Ermittlungen zu getöteten Basketballern„Es könnte Monate dauern, ehe wir das Puzzle zusammengefügt haben“

Lesezeit 3 Minuten
Ein Polizeiauto fährt im Bereich von Bahnsteig 4 am Busbahnhof in Oberhausen, hier geschah nach Angaben der Polizei der Angriff auf die beiden verstorbenen Ukrainer. Nach dem Tod von zwei jungen Ukrainern durch einen Messerangriff am Hauptbahnhof in Oberhausen ist das Motiv für die Tat weiter unklar.

Hier am Busbahnhof in Oberhausen fand der Messerangriff statt, bei dem zwei ukrainische Basketballer getötet wurden.

Da die jugendlichen Täter in Untersuchungshaft schweigen, gestaltet sich die Suche nach dem Motiv als schwierig.

Volodymyr Yermakov, genannt Vova, und sein Teamkollegen Artem Kozachenko galten als große Basketballtalente. Die beiden Sportler spielten beim Club ART Giants in den NBBL-Mannschaften der U19-Bundesliga. Die Flucht aus ihrer ukrainischen Heimat vor der russischen Invasion verhieß neues Glück, Sicherheit und einen hoffnungsvollen Neuanfang. Doch nun sind beide tot. Überfallen durch eine Gruppe von jugendlichen Intensivtätern in Oberhausen, mutmaßlich getötet durch den 15 Jahre alten Deutsch-Türken Mert V., der am Abend des 10. Februar wie von Sinnen mit seinem Messer auf die großgewachsenen Ukrainer einstach. Drei seiner Komplizen sollen zudem auf die beiden Opfer eingeschlagen haben. Noch am selben Abend starb der 17 Jahre alte Vova, am gestrigen Dienstag dann erlag sein ein Jahr älterer Freund Artem seinen schweren Verletzungen. Kurz nach der Tat wanderte der mutmaßliche Angreifer in Untersuchungshaft, ein paar Tage später sein 14-jähriger deutsch-griechischer Kumpel und zwei 14 und 15-Jahre alte Syrer. Alle vier schweigen zu den Vorwürfen.

Ein Umstand, der die Suche nach einem Tatmotiv erschwert. Inzwischen hat die Mordkommission einen rassistischen Beweggrund ausgeschlossen. Vielmehr gehen die Todesermittler dem Verdacht nach, dass die Bande um Mert V. schon in der Vergangenheit versucht hatte, ihre Opfer zu provozieren, um sie dann auszurauben. Nur, dass die Attacke dieses Mal aus dem Ruder lief und tödlich endete. Vor dem Hintergrund durchleuchtet die Essener Polizei sämtliche Strafakten der Bande. Dutzende Zeugen wurden bereits verhört, Videos aus Überwachungskameras ausgewertet. Schließlich müssen die Strafverfolger jedem der vier Tatverdächtigen nachweisen, wie und wann er genau zugeschlagen oder das Messer benutzt hat. 

Messer in Zimmer eines der Tatverdächtigen gefunden

Bei Mert V. fand sich bei der Durchsuchung seines Zimmers ein Messer. Womöglich handelt es sich um die Tatwaffe. Noch aber steht das Ergebnis molekularbiologischer Untersuchungen aus, um den endgültigen Nachweis zu führen. Die Polizei hegt den Verdacht, dass vier Angreifer an dem gemeinschaftlichen Mord an den ukrainischen Basketballern beteiligt waren. Die drei Begleiterinnen der Bande galten eher als Anhängsel. Sie wurden ebenfalls vernommen, eine von ihnen ist selbst durch Stiche des Hauptbeschuldigten verletzt worden. „Die Ermittlungen sind sehr aufwändig“, sagte ein Polizeisprecher zu dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Es könnte noch Monate dauern, ehe wir das Puzzle zu einem Gesamtbild zusammengefügt haben.“

Alles zum Thema Karl-Josef Laumann

Iryna Shum, Generalkonsulin der Ukraine in Düsseldorf, und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zeigten sich bestürzt über die Geschehnisse. Shum sprach laut der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch in Düsseldorf von einer „riesigen Tragödie“ sowohl für die Ukrainer in ihrer Heimat als auch in NRW. Das Generalkonsulat stehe in ständigem Kontakt sowohl mit den Eltern der getöteten Sportler als auch mit der Staatsanwaltschaft und Polizei in Essen. Für Laumann handelt es sich um ein „unsagbares Verbrechen“. Wenn die Sicherheit von Menschen nicht gewährleistet werden könne, sei das immer schlimm. Auf die Frage, ob die Morde in ihrer Heimat als Gewalttat gezielt gegen Ukrainer gewertet würden, bekundete die Generalkonsulin: „Wir warten auf offizielle Informationen.“ Die Hoffnung, dass wenigstens der zweite junge Mann überleben würde, sei groß gewesen, bekannte Shum. „Aber leider ist es so, dass er verstorben ist. Und ja, es ist schwierig.“

Beim Klub ART Giants herrscht tiefe Fassungslosigkeit: „Für Artem und Vova – wir werden euch für immer in Erinnerung behalten und weiter in unseren Herzen tragen. Ruhet in Frieden!“, heißt es in einer Stellungnahme.

KStA abonnieren