Kunst von Wolfgang NiedeckenDas Ende wird Anfang

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Die "Bilder vom Ende der Geschichte" von Wolfgang Niedecken (rechts) sind bis zum 22. Juni in der Galerie "Schauraum" zu sehen. (Bild: Romanowski)

Die "Bilder vom Ende der Geschichte" von Wolfgang Niedecken (rechts) sind bis zum 22. Juni in der Galerie "Schauraum" zu sehen. (Bild: Romanowski)

Euskirchen –  - „Ich komme gerade aus einer anderen Welt“, kommentierte Wolfgang Niedecken am Freitag seinen vollen Terminkalender, der ihm allerdings noch Platz ließ für einen gemütlichen Abend in der Eifel. Just mit dem Auto aus Saarbrücken in dem idyllischen Burgörtchen angereist, ging es nach der Vernissage in der Galerie „Schauraum“ gleich weiter nach Frankfurt, wo Niedecken und seine Mitmusiker der Gruppe BAP am nächsten Morgen um 9 Uhr schon wieder auf der Bühne abrocken mussten.

Umso erfreuter wurde der Künstler aus Köln dafür von Vivian und Manfred Hell in ihrer Kronenburger Galerie empfangen. Die „entschleunigte“ Atmosphäre und die neue Ausstellung dort lockte zahlreiche Gäste in den „Schauraum“, von denen einige Niedecken in Sachen Anfahrt in nichts nachstanden. So hatte sich am Freitag auch der ehemalige Fußballspieler und Trainer Ewald Lienen von seinem Urlaubsort in Südfrankreich aus auf den Weg in die Eifel gemacht. Eine verpasste Ausfahrt und der kleine Umweg über Baasem fielen kaum noch ins Gewicht als er von den befreundeten und sichtlich überraschten Gastgebern in Empfang genommen wurde.

Gleich darauf schritt Manfred Hell zur Begrüßung der Gäste. „Ich habe einen starken emotionalen Bezug zu diesen Bildern“, eröffnete Hell seine kurze Ansprache und wies dabei auf die sechs großformatigen Werke an den Wänden der urigen Galerie hin. Zusammen mit fünf kleineren Arbeiten und einer Installation in dem „Schauraum“ bilden die Exponate das Material der Ausstellung „Bilder vom Ende der Geschichte“, einer Werkreihe die Wolfgang Niedecken in den 90er Jahren anlegte und deren thematischer Leitfaden die politischen Umwälzungen unter anderem in Russland und Osteuropa ist. Dass sein Freund Niedecken überhaupt die Zeit fand, der Vernissage beizuwohnen, wusste Hell entsprechend zu loben: „Es ist eine große Ehre, dass Du gekommen bist.“ Schließlich habe, so Hell weiter, der Frontmann von BAP derzeit alle Hände voll damit zu tun, das neue Album der Kölschrocker während einer terminreichen Promotion-Tour vorzustellen. Dass die neue BAP-Scheibe „Radio Pandora“ es derzeit auf Platz eins der Mediencharts geschafft hat, vergaß Hell im Übrigen auch nicht zu erwähnen.

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Die fachkundige Würdigung und Erläuterung der Ausstellungsbilder überließ Hell aber jemand anderem. Oliver Kobold, seines Zeichens Literaturwissenschaftler und ebenfalls ein Freund des Künstlers, erfuhr erst drei Stunden vor der Vernissage, dass er die Einführungsrede halten sollte. Doch der Mann versteht sein Handwerk und zum Teil - so sagte Niedecken einmal scherzhaft selber - auch die Bilder besser als der Künstler selbst.

Der Titel „Ende der Geschichte“ ist demnach ursprünglich den beiden Denkern Hegel und Marx entlehnt und findet sich auch bei dem Politikwissenschaftler Francis Fukuyama, die alle auf ihre Weise das Ende der ideologischen Entwicklung des Menschen in ihren Schriften propagierten. Das Bild „Mit laufendem Hund“ etwa, das Niedecken 1992 mit aktuellen Zeitungsausschnitten in teils gefalteter Form gestaltete, kehrt inhaltlich das Ende der Geschichte um in den Anfang von etwas Neuem. Darin enthalten ist auch das titelgebende, mäandrische Ornament „Laufender Hund“ wie man es aus antiken Darstellungen als Symbol der Ewigkeit kennt.

Vom zeitlichen Ende des Kalten Krieges erzählen laut Kobold dagegen die Bilder „Amerikanischer Traum I und II“. Beide Arbeiten stehen in Bezug zu Niedeckens Songtext „Amerika“ vom gleichnamigen Album aus dem Jahr 1996. Allen Bildern gemeinsam ist, dass Niedecken sich in ihrer Gestaltung seinerzeit von der konsequenten Beschränkung auf die reine Malerei löste und verschiedene Fundstücke wie Federn oder Metallteile in seine Arbeiten integrierte.

Auch Niedecken selber gab den Besuchern einige Worte zu der Ausstellung mit auf den Weg: „Die Vorstellung vom Ende der Geschichte ist eine Idiotie. Es entsteht immer etwas Neues, und es ist an uns, zu prüfen, welche Dinge wir bewahren sollten.“ Die Ausstellung „Bilder vom Ende der Geschichte“ ist noch bis zum 22. Juni nach Vereinbarung mit Vivian Hell unter 01 77 / 6 91 52 87 in der Galerie „Schauraum“ zu sehen.

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