Nie mehr „Porto Bello“

Lesezeit 3 Minuten

Betritt Rosemarie Schneider den Balkon ihrer Wohnung in der Euskirchener Bahnhofstraße, kann sie - bedingt durch den Abriss des früheren Kaufhauses Teitge - auf die Stätte blicken, in der sie 34 Jahre gewirkt hat: die Diskothek „Porto Bello“. Den Gästen rief sie am Eingang stets ein freundliches „Hallo“ entgegen. Im Mai letzten Jahres verkaufte sie das Haus in der Wilhelmstraße und auch die Diskothek. Die 62-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder. Unser Mitarbeiter Thomas Schmitz wollte von „Rosi“, wie sie von allen Gästen genannt wurde, wissen, wie es ihr ohne das „Porto Bello“ geht.

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Was machen Sie jetzt eigentlich freitags und samstags von 22 bis 5 Uhr?

ROSEMARIE SCHNEIDER: Ab und zu trinke ich schon mal ein Bier in der „Alten Posthalterei“. Dann gehe ich nach Hause und früh zu Bett.

Alles zum Thema Wolfgang Niedecken

Mit welchen Hobbys haben Sie die Zeit verbracht seit der Schließung des „Porto Bello“?

SCHNEIDER: Ich versuche, mich viel zu bewegen. Dazu schwimme ich meist im Euskirchener Hallenbad. Außerdem gehe ich mit guten Freunden laufen.

Ihr Abschied war sehr tränenreich. Vermissen Sie im Nachhinein das Nachtleben?

SCHNEIDER: Anfangs habe ich das alles sehr vermisst. Ich gebe aber zu: Mittlerweile habe ich mich an die Zeit ohne das Nachtleben gewöhnt.

In dem Lied „Niemals geht man so ganz“ von Trude Herr, Tommy Engel und Wolfgang Niedecken, das immer morgens um 5 Uhr als „Rausschmeißer“ gespielt wurde, gibt es die Textzeile „Irgendwas von dir bleibt hier“. Was ist von Rosi Schneider im „Porto Bello“ geblieben?

SCHNEIDER: Alles ist so geblieben, wie es seit 34 Jahren war. Als der Laden verkauft wurde, ist also alles von mir dageblieben.

Sie haben viele Konkurrenten kommen und gehen sehen. Was, glauben Sie, war der Grund für den anhaltenden Erfolg des „Porto Bello“?

SCHNEIDER: Die Macht, die über uns steht! (lacht) Nein, ich denke, das lag einfach daran, dass wir korrekt, freundlich, höflich und sauber waren. Außerdem hatten wir gutes Personal. Wir behandelten die Gäste einfach so, dass sie immer wiederkommen wollten.

Als ihre ehemalige Kellnerinnen Alexandra Kastrau und Petra Lambertz Ihnen von dem Vorhaben erzählt haben, dass sie die neue Diskothek „Cube“ eröffnen wollen: Was war da ihr erster Gedanke, beziehungsweise was haben Sie ihnen geraten?

SCHNEIDER: Ich habe ihnen gesagt, dass sie etwas Eigenes machen sollen, denn sie sind noch jung. Ich habe ein gutes Gefühl bei Alex und Petra. Sie haben viele von meinen Tipps angenommen.

Was hat sich in den rund dreieinhalb Jahrzehnten, in denen Sie das „Porto Bello“ geführt haben, eigentlich geändert, etwa bezüglich Klientel, Feiersitten, Musik und Mode?

SCHNEIDER: Als wir anfingen, öffneten wir um 19 Uhr. Das verlagerte sich aber immer mehr nach hinten. Ich denke, die Gewohnheit, immer später aufzumachen, lag daran, dass viele vor dem Disco-Besuch noch essen gingen. Aber allgemein muss man sagen: Die Leute haben früher gefeiert und tun dies heute noch immer. Es wiederholt sich im Übrigen einfach alles. Derzeit laufen ja viele wieder mit Schlaghosen herum.

Gibt es eigentlich Anekdoten, die sich bei Ihnen eingebrannt haben?

SCHNEIDER: Das waren so viele, dass ich die gar nicht alle aufzählen kann. Am kuriosesten war mit Sicherheit folgende: Bei einem Bombenalarm mussten alle Gäste das „Porto“ verlassen. Nur einige Chinesen wollten partout ihr Fässchen Bier nicht im Stich lassen und hielten sich daran fest (lacht). Allgemein könnte man vielleicht sagen, dass ich an der Tür viel Freude und viel Leid mitbekommen habe. Und man sollte auch nicht vergessen, dass sich im „Porto Bello“ viele Menschen kennen gelernt haben, die heute miteinander verheiratet sind.

KStA abonnieren