„Unsozialer Bullshit“Linksfraktions-Chef Bartsch gegen Vorstoß für Rente mit 70

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Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Partei Die Linke im Bundestag

Berlin – Wegen des demografischen Wandels hat der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf, für eine Anhebung des Renteneintrittsalters plädiert: Das System sei anders nicht finanzierbar. Gewerkschaften und Linkspartei halten dagegen: Fraktionschef Dietmar Bartsch nennt den Vorstoß unsozial - und empfiehlt den Blick nach Österreich.

Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf, hat eine neue Debatte über die Rente mit 70 ausgelöst. Wolf hatte sich für eine schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre ausgesprochen. Scharfe Kritik an dem Vorstoß kommt unter anderem von der Linkspartei.

Wolf hatte seine Position mit der ältere werdenden Bevölkerung begründet. „Schaut man sich die demografische Entwicklung und die Belastungen der Sozial- und Rentenkassen an, dann sind die Reserven aufgebraucht. Wir werden länger und mehr arbeiten müssen“, sagte der Gesamtmetall-Chef den Funke-Medien.

„Zündeln am sozialen Frieden darf es nicht geben“

„Stufenweise werden wir auf das Renteneintrittsalter von 70 Jahren hochgehen müssen – auch weil das Lebensalter immer weiter steigt.“ Ansonsten werde das System mittelfristig nicht mehr finanzierbar sein, so Wolf.

Der Vorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, wies den Vorstoß scharf zurück: „Erst Corona, jetzt Inflation und am Ende sollen Arbeitnehmer und Rentner die Rechnung bezahlen?“, sagte Bartsch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Vorschläge wie die Rente erst ab 70 oder eine 42-Stunden-Woche sind unsozialer Bullshit.“

Die Arbeitgeberverbände müssten in dieser Ausnahmesituation mit explodierenden Preisen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen, forderte Bartsch. „Zündeln am sozialen Frieden darf es nicht geben.“

Vorbild Österreich?

Der Linken-Politiker verwies auf das Beispiel von Österreich: „Statt einer Rente erst ab 70 zahlen dort alle Bürger ein - auch Politiker und Manager“, so Bartsch. „In Österreich liegt die durchschnittliche Rente 800 Euro höher als hierzulande und sie wird ab 65 Jahren ausbezahlt. Was Österreich kann, muss auch Deutschland können.“

Kritik kam auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund: DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel bekräftigte am Montag dessen „klares Nein zur Rente mit 70″: „Sie ist nichts anderes als eine Rentenkürzung mit Ansage“, erklärte Piel. „Der Vorschlag ignoriert: Viele Beschäftigte schaffen es schon heute nicht, gesund bis zur Rente durchzuhalten. Für diejenigen, die in der Pflege, auf dem Bau oder in Fabriken arbeitet, ist längeres Arbeiten keine Option.“ Wer hart arbeite, habe ohnehin eine deutlich geringere Lebenserwartung und beziehe somit auch kürzer Rente, so die Arbeitnehmer-Vertreterin.

Bundesarbeitsminister lehnt Anhebung ab

„Anstatt immer wieder neue Debatten zum Renteneintrittsalter zu befeuern, sollten wir darüber reden, wie das Thema solidarisch und gesamtgesellschaftlich anzugehen ist“, sagte die DGB-Vorständin. „Die Finanzierung der Rente ist eine Verteilungsfrage. Und die wahre Konfliktlinie liegt hier zwischen Kapital und Arbeit und nicht zwischen den Generationen.“ Das Versprechen, eine gute und ausreichende Rente zu garantieren, müsse auch in einer älter werdenden Gesellschaft gelten und dürfe nicht mit höheren Altersgrenzen und Rentenkürzungen aufgekündigt werden, so Piel.

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In Deutschland wird nach aktueller Rechtslage die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lehnt eine weitere Anhebung ab.

Bereits im Mai hatte er nach einem Vorstoß von Ökonomen zur Rente mit 70 erklärt: „Wir haben in der Koalition vereinbart, dass wir das gesetzliche Renteneintrittsalter nicht erhöhen. Und daran wird sich nichts ändern.“(RND)

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