Das Fundament für Gespräche ist dünnGrüne und FDP wollen Gemeinsamkeiten ausloten

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Die Spitzenkandidaten von FDP und Grünen hatten bisher nicht den besten Draht zueinander.

Die Spitzenkandidaten von FDP und Grünen hatten bisher nicht den besten Draht zueinander.

Berlin – Den ersten Schachzug tat FDP-Chef Christian Lindner, als er am Wahlabend in der sogenannten Elefantenrunde Grünen-Chefin Annalena Baerbock vor laufender Kamera ein Treffen nur zwischen Vertreterinnen und Vertretern von Liberalen und Grünen anbot, das vor allen anderen Sondierungsgesprächen stattfinden sollte. Dem Vernehmen nach soll es heute zu einem solchen Treffen kommen. Offiziell bestätigen wollen die Parteien den Termin mit Verweis auf Vertraulichkeit aber nicht.

Grüne und Liberale haben viele gute Gründe zunächst miteinander zu beraten, bevor sie die Gesprächseinladungen von SPD und Union annehmen. Die beiden Parteien sind wie Feuer und Wasser. Sie sind sich vor allem kulturell fremd.

Nachdem 2017 die Jamaika-Sondierungen gescheitert waren, wäre es eigentlich an der Zeit gewesen, dass FDP und Grüne belastbare Gesprächskanäle miteinander aufbauen. Das ist aber nur in sehr geringem Umfang geschehen. So trafen sich Abgeordnete in einer Bar in Berlin-Schöneberg auf Einladung der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Konstantin von Notz (Grüne) und Stephan Thomae (FDP). Ein knappes Dutzend Mal kam man in dieser informellen Runde zusammen. Eine entscheidende Grundlage für eine mögliche künftige Koalition waren diese Treffen aber nicht. Thomae und von Notz sind beide Innenpolitiker. Ein politisches Feld, auf dem sich Grüne und Liberale schon immer recht gut verstanden haben. Von Treffen der Wirtschafts- und Finanz- oder Sozialpolitiker ist nichts bekannt. Zudem besuchten von den Grünen immer nur die Politikerinnen und Politiker vom Realo-Flügel diese Runden. Die neue Grünen-Fraktion ist nun auch noch ein wenig nach links gerückt mit Neuzugängen aus der Grünen Jugend und Aktivisten von Fridays For Future.

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Kontakte auf fachlicher Ebene

Auf fachpolitischer Ebene gibt es zahlreiche persönliche Kontakte. So loben immerhin die Parlamentsgeschäftsführerin der Grünen Britta Haßelmann und ihr Pendant von den Liberalen Marco Buschmann die jeweilige Verlässlichkeit des anderen. Und man sollte es kaum glauben: Auch die sehr unterschiedlichen Charaktere aus dem Bundestagspräsidium, Claudia Roth und Wolfgang Kubicki, begegnen sich mit großem persönlichen Respekt und gehen herzlich miteinander um. Bekannt ist auch, dass FDP-Chef Christian Lindner und Grünen-Vorsitzender Robert Habeck einen guten persönlichen Draht zueinander haben.

Mit Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hingegen funktioniert es bisher nicht. Es gibt schlicht keine persönlichen Gesprächsfäden. Zudem erzählen die Liberalen von Begegnungen mit Annalena Baerbock aus den Sondierungen von 2017, bei denen die Grünen-Chefin nicht gut wegkommt.

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Das Fundament ist also dünn, auf dem die ersten Gespräche stattfinden werden. Von beiden Seiten hieß es übereinstimmend, man wolle nach Gemeinsamkeiten suchen. Finden wird man diese auf den Feldern Innen- und Außenpolitik, Bildung und Digitalisierung sowie Gesellschaftspolitik. Und auf die Legalisierung von Cannabis würde man sich auch schnell einigen können. Schwierig wird es bei Wirtschaft- und Finanzen, Klima sowie bei der ganzen Palette der Sozialpolitik: Rente, Gesundheit, Pflege, Familie. Ein weiteres Ziel des ersten Treffens wird sein, eine Strategie auszuloten, sich von der künftigen Kanzlerpartei nicht auseinandertreiben zu lassen.

Gemeinsam ist Grünen und Liberalen auch, dass sie vor allem von jungen Menschen gewählt werden. Die Grünen lagen bei den unter 30-Jährigen bei der Bundestagswahl vorne, auch vor SPD und Union. Die Liberalen führen das Ranking bei den Erstwählerinnen und -wählern an. Zudem sind beide Parteien nicht mehr das Beiboot einer der früheren Volksparteien. Den Kanzler machen können sie aber nur gemeinsam.

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