieren sollte.

Angriffsflächen: Reul ist – wie Laschet – durch und durch Rheinländer. Wenn man ihm ein Mikrof hinhält, plaudert er los, was angesichts der sozialen Netzwerke hochriskant ein kann. Wegen der Räumung des Hambacher Forstes ist Reul ein Feindbild der Umweltaktivisten.

Fazit: Der Leichlinger hat eine Chance, wenn CDU und FDP bei der Wahl von Wüst zum Ministerpräsidenten keine Mehrheit zustande bringen. Dann könnte der Ruf nach Neuwahlen laut werden.

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