Mallorca-Aufenthalt während der FlutUrsula Heinen-Essers Salamitaktik

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Heinen-Esser Archiv 070422

NRW-Umweltministerin Heinen-Esser bei einem Interview mit dem "Kölner-Stadt-Anzeiger" im September 2021.

Düsseldorf – Die Affäre um einen umstrittenen Mallorca-Aufenthalt der Umweltministerin während der Flutkatastrophe weitet sich aus. Ursula Heinen-Esser (CDU) ist vor allem wegen der Salami-Taktik, mit der sie während der vergangenen Wochen immer nur scheibchenweise Fehler eingeräumt hatte, in die Kritik geraten. Wir zeichnen die Chronologie ihrer Einräumungen nach.

Freitag, 25.Februar:

Umweltministerin Heinen-Esser steht zum ersten Mal vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags zur Flut. Sie gibt an, sie sei während der Katastrophe und auch während der Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli in ihrer Zweitwohnung in Spanien gewesen. Von dem drohenden Unwetter habe sie am 13. Juli erfahren, erklärt Heinen-Esser. Bereits früher eingehende Warnungen seien ihr nicht übermittelt worden. Am 15. Juli flog sie nach eigenen Angaben von Spanien zurück nach NRW, zwei Tage später wieder zurück nach Mallorca. Als Grund gibt sie ihre minderjährige Tochter an, die während ihrer Abwesenheit in Spanien zurückgeblieben sei. Die Ministerin gibt zu Protokoll, sie habe sich auf Mallorca um die Rückreise aller Urlaubsteilnehmer kümmern müssen. „Ich habe dort aber meine Amtsgeschäfte vollumfänglich wahrgenommen", beteuert sie.

Als in der Sitzung über das angebliche Rückflugdatum von Malorca nach Düsseldorf am 21. Juli gesprochen wird, schweigt sie und lässt die Möglichkeit der Korrektur verstreichen.

Heinen-Essers Büroleiterin gibt bei der Zeugenvernehmung an, sie wisse nicht, wann und ob überhaupt die Umweltministerin nach Mallorca geflogen sei.

Montag, 7. März:

SPD und Grüne haben eine Sondersitzung beantragt, in der die CDU-Politikerin erklären soll, warum sie kurz nach der Juli-Flut zurück zu ihrem Zweitwohnsitz nach Mallorca reiste. Die Parteien verlangen, dass die Ministerin Einblicke in ihre Privatsphäre gewährt. Sie stellen Fragen: „Wieso konnte die Tochter eigentlich nicht von dem Ehemann von Frau Heinen-Esser oder einer anderen Person abgeholt werden?", will SPD-Politiker Kämmerling wissen. Auch stelle sich die Frage, wer sich zwischen dem 14. und dem 17. Juli um die Tochter gekümmert habe und warum die Rückholung vier Tage dauerte. Kämmerling verlangt zudem die Herausgabe der genauen Flugdaten.

Bei der CDU lösen die Nachfragen der Opposition Empörung aus. „Der Untersuchungsausschuss hat einen klaren Auftrag: Er soll Fehler im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe sowie strukturelle Probleme aufdecken - und nicht das Familienleben von Mitgliedern der Landesregierung in die Öffentlichkeit zerren", sagte Thomas Schnelle, Obmann der CDU im Untersuchungsausschuss, dem „Kölner Stadt-Anzeiger". „Das wäre geschmacklos und unparlamentarisch."

Donnerstag, 17. März:

In einer nichtöffentlichen Sitzung legt der Ausschuss fest, dass sich Heinen-Esser ein zweites Mal zur Flutkatastrophe im Düsseldorfer Landtag erklären muss. Die Politikerin aus Köln soll am 22. April erneut auch zu ihrem Aufenthalt auf Mallorca vernommen werden.

Donnerstag, 24. März:

In einem Interview mit der Rheinischen-Post entschuldigt sich Heinen-Esser dafür, während der Flut eine Woche nicht in NRW gewesen zu sein. Hier erwähnt sie, dass nicht nur ihre Tochter, sondern auch vier ihrer Freundinnen und Freunde sowie Heinen-Essers Ehemann auf Mallorca zurückgeblieben waren. „Meine minderjährige Tochter war mit vier 14- und 15-jährigen Freundinnen und Freunden in unserer dortigen Wohnung. Ich hatte ihr dies nach zwei Jahren Pandemie ohne Urlaub versprochen", erklärte Heinen-Esser. „Es war meine Verantwortung, die Kinder persönlich zu betreuen und ihre Rückkehr zu organisieren. Ich konnte das meinem 76-jährigen Mann nicht zumuten. Wir sind dann als Familie am darauffolgenden Wochenende zurückgeflogen", fügte die Politikerin aus Köln hinzu. Sie verstehe, dass dies von Kritikern „als unsensibel empfunden" worden sei.

Montag, 28. März:

Ein weiteres Detail bringt Heinen-Esser erneur in Erklärungsnot. Ihr Schreiben an Ausschusschef Ralf Witzel (FDP) offenbart, dass sie während der Flut länger auf Mallorca weilte, als bislang angegeben. Sie sei demnach erst am 25. Juli nach Düsseldorf zurückreiste, nicht am 21. Juli. „Der Rückflug erfolgte am 25. 07. 2021 (Flugnummer EW 599, Palma de Mallorca - Köln/Bonn, Abflug 17.30Uhr)," schreibt Heinen-Esser an den Ausschuss. Die Ministerin erklärt, „infolge eines Büroversehens ist in dem Schreiben an die Staatskanzlei als Ende der Vertretungsregel der 21.7. angegeben“. Auch sei sie nach ihre Reiseunterbrechung bereits einen Tag früher als ursprünglich angegeben, nämlich am Freitag, 16. Juli, um 16.15 Uhr, wieder zurück nach Palma geflogen.

Vorwürfe, den Ausschuss bewusst in die Irre geführt zu haben, weist Heinen-Esser zurück. Sie selbst habe nie Aussagen zu Dauer und genauen Daten ihres Aufenthalts gemacht.

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Freitag, 1. April:

Die „Kölnisch Rundschau" berichtet von einer Mail, aus der hervorgeht, dass Heinen-Essers Büroleiterin – anders als angegeben – in die Flugbuchungen eingebunden war, also die genauen Daten gekannt haben muss.

Samstag, 2. April:

Ursula Heinen-Esser weist Vorwürfe, sie habe ihren Job nicht erledigt, auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger" zurück. Sie sei auf Mallorca voll arbeitsfähig gewesen. Sie habe iPad und Tatstatur plus Ersatzgerät dabei gehabt.

Mittwochabend, 6. April:

Die CDU-Umweltministerin bestätigt auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger", mit ihren Partei- und Kabinettskollegen Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner, Bauministerin Ina Scharrenbach und der damaligen Integrations-Staatssekretärin Serap Güler am 23. Juli auf Mallorca den Geburtstag ihres Mannes gefeiert zu haben. Heinen-Esser bittet um Entschuldigung und gibt an, sie würde sich heute von vornherein anders organisieren. Den Vorwurf, das Parlament falsch über die Feier informiert zu haben, weist sie allerdings von sich. Sie wolle im Amt bleiben.

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