Corona-Krise im Kreis Euskirchen„Es bleibt eine Achterbahnfahrt“

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Weniger Betrieb: Die Zahl der täglichen Tests am „Drive in“ in Mechernich ist merklich gesunken. Dennoch hat das Rote Kreuz in Sachen Corona immer noch alle Hände voll zu tun.

Weniger Betrieb: Die Zahl der täglichen Tests am „Drive in“ in Mechernich ist merklich gesunken. Dennoch hat das Rote Kreuz in Sachen Corona immer noch alle Hände voll zu tun.

Kreis Euskirchen – Bisher ist der Kreis Euskirchen vergleichsweise glimpflich durch die Corona-Pandemie gekommen. Doch Gesundheitsamtsleiter Christian Ramolla warnt: „Es ist und bleibt eine Achterbahnfahrt. Derzeit sind wir auf einem ruhigen Schienenabschnitt. Ob danach die Fahrt an Rasanz gewinnt, oder wir gleich aus dem Wagen aussteigen können, kann niemand sagen.“

Es bestehe kein Anlass, einen Strich unter die Rechnung zu machen. Teilentwarnung? „Hinsichtlich der Pandemie: klares Nein. Hinsichtlich der medizinischen Versorgungssituation: derzeit ja“, antwortet Ramolla.

Bislang zwölf Todesopfer

Zwölf Menschen sind bisher im Kreis im Zusammenhang mit Corona gestorben. Sie waren im Schnitt 81 Jahre (zwischen 69 und 92) alt. Alle hatten Vorerkrankungen.

74 Corona-Patienten mussten im Krankenhaus behandelt werden, etwa zehn wurden beatmet. „Zu keinem Zeitpunkt hat durch die Vorhaltung von sogenannten Covid-19-Betten ein Versorgungsdefizit für Nicht-Covid-19-Patienten bestanden“, sagt Ramolla: „Zu Zeiten von Influenza hatten wir schon deutlich mehr Menschen auf der Intensivstation.“

Landrat warnt vor Leichtsinn

„Ich freue mich sehr“, so Landrat Günter Rosenke, „dass sich der positive Trend der letzten Tage heute sehr deutlich an den Zahlen zeigt. Das beweist, dass die Bürgerinnen und Bürger die Hygieneregeln beachten. Allerdings kann sich das auch schnell wieder ändern, wenn wir leichtsinnig werden! Wir müssen weiter diszipliniert bleiben, damit die Lockerungen Bestand haben und eventuell mittelfristig erweitert werden können.“ (sch)

Der Aufwand für Pflegepersonal, Raumpflege, Therapeuten und Ärzte sei aber enorm, wenn ein Covid-19-Patient auf der Station liege. Die hohen Anforderungen an Hygiene und Infektionsschutz führten zu einer enormen Belastung bei ohnehin knappen Personalressourcen. „Planbare Operationen, die absehbar zu einer anschließenden Intensivpflichtigkeit führen, sollten aus Sicht der Abteilung Gesundheit weiterhin unterbleiben“, stellt Ramolla klar. Diese Entscheidung liege aber in der Verantwortung der behandelnden Ärzte.

Mehr Tests wünschenswert

In der Zentralen Anlaufstelle für Corona-Tests (Drive-in) in Mechernich hat der Betrieb inzwischen nachgelassen, wie der Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes, Rolf Klöcker, berichtet. Seien es anfangs rund 60 Abstriche täglich gewesen, sei die Zahl inzwischen auf 20 bis 30 gesunken.

„Es gibt offenkundig weniger Überweisungen der Ärzte“, so Klöcker. Das heiße aber nicht, dass die Test-Teams des DRK nun wenig zu tun hätten. Die mobilen Dienste hätten immer noch reichlich Arbeit. Sie machten Abstriche bei Menschen, die sich nicht oder kaum bewegen könnten, sowie in Gemeinschaftseinrichtungen, wenn der Kreis etwa bei Verdachtsfällen in Pflege-, Senioren- oder Flüchtlingsunterkünften Tests benötige.

Allein 59 positive Tests sind laut Klöcker bisher in der vom DRK geleiteten Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Euskirchen mit rund 300 Bewohnern zu verzeichnen gewesen: 48 unter den Bewohnern, 11 unter den Mitarbeitern.

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Wie viele Tests insgesamt in den vergangenen Wochen im Kreis vorgenommen wurden, ist nicht bekannt, weil auch Hausärzte Abstriche nehmen. Allgemein hofft Ramolla, dass künftig möglichst viel getestet wird: „Ich schließe mich da der Meinung der Bundes- und Landesregierung sowie des Robert-Koch-Instituts an.“ Die derzeitigen Kapazitäten der Labore würden aktuell nicht mal bis zur Hälfte genutzt.

Auf einen Anstieg der Infektionszahlen nach dem schrittweisen Schulneustart sollte man gefasst sein, so Ramolla. Er hoffe aber, dass die Maßnahmen, die Träger, Lehrpersonal und weitere Mitarbeiter vornehmen, dies verhindern: „Zudem bin ich davon überzeugt, dass sich die Schülergeneration – auch durch das Eintreten bei fridays for future – ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist und ihren Beitrag leistet.“

Die viel diskutierten Lockerungen der Maßnahmen betrachtet Ramolla mit Skepsis: „Als Arzt kommt es mir vor, wie das zu frühe Absetzen von Antibiotika. Ist meistens ein dummer Einfall. Und wenn es doch klappt, war zu Beginn die Diagnose falsch. Als Mensch, Bürger und ein wenig auch als Arzt sehne auch ich mich wieder nach der mir bekannten Normalität.“

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