Scholz in der „ARD-Wahlarena“Klare Absage an die große Koalition

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SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz

Lübeck – SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat sich am Dienstagabend in der Sendung ARD-„Wahlarena“ gegen eine Große Koalition ausgesprochen. Sein klares Ziel sei es, dass sich „CDU und CSU in der Opposition erholen können“, äußerte er sich auf die Frage eines Erstwählers aus dem Publikum. Der 21-Jährige aus Borna wollte von Scholz wissen: „Wenn ich mein Kreuz bei Ihnen mache, kann ich dann davon ausgehen, dass es keine erneute Große Koalition gibt?“

Ein Bündnis mit der Linkspartei schloss Scholz am Dienstagabend weiterhin nicht aus. Auch bei anderen Themen positionierte sich Scholz eindeutig.

Schülerinnen und Schüler in Deutschland sollen nach seinem Willen etwa auch nach der Corona-Pandemie weiter teils digital unterrichtet werden können. „Corona ist ja bald vorbei, und dann sollten wir aber nicht aufhören mit der digitalen Infrastruktur an den Schulen“, sagte Scholz am Dienstagabend in der ARD-„Wahlarena“. „Wir sollten nicht wünschen, dass jetzt eine ganze Woche Digitalunterricht stattfindet – aber wenn mal zwei, drei Stunden digital gemacht werden, wenn man lernt zusammenzuarbeiten zwischen Schülerinnen und Schülern und Lehrern mit digitalen Formaten, dann hilft das ja auch, dass junge Leute gut vorbereitet sind für ein Leben, in dem digitale Kommunikationsmöglichkeiten eine ganz, ganz große Rolle spielen.“

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Scholz äußerte die Erwartung, dass die Milliardenförderung des Bundes für die Schuldigitalisierung im „Digitalpakt Schule“ nun auch verstärkt an den Schulen ankommt. Die meisten Mittel seien inzwischen von den Ländern bestellt, so der Finanzminister. Zwei Jahre nach dem Start des Digitalpakts waren zuletzt, zum Stichtag 30. Juni, von dem auf 6,5 Milliarden Euro angewachsenen Fördertopf des Bundes erst 852 Millionen Euro abgerufen. Beantragt und bewilligt, aber noch nicht abgerufen waren rund 1,4 Milliarden Euro.

Scholz sagte, in den Ländern werde es auch gelingen, die Mittel des Pakts gut einzusetzen. „Ich werde mich dafür einsetzen, dass der nicht aufhört, sondern dass der weitergeht, bis wir eine gute digitale Infrastruktur für jede Schule in Deutschland haben.“ Bund, Länder und Gemeinden müssten dabei zusammenarbeiten. Scholz räumte ein, „dass wir diesen Digitalpakt viel früher gebraucht hätten“. Beim Digitalpakt handelt es sich um ein großes Förderprogramm zur digitalen Modernisierung der Schulen, das von Mai 2019 bis 2024 läuft.

Scholz macht Gastronomen großes Versprechen

Weiter hat sich der SPD-Kanzlerkandidat für eine Stärkung der klassischen Ausbildungsberufe stark gemacht. Für ihn müsse es zudem bundesweit Jugendberufsagenturen geben, die Jugendlichen nach der Schule Einstiegswege in Studium oder Arbeitswelt aufzeigen.

Scholz verteidigte zudem die Pläne, den Mindestlohn künftig auf zwölf Euro anheben zu wollen und verwies dabei auf die erste Einführung. „Viele hatten gesagt, dass es wirtschaftlich schadet und Jobs kosten wird. Das ist alles nicht eingetreten. Sondern tatsächlich hat es mehr Beschäftigung gegeben“, antwortete Scholz auf die Frage eines Gastronomen, der sich wegen dadurch steigender Personalkosten besorgt zu den Plänen äußerte.

Später sorgte Scholz beim gleichen Gastronomen jedoch für Jubel, als er der gesamten Branche eine dauerhaft gesenkte Mehrwertsteuer in der Gastronomie versprach. „Wir haben die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie gesenkt und das nochmal verlängert, und ich will Ihnen gerne versichern: Ich habe dieser Verlängerungsentscheidung zugestimmt und der Einführung in dem sicheren Bewusstsein: Das schaffen wir nie wieder ab“, sagte Scholz am Dienstagabend in der „ARD-Wahlarena“. „Also das ist jetzt etwas, was für die Gastronomie jetzt auch gelten soll.“

Im Rahmen ihrer Corona-Hilfspakete hatte die Koalition für Speisen in der Gastronomie den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 statt 19 Prozent greifen lassen, mit Verlängerung bis Ende 2022. Die Regierung rechnete damit, dass die Restaurants und Bars so im Jahr Steuern in Höhe von 3,4 Milliarden Euro sparen.

Scholz will Bundeswehr stärken und verspricht stabiles Rentenniveau

Beim Thema Bundeswehr hat sich Scholz für eine starke Rolle im europäischen Verbund ausgesprochen. Eine Sicherheitszusammenarbeit mit den USA sei dafür aber dauerhaft nötig. „Ich werde auch alles dafür tun, dass die Bundeswehr in den nächsten Jahren immer eine ausreichende Ausstattung hat.“ Deutschland müsse mit eigenständigen europäischen Kapazitäten auch in der Lage sein, Soldaten in einen Einsatzort hinein- und dann wieder herauszubringen, sagte Scholz. Angesprochen worden war er darauf, dass eine Sicherung des Flughafens in Kabul für die Evakuierungsmission nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan ohne die USA nicht möglich war.

Für die aktuell schlechte Situation bei der Bundeswehr machte er die schwarz-gelbe Regierung von 2009 verantwortlich, die für einen „Schub nach unten“ gesorgt hätte. Diesen argumentierte er etwa mit der Abschaffung der Wehrpflicht sowie deutlich merkbaren Einsparungen.

Nachdem sich ein Studiogast besorgt über die Entwicklungen in der Altersvorsorge äußerte, ließ sich Scholz beim Thema Rente zu zwei zentralen Versprechen hinreißen. Scholz positionierte sich klar gegen eine weitere Anhebung des Renteneintrittalters, das aktuell bei 67 Jahren liegt. Weiter garantierte der SPD-Kanzlerkandidat ein stabiles Rentenniveau von 48 Prozent. „Ich mache Ihnen die feste Zusage, dass wir das hinkriegen.“ Bei der Riester-Rente gestand Scholz jedoch Nachholbedarf. „Die Rendite ist zu gering, die Kosten zu hoch.“ Als Möglichkeit brachte er einen staatlichen Fond nach schwedischem Vorbild ins Gespräch.

„Klimakanzler“ Scholz strebt klimaneutrale Wirtschaft zwischen 2038 und 2045 an

Eine andere Zuschauerin fragte Scholz, wie er trotz des Festhaltens am Kohleausstieg 2038 „Klimakanzler“ sein wolle. Er erklärte sein Ziel („Ich will Klimakanzler sein.“) mit dem Ausbau von erneuerbarer Energien erreichen. Weil der nationale Stromverbrauch jedoch steigen würde und parallel der Ausstieg aus der Atomenergie im kommenden Jahr komme, könne auf Kohle jedoch noch nicht verzichtet werden, gab Scholz die „Herausforderung“ zu bedenken. Sein Ziel sei eine klimaneutrale Wirtschaft zwischen 2038 und 2045.

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In den 75-minütigen Sendungen der „ARD-Wahlarena“ haben 65 Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, den Kanzlerkandidaten und der Kanzlerkandidatin ihre Fragen zu stellen. Das Format existiert seit 2005 und wird zur bevorstehenden Bundestagswahl am 26. September bereits zum fünften Mal aufgelegt. Moderiert werden die Wahlarenen von NDR-Chefredakteur Andreas Cichowicz und Ellen Ehni, WDR-Chefredakteurin. (RND/dpa/jst)

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