CDU-KanzlerkandidaturArmin Laschet läuft die Zeit davon

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Armin Laschet Portrait

In der Pandemie agiert Armin Laschet oft unglücklich – auch das beschwert ihm schlechte Umfragewerte.

  • Lange galt Armin Laschet als Favorit für die Kanzlerkandidatur.
  • Doch seit Wochen agiert der CDU-Chef glücklos. Die Umfragewerte sinken.
  • Und auch seine Partei zweifelt mittlerweile daran, mit ihm die Bundestagswahl gewinnen zu können.

Berlin – Wenn es nach der Körpergröße geht, spricht einiges für Armin Laschet. 1,72 Meter misst der CDU-Vorsitzende und nordrhein-westfälische Ministerpräsident. So hat er es gerade dem „Zeit“-Magazin erzählt. Und er hat nicht vergessen hinzuzufügen: „Gerhard Schröder und Helmut Schmidt hatten dieselbe Größe, habe ich gelesen.“ Zwei Bundeskanzler also, von der SPD zwar, aber sei's drum: Laschet nimmt für sich Kanzlerformat in Anspruch. Augenzwinkernd natürlich, aber er hätte sich ja auch mit anderen vergleichen können. Dass Markus Söder ungefähr die Länge von Helmut Kohl erreicht, hat Laschet weggelassen.

Es reichen ja schon die Umfragen. Seit Monaten liegt der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef da deutlich vor Laschet. In dieser Woche hat in einer Forsa-Umfrage für RTL dann auch noch Grünen-Chefin Annalena Baerbock, die möglicherweise Kanzlerkandidatin ihrer Partei wird, Laschet überholt. Das gleiche Umfrageinstitut ermittelte vergangene Woche in einer Umfrage für das Redaktions Netzwerk Deutschland (RND): Nur ein Drittel der CDU-Mitglieder bescheinigt dem 60-Jährigen, ein guter Parteichef zu sein. Zwei Drittel sprachen sich für Söder als Kanzlerkandidaten aus, drei Viertel gaben an, mit Söder habe die Union bei der Bundestagswahl bessere Chancen.

Das ist eigentlich niederschmetternd, aber nach außen gibt sich Laschet unbekümmert. Freundlich und leutselig tritt er auf, er schmunzelt Angriffe einfach weg.

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Er will Kanzler werden und davor natürlich Kanzlerkandidat, das hat er schon mitgeteilt, als er Anfang Januar den Wettbewerb um den Vorsitz der Partei für sich entschied. Ein CDU-Chef muss diesen Anspruch haben, das gilt als Gesetz in der Partei, genauso wie der Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslands CDU-Chef werden wollen muss. Laschet ist davon bislang nicht abgewichen.

Momentaufnahmen seien Umfragen, so sagt er es, und er erinnert an 2017, das Jahr, in dem er in Nordrhein-Westfalen die Wahlen gewonnen hat und Ministerpräsident wurde, nachdem er und die CDU zuvor lange hinten gelegen hatten. „Für viele war das überraschend, für mich nicht: Ich habe das Amt angestrebt“, hat er der „Zeit“ gesagt. Grundlage für den Erfolg sei gewesen, „dass ich mich mit den Fehlern der alten Regierung auseinandergesetzt habe“.

Auch jetzt hat er es wieder so gemacht: Kurz vor Ostern stellte sich Laschet in die CDU-Parteizentrale und verkündete: „Wir sind in den letzten Jahren zu bequem geworden.“ Veränderung sei immer unbequem und erfordere „Energie, Mut und auch Lust zu gestalten“.

Bislang fest an Merkels Seite

Ganz allein sprach er da in einen leeren Saal, niemanden an der Seite, auch keinen Söder. Er sei „nicht der Mann der perfekten Inszenierung“, so hat es Laschet bei seiner Bewerbungsrede für den Parteivorsitz gesagt. Wie wahr.

Mit seiner Rede setzte sich Laschet von Angela Merkel ab, nur ist die in derselben Partei, anders als seine Gegnerin Hannelore Kraft 2017. Das Absurde ist: Laschet war stets einer der treuesten Merkel-Unterstützer. Vor allem in der umstrittenen Flüchtlingspolitik stand er fest an ihrer Seite. Seine innerparteilichen Gegner vom Friedrich-Merz-Fanclub haben ihm Merkelhaftigkeit zum Vorwurf gemacht. Und ausgerechnet jetzt entdeckt Söder Merkel als Vorbild und sagt: „Wer auf die Stimmen von Angela Merkel setzt, muss eine Politik machen, wie sie sie gemacht hat.“

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Ein weiterer Unterschied zu 2017: Vor NRW hatte die CDU Wahlen im Saarland und in Schleswig-Holstein gewonnen, der Trend ging nach oben. Anders als derzeit. Die Wahlen in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz gingen für die CDU schwer daneben, in Sachsen-Anhalt wird es im Juni auch nicht leicht. Die Umfragewerte im Bund sind auf unter 30 Prozent gesunken. Das mag an der Corona-Politik der Bundesregierung liegen und an Korruptionsskandalen der Union, die Laschet nicht verursacht hat, aber er ist CDU-Chef.

An ihm bleibt es hängen. Mit anderem, wie etwa der Forderung nach einer Rentenreform, dringt er nicht wirklich durch. Aber da gibt es noch weitere Unwägbarkeiten: Angela Merkel etwa kritisiert Laschet Ende März in einer Talksendung für eine zu lockere Corona-Politik. Laschet versucht zu parieren: Es müsse unterschiedliche Positionen zwischen Kanzlerin und CDU-Chef geben können. Aber er räumt auch ein: „Ich habe mich nicht gefreut.“

Entsetzen ist spürbar

Seine Ankündigung, über Ostern nachzudenken, wie es weitergehen könne mit der Corona-Politik, löst Spott aus. Das Ergebnis präsentierte er am Ostermontag: noch mehr Beschränkungen, der Merkel-Kurs also, aber mit einem neuen Namen: „Brückenlockdown“. Das Echo auf den Vorschlag ist mau. Sein Dringen auf eine vorgezogene Ministerpräsidentenkonferenz findet nur einzelne Unterstützer.

Laschet habe es versäumt, sich vorab Unterstützung zu organisieren, heißt es in der Union an mehreren Stellen, und bei manchen ist Entsetzen spürbar. „Wie soll das erst im Kanzleramt werden“, seufzt ein Spitzenpolitiker. Söder setzt noch eins drauf. Er serviert Laschet per Talkshowauftritt ab. Es gebe da von ihm jetzt keinen Tritt vors Schienbein, sagt er bei „Markus Lanz“ lächelnd. Laschet habe ihn schließlich per SMS gebeten, friedlich zu sein. Nur ohne Lächeln wäre es noch unfreundlicher gewesen.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz, und einzelne baden-württembergische Abgeordnete haben sich offen für Söder ausgesprochen. Laschet habe als CDU-Chef zwar formal mehr Gewicht, sagt ein Unionsspitzenpolitiker, „aber wenn man keinen Erfolg bei den Wählern hat, ist nichts gewonnen“. Die Landtagswahl in Baden-Württemberg, in der die CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann keine Chance gegen den Grünen Winfried Kretschmann hatte, nennen mehrere als Beispiel. „Viele sorgen sich um ihren Wahlkreis“, sagt auch ein anderer hochrangiger Unionsvertreter.

Laschet habe grobe Fehler gemacht, mit zu viel Hin und Her in der Corona-Politik etwa und eben mit dem sogenannten Brückenlockdown. Dass Söder auch gern mal Alleingänge unternimmt, nach der letzten Ministerpräsidentenkonferenz Öffnungen für Mitte April angekündigt und diese jetzt verschoben hat, bleibt außen vor.

Es gibt aber auch die in der CDU, die sagen, die Landesverbände stünden weiter hinter Laschet. Das sei ein Unterschied zum Wettbewerb zwischen Angela Merkel und Edmund Stoiber vor rund 20 Jahren. „Die Mehrheit will, dass Armin das macht“, heißt es. Der könne gut integrieren und habe in Nordrhein-Westfalen gezeigt, dass er auch mit knappen Mehrheiten gut regieren könne. Der Vorsitzende des Wirtschaftsflügels, Carsten Linnemann, hat sich für ihn ausgesprochen und der Vize-CDU-Vorsitzende Thomas Strobl. Beide haben ihn im Wettkampf um den Parteivorsitz mit Friedrich Merz unterstützt. Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier zählt zum Team Laschet.

Pfingsten kommt die K-Anwort

Bis Pfingsten soll die K-Frage entschieden sein. Viele in der Union finden, dass es jetzt schnell gehen müsse. Am Sonntag trifft sich der geschäftsführende Vorstand der Unionsbundestagsfraktion. Laschet und Söder sind zu Gast, sie werden sogar ihre Generalsekretäre mitbringen. Auch Angela Merkel ist geladen. Söder und Laschet könnten sich am Samstag einigen, findet einer aus der Fraktionsführung. „Dann können wir sie am Sonntag feiern.“

Gegen eine Entscheidung spricht, dass am Montag die nächste Bund-Länder-Konferenz zur Corona-Pandemie vorgesehen ist. „Der Effekt einer Einigung würde verpuffen“, heißt es. Vizefraktionschef Johann Wadephul sagt, man müsse aber „zumindest ein Prozedere festlegen“.

Söder übrigens hat seine Kandidatur noch nicht direkt erklärt. Zuletzt hat er immer wieder gesagt, dass er als CSU-Chef ja ohnehin beteiligt sei an jeder Unionsregierung. Zumindest an dieser Stelle klang es, als ob Laschet doch noch ans Ziel kommen könne. Er hat in dem „Zeit“-Interview auch noch eine Sonderqualifikation verraten: „Ich kann fast jeden Schlager der Siebzigerjahre im Wortlaut.“ Einer der großen Hits damals war Katja Eb steins „Wunder gibt es immer wieder“.

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