Kommentar zum neuen CDU-VorsitzendenFriedrich Merz vor seiner bisher größten Aufgabe

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Berlin: Friedrich Merz (CDU), neuer Parteivorsitzender, spricht bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.

Friedrich Merz verströmt auf besondere Weise neue Hoffnung in der Politik. Man kann mit Mitte 40 an der innerparteilichen Konkurrenz scheitern, für Jahre in die Wirtschaft gehen und die eigene Regierung von der Seitenlinie aus als „grottenschlecht“ beschimpfen, zwei Kampfkandidaturen um den Parteivorsitz verlieren und im dritten Anlauf 20 Jahre nach dem Karriereknick wieder ganz oben stehen.

Ralph Brinkhaus macht Platz für Merz

Der 66-Jährige hat das geschafft durch Ausdauer, Hartnäckigkeit, Härte - und den Rückzug von Angela Merkel aus der Politik. Sie hielt Merz und seine Anhänger auf Distanz, seit sie ihm 2002 den Fraktionsvorsitz abgenommen hatte, um damals Oppositionsführerin zu werden. Merz hat das nie verwunden, aber er selbst handelt nun genauso. Den Schaden trägt Ralph Brinkhaus, der für den neuen CDU-Vorsitzenden das Feld als Unionsfraktionschef räumt. Unfreiwillig, aber der 53-Jährige erspart der CDU damit vor den vier Landtagswahlen in diesem Jahr den nächsten internen Machtkampf. Das verdient Respekt.

SPD und Grüne machen vor, dass Macht auch im Team funktioniert. Bei der SPD liegen Kanzleramt und Parteivorsitz nicht in einer Hand, ebenso wenig Partei- und Fraktionsvorsitz, bei den Grünen machen das gleich vier Leute. Zumindest ein Tandem mit Merz und einem oder einer starken Fraktionsvorsitzenden hätte in die Zeit gepasst, wäre aber nur gutgegangen, wenn es wirklich ein Gespann gewesen wäre. Merz gilt jedoch nicht als Teamplayer. Er will alleine den Ton angeben und die Union ist des Kampfes müde. Sie legt die Verantwortung nun in seine Hände.

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Merz muss nun ein echtes, gemischtes Team mit innerparteilichen Gegnern, Merkel-Anhängern, Jugend und Frauen aufstellen. Er muss die Enttäuschten mitnehmen so wie es Annegret Kramp-Karrenbauer und Armin Laschet mit dem Merz-Lager versucht haben - und daran und an sich selbst gescheitert sind.

Merz muss sich in der Führung der Partei beweisen

Die oberste Aufgabe von Merz ist zunächst die Versöhnung der liberalen mit den konservativen Kräften in der Union, die Heilung der Wunden, die auch er selbst der CDU durch jahrelanges Zündeln zugefügt hat. Ob er Führung kann, weiß die Partei aber gar nicht. Außer den beiden Jahren als Fraktionsvorsitzender von 2000 bis 2002 hat er hier keine Erfahrung vorzuweisen. Erst recht nicht in einem so großen Unternehmen mit vielen Mitstreitern wie es die Volkspartei CDU ist - plus CSU-Schwesterpartei mit Sprengpotenzial. Und ob er Politik am Puls der Zeit ausrichtet, weiß die CDU ebenso wenig. Merz war zwölf Jahre ohne politisches Amt. Politik kritisieren ist leicht, Politik machen schwer.

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Merz dürfte mit Merkels Politik brechen wollen, wo immer er kann. Weniger Kompromiss, mehr Polarisierung, eher konservativ als flügelübergreifend. Für die Auseinandersetzung einer Oppositionspartei mit einer Ampel-Regierung verspricht das Lebendigkeit und Spannung. Es ist nur die Frage, auf welchem Weg die Union wieder das Kanzleramt erobern kann, wenn sie nicht weiter um Merkels Kurs der Mitte kämpft. Denn nur da werden Wahlen gewonnen. Und da sitzt jetzt die Ampel.

Je länger Bundeskanzler Olaf Scholz erzählen wird, dass er auch nach der Wahl 2025 mit FDP und Grünen regieren möchte, desto mehr wird sich das in den Köpfen der Menschen und auch Grünen und FDP festsetzen. Wie Scholz verkörpert aber auch Merz bei allem, was er tut, enormes Selbstbewusstsein. Damit hält er zumindest CSU-Chef Markus Söder in Schach, der Kanzlerkandidat Laschet im Wahlkampf demontiert hat. Schwer vorstellbar, dass Merz jetzt den Partei- und Fraktionsvorsitz übernimmt und parallel dazu die geeignete Persönlichkeit für die nächste Kanzlerkandidatur aufbaut. Sein nächstes Ziel wird sein, selbst danach zu greifen.

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