Bluttat86-Jähriger schießt auf Nachbarin

Lesezeit 3 Minuten
Die 31-Jährige war so schwer verletzt worden, dass sie einige Tage später starb. (Bild: Krasniqi)

Die 31-Jährige war so schwer verletzt worden, dass sie einige Tage später starb. (Bild: Krasniqi)

Köln – Einige Bewohner der Weißenburgstraße denken zunächst an Filmaufnahmen, als Freitagnacht die Straße mit rot-weißen Bändern abgesperrt ist und überall Polizeiautos parken. „Im Agnesviertel wird ja dauernd irgendetwas gedreht“, sagt eine Frau. Doch die Schüsse, die gegen 23 Uhr in einem Altbau fallen, sind echt. Zweimal, so die Ermittlungen, drückt ein 86-jähriger Mann ab, als seine Nachbarin ihm die Tür öffnet. Die 31-Jährige bricht im Treppenhaus zusammen, der Schütze kehrt in seine Wohnung im zweiten Stock zurück.

Der Lebensgefährte der Frau habe sich im hinteren Teil der Wohnung befunden, heißt es. Als er nach seiner Freundin sehen wollte, habe er die Schwerverletzte gefunden und um 23.10 Uhr die Polizei und den Notarzt verständigt. Die 31-Jährige wird in der Nacht notoperiert, nach Auskunft der Ärzte schwebt sie immer noch in Lebensgefahr.

Ein Sondereinsatzkommando stürmte die Wohnung des 86-Jährigen und nahm ihn fest. Seine Waffe wurde sichergestellt. Wegen versuchten Mordes wurde er am Samstag dem Haftrichter vorgeführt. Sein Motiv sei völlig unklar, teilte die Polizei mit.

Alles zum Thema Agnesviertel

Nachbarschaft rätselt über Motiv des Senioren

In der Nachbarschaft herrscht Entsetzen über die Tat. „Der Schock sitzt bei uns allen tief“, sagt eine 78-jährige Frau, deren Wohnung gleich neben der des Paares im dritten Stock liegt. Sie war am Freitag schon im Bett, als sie die Schüsse hörte. „Es gab dieses Knallgeräusch, dann war es wieder still.“ Wenig später klingelten Polizeibeamte bei ihr Sturm. Auf dem Flur traf sie ihren Nachbarn. „Der hat auf meine Frau geschossen“, habe der Mann gesagt und nach unten gezeigt.

Alle Hausbewohner wurden in einen Feuerwehrbus gebracht und dort stundenlang betreut. Ein Mann, der gerade erst eingezogen ist, vermutete, dass der Rentner sich gestört gefühlt habe. Die 78-Jährige hingegen sagte, das Paar sei nie laut gewesen, eher unauffällig, sehr nett. „Wir fragen uns alle, was plötzlich in ihn gefahren ist. Niemand hat eine Erklärung.“

Der 86-Jährige, der aus Italien stammt und früher bei der Müllabfuhr gearbeitet hat, lebte allein. „Seine Lebensgefährtin ist vor einigen Jahren gestorben, auch der Sohn dieser Frau, der mit in der Wohnung lebte“, erzählte die 78-Jährige. „Mit ihr habe ich mich oft im Flur unterhalten. Er war immer sehr verschlossen und sprach sehr schlecht deutsch.“

Ein zurückgezogenes Leben

Renate Löhr arbeitet in der Bäckerei gegenüber. Auch hier gibt es am Samstagmorgen nur ein Thema. „Schüsse? Bei uns im Agnesviertel?“, fragt eine Kundin. Renate Löhr kannte den Rentner, seine Lebensgefährtin war Stammkundin. Seit sie tot ist und auch der Hund des Rentners vor einigen Jahren gestorben ist, hat die Verkäuferin ihn nur selten gesehen. „Aber wenn etwas war, war er sehr hilfsbereit“, sagt sie. Im Winter habe er Schnee geschippt, und neulich, als eine Hausbewohnerin sich ausgeschlossen hatte, habe er den Schlüsseldienst angerufen.

Die 78-jährige Nachbarin hat den Lebensgefährten des Opfers am Samstagnachmittag im Hausflur getroffen, als er aus dem Krankenhaus kam. „Es sieht nicht gut aus“, habe er gesagt. Die Polizei hat eine Mordkommission eingerichtet.

KStA abonnieren