Kommunalwahl in KölnSpannender Wettstreit in der Innenstadt

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Wahlserie innenstadt

Sebastian Mies (CDU), David Lutz (Grüne) und David Hartung (SPD)

Köln-Innenstadt – In der Innenstadt verdichten sich Kölns Probleme. Die Interessen von Radfahrern, Autofahrern und Fußgängern prallen aufeinander. Konflikte zwischen Gastronomen und Anwohnern sind allgegenwärtig. Mieter und Eigentümer streiten um die besten Mittel gegen immer weiter steigende Mieten. Anwohner kämpfen erbittert gegen Neubauten und um Grünflächen, ja sogar um einzelne Bäume, weil sie fürchten, dass die Innenstadt nicht gut vorbereitet ist für den Klimawandel.

Die Kandidaten, die den Stadtbezirk künftig im Rat vertreten wollen, stehen vor der Entscheidung: Ausgleichen oder eindeutig Position beziehen? Sicher ist: Wer in der Innenstadt gewinnen will, muss sich anstrengen. Grüne, SPD und CDU lagen beim letzten Mal in den meisten Wahlbezirken nicht weit auseinander.

Spannend wird die Entscheidung auch im Wahlbezirk 1, zu dem das Severinsviertel, St. Georg, der Chlodwigplatz und die Stollwerck-Siedlung gehören – dicht bebaute Altstadtviertel mit Szenekneipen, einer traditionsbewussten Einkaufsstraße, alternativen Hausprojekten, dem U-Bahn-Bau und einer sozialen Mischung, die durch Aufwertung zerstört zu werden droht. Kann die SPD hier ihr Mandat verteidigen? Die drei Kandidaten von SPD, CDU und Grünen in diesem Wahlbezirk sind zum ersten Mal auf Wahlplakaten zu sehen. Sie vertreten großstadttaugliche Positionen, unterscheiden sich dennoch wahrnehmbar in ihren Schwerpunkten.

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Autofreie Superblocks in Köln wie in Barcelona

David Hartung, SPD, ist 34 Jahre alt und will die „Anwohner mitnehmen“, wenn es um die Zukunft des Verkehrs geht. Er, selbst im Außendienst tätig und „auf das Auto angewiesen“, will die Pendler aus dem Viertel raushalten und gleichzeitig Alternativen anbieten, P+R-Anlagen ausbauen, „Veedelsgaragen“ errichten und ein Parkleitsystem installieren. David Lutz, 41, tritt für die Grünen an. Er will möglichst wenig Autoverkehr im Veedel und die Anwohner mit „neuen Konzepten abholen“. Als Vorbild nennt er die autofreien Superblocks in Barcelona, verspricht sich davon mehr Platz für die Gastronomie und „nachmittags die Pänz auf der Straße“. Veedelsgaragen und ein Parkleitsystem stehen ebenfalls auf seiner Liste.

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Und auch der CDU-Kandidat Sebastian Mies, Jahrgang 1985, nutzt die beiden Schlagwörter, wenn er seine Vorstellung von „vernetzter Mobilität“ erläutert. Wie sein Konkurrent von der SPD macht er brauchbare Alternativen für Autofahrer zur Voraussetzung. Mies will sich dem Wohnungsdruck widmen, dem anderen großen Thema in der Südstadt. Er hält eine Milieuschutzsatzung, die SPD und Grüne befürworten, nicht für den besten Weg. Sie schaffe „keine Klarheit“, weder für die Vermieter noch für die Mieter, die vor Verdrängung geschützt werden sollen. SPD-Kandidat Hartung engagiert sich dagegen in einer Bürgerinitiative, die die konsequente Umsetzung der Satzung fordert. „Den Vermietern, denen es nur ums Geldverdienen geht, muss man deutliche Zeichen setzen“, sagt er. Auch Grünen-Kandidat Lutz will einen konsequente Milieuschutz. Wie die anderen beiden Kandidaten setzt er daneben auf Neubauviertel. In der Parkstadt Süd, die auf dem heutigen Großmarkt geplant wird, solle sich die „gesamte Gesellschaft widerspiegeln“. Und er verbindet Wohnungs- mit Verkehrspolitik. Die Verkehrswende könne für Entlastung sorgen, sagt Lutz, wenn bezahlbare Wohnungen außerhalb der Innenstadt entstünden, aber gut angebunden würden. 

Köln: „Wir geben die SPD nicht auf“

Interessant ist, was die Nominierung der drei Kandidaten über die Lage in ihrer eigenen Partei aussagt. Sie zählen alle zum politischen Nachwuchs, der sich in der Altstadt Süd nun beweisen kann. „Die Leute sollen sehen, dass wir die SPD nicht aufgeben“, sagt Hartung. Im Wahlkampf tritt er gemeinsam mit Sanae Abdi auf, eine 33-jährige Juristin, die in der Neustadt Süd kandidiert. Sie hat im Gegensatz zu Hartung einen aussichtsreichen Listenplatz. „Für jemanden wie Sanae habe ich gerne verzichtet. Die Partei wird dadurch weiblicher und bunter.“ Bei der Nominierung seines Ortsvereins setzte sich Hartung gegen den erfahrenen Ratsherrn Walter durch, wenn auch knapp. Für die künftige SPD-Fraktion im Rat hofft er auf einen „großen Block unvoreingenommener“ Genossen, auch mit Blick auf das zuletzt arg zerrüttete Verhältnis zum ehemaligen grünen Kooperationspartner.

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Auch David Lutz steht für Veränderungswillen. Schon vor 15 Jahren wurde er Mitglied bei den Grünen, trat aber dann aus Protest gegen die Schulpolitik der rot-grünen Landesregierung wieder aus. Vor drei Jahren kam er zurück. Er fordert seine Partei auch in der Verkehrspolitik. „Mit der Umsetzung der Verkehrswende bin ich nicht zufrieden“, sagt er zu seiner Motivation für die Kandidatur. Auch in den anderen Innenstadt-Wahlbezirken haben sich bei den Grünen Neueinsteiger durchgesetzt. „Ein bisschen mehr Utopie in der Realpolitik“ erhofft sich Ex-Fraktionschefin und Urgestein Barbara Moritz. „Die Jungen wollen deutliche Konturen“, sagt sie.

Führender Funktionär in Köln spricht von „Spaltung“

Sebastian Mies glaubt, dass die CDU auch in der Südstadt „durchaus wählbar“ sei. Damit ist er nicht allein. Doch ausgerechnet in dem linksliberalen Milieu hatten Sympathisanten der rechten „Werteunion“ versucht, die CDU für sich zu vereinnahmen. Mandatsträger der Kölner CDU warnten vor einer Unterwanderung. Für die Neustadt Süd, die an den Wahlbezirk von Sebastian Mies angrenzt, war zunächst Sigrid Mulas nominiert, die aus ihrer Abneigung gegen Angela Merkels Flüchtlingspolitik und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet keinen Hehl macht. Mulas trat zwar nicht mehr an, als die Kandidaten im Mai wegen der Neuaufteilung der Wahlbezirke erneut benannt werden mussten – aus beruflichen Gründen, wie Mulas auf Anfrage mitteilt. Stattdessen wurde Simone-Chantal Büttgenbach aufgestellt. Im Ortsverband hatte der Streit aber bereits Spuren hinterlassen. Ein führender Funktionär sprach von „Spaltung“.

Sebastian Mies ist 2017 wegen des Erfolgs der AfD bei den Bundestagswahlen in die CDU eingetreten. Es habe ihm nicht mehr gereicht, nur am „Spielfeldrand zu sitzen“. Der Streit um die Werteunion in seinem Ortsverband habe ihn nicht beeinflusst. Er will sich auf die Probleme des Viertels konzentrieren und hofft auf deutliche Zuwächse.  

Sechs Wahlbezirke in der Innenstadt

Die Kölner Innenstadt einschließlich Deutz ist in sechs Wahlbezirke aufgeteilt. Im Wahlbezirk 1 (Altstadt-Süd) hatte die SPD bei der letzten Kommunalwahl mit 29,4 Prozent die Nase vorn. Die Grünen kamen auf 25,8 Prozent. Die CDU landete abgeschlagen auf Platz drei.

Der Wahlbezirk 2 (Südstadt) ist eine Hochburg der Grünen. Ratsfrau Marion Heuser holte 2014 satte 32,6 Prozent. Gegen die Favoritin geht Sanae Abdi, eine 33-jährige SPD-Newcomerin, ins Rennen. Simone-Chantal Büttgenbach tritt für die 2014 weit abgeschlagene CDU an. Für die Linken war dieser Innenstadtwahlbezirk ihr stärkster. Zum Wahlbezirk 3 gehören Teile der Altstadt und der Neustadt. Lino Hammer, seit 2018 Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, übernimmt die Kandidatur vom grünen Bürgermeister Andreas Wolter, der 2014 deutlich mit 30,4 Prozent gewann. Für die SPD tritt die 30-jährige Lehrerin Maria Helmis an. Noch jünger ist der CDU-Kandidat Alexander Yohannes. Für die FDP wirbt ihr langjähriger Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite um Stimmen.

In der gesamten Innenstadt prägt der Zweikampf zwischen SPD und Grünen die Auseinandersetzung, doch wenn diese fast gleich stark werden, kann sich die CDU wieder gute Chancen ausrechnen. So holte ihr Ratsherr Dirk Michel bei der letzten Wahl den Wahlbezirk 4, zu dem das Kunibertsviertel, ein Teil des Belgischen Viertels und ein großer der City gehören. Mit 26,1 Prozent lag er knapp vor den Kandidaten der Grünen (24,5 Prozent) und der SPD (23,5 Prozent). Für die Wählergruppe Gut kandidiert hier André Sauer, Ex- Betreiber des King Georg am Ebertplatz.

Im Wahlbezirk 5, Neustadt Nord und Teile des Eigelsteins, kandidiert die Finanzexpertin Sandra Schneeloch für die Grünen, die bei der letzten Wahl knapp vor der SPD gewann. Die gut vernetzte SPD-Bezirksvertreterin Regina Börschel will eine Revanche. Florian Weber wirbt um Stimmen für die CDU. Ralph Sterck, dienstältester Fraktionsvorsitzender im Rat, kämpft für die FDP; Ratsmitglied Gisela Stahlhofen für Die Linke.

Noch knapper war es im Wahlbezirk 6, zu dem Deutz und ein kleiner Teil der City um den Heumarkt gehören. 34 Stimmen Vorsprung hatte SPD-Ratsherr Dietmar Ciesla-Baier vor der grünen Konkurrentin. Für die Grünen tritt hier nun der ehemalige Parteichef Hans Schwanitz an. Der 25-jährige Mario Schmitz steht für die CDU auf dem Wahlzettel, Die Linke ist mit ihrem profilierten Schulpolitiker Heiner Kockerbeck im Rennen. (phh, fra) 

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