Kita-Alter bis Ü 70Klimawandel bring Zülpicher und Mechernicher auf die Straßen

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Mehr als 300 Demonstranten zogen durch Zülpich, um abseits der Großstädte auf den Klimanotstand aufmerksam zu machen.

Zülpich/Mechernich – Die „Fridays-for-Future“-Bewegung mobilisiert längst nicht mehr nur Schüler, für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. In Zülpich und Mechernich gingen am Freitag sowohl die Kleinsten aus dem Kindergarten als auch die Ü-70-Generation auf die Straße.

Alle Altersklassen in Zülpich vertreten

„Diesmal haben wir alle Generationen dazu aufgerufen, hier mit uns ein Zeichen zu setzen“, erzählte Marvin Strick, der die Zülpicher „Fridays-for-Future“-Demo mit Pia Bücker organisiert. Mehr als 300 Menschen zogen am weltweiten Protesttag mit Sprechchören und Plakaten durch die Zülpicher Innenstadt, um auf den Klimanotstand aufmerksam zu machen. Mit dabei waren sowohl Grundschüler und Abiturienten als auch Eltern und Rentner, die sich für die Zukunft ihrer Kinder und Enkelkinder einsetzen wollen.

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Die Kreativität kannte keine Grenzen.

„Wir wollen, dass es die Welt in 30 bis 40 Jahren immer noch gibt“, erklärte die neunjährige Emma, die mit ihrem Bruder Fynn (11) und ihren Eltern zur Demo gekommen war. „Der Klimawandel muss gestoppt werden“, fügte ihr Bruder hinzu.

Der Kohleausstieg, der Einsatz von erneuerbaren Energien und die Erhaltung des Hambacher Forstes sind weitere Themen, für die sich die Demonstranten in Zülpich einsetzen. „Der Klimaschutz muss beschleunigt werden“, fasste Strick zusammen. „Unser erstes Ziel ist, dass die Staaten sich an das Pariser Klimaabkommen halten. Aber auch wir können etwas tun. Klimaschutz fängt vor der Haustüre an“, so der 18-Jährige aus Bürvenich.

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Mit Parolen wie „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut“ und „Auf dem Land und in den Städten müssen wir das Klima retten“ machten die Demoteilnehmer auf dem rund drei Kilometer langen Fußmarsch vom Adenauerplatz bis zum Markt, vorbei an der Haupt- und Realschule, auf sich aufmerksam und sorgten dafür, dass neugierige Anwohner aus dem Fenster spähten oder gar auf die Straße kamen. „Die Leute sind hochmotiviert, wir hätten gar nicht mit so vielen Teilnehmern gerechnet“, lautete das Fazit des Veranstalters kurz vor dem Ziel am Rathaus.

Fünf 18-Jährige sind für die Klimademos in Zülpich verantwortlich.

Fünf 18-Jährige sind für die Klimademos in Zülpich verantwortlich.

Auf dem Markt konnten die Teilnehmer mit dem Megafon noch mal das Wort ergreifen. „Vor 50 Jahren habe ich mit 60000 anderen gegen den Schnellen Brüter in Kalkar demonstriert. Das Kernkraftwerk ist nie in Betrieb gegangen. Die Fridays-for-Future-Bewegung ist ein zartes Pflänzchen, das wir weiter gießen müssen, aber wir sehen, dass so was Erfolg haben kann“, sagte Eckart Hanstein aus Schwerfen.

Ursprünglich waren 100 Teilnehmer bei der Demo erwartet worden. Trotz der erhöhten Teilnehmerzahl ist laut Polizei alles friedlich verlaufen. So wie bei den Klimademos, die bereits im April und Mai in der Römerstadt stattgefunden haben. Sie wurden von Leonie Schwan, Katharina Haus und Jakob Becker ins Leben gerufen. Die 18-Jährigen haben die Organisation wegen ihres Studiums inzwischen übergeben.

40 Kita-Kinder in Mechernich

Friedlich und lautstark verlief auch die kleine Klima-Demo, die am Freitagmorgen in Mechernich stattfand. „Wofür sind wir heute hier? Für Wald und Welt und wegen dir! Helft uns den Wald zu schützen!“, schallte es dort kräftig. 40 Kinder zwischen zwei und fünf Jahren waren mit ihren Erzieherinnen von der Awo-Kita „Mechernich Nord“ vom Kindergarten aus zum Rathausvorplatz gelaufen, um darauf aufmerksam zu machen, dass auch die Jüngsten schon eine Meinung zum Klimaschutz haben. Mit neon-gelben Westen und selbstgebastelten Schildern um den Hals waren die Mädchen und Jungen nicht zu übersehen und stimmten mit Feuereifer den eigens für die Aktion gedichteten Slogan an. Mit dabei war die vierjährige Mathilda, die mit Buntstiften auf dem Papier extra groß gemalt hatte, was ihr besonders wichtig ist: Wald, Blumen und sie selbst in der Natur. Die schmutzige Luft und abgeholzte Bäume hingegen gefielen ihr gar nicht. „Das soll alles schön bleiben“, bestätigte sie. Nach der Demo vor dem Verwaltungsgebäude ging es unter den neugierigen Blicken der Passanten singend und rufend zurück in Richtung Kita.

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Auch in Mechernich waren Kita-Gruppen auf den Straßen.

Entstanden sei die Idee für die Protestaktion am Weltkindertag bei den Team-Besprechungen, sagte Kita-Leiterin Birgit Walk: „Im Zuge von Fridays for Future hatten wir schon öfter den Gedanken, auch etwas zu machen.“ Dennoch sei es den Mitarbeitern wichtig gewesen, die Kinder nicht zu instrumentalisieren, sondern mitentscheiden zu lassen, ob sie teilnehmen wollen. Vor etwa drei Wochen war es dann soweit. Luigina Manganiello, Erzieherin in der Sonnengruppe, ging das Thema Klima und Naturschutz im Rahmen der „Kinderkonferenzen“ mit der Sonnen-, Sternen- sowie der Waldgruppe der viergruppigen Einrichtung an. Ausgenommen von den Befragungen waren lediglich die ganz Kleinen aus der Krippen-Gruppe der Kita. Die als Konferenzen bezeichneten Gesprächsrunden seien grundsätzlich im Konzept der Awo-Kita verankert, wo auch die Partizipation und das Beschwerdemanagement wichtige Rollen spielten, so Walk. „Die Kinder sollen lernen, dass auch sie eine Stimme haben, die gehört werden will“, erläuterte sie.

Mithilfe farbiger Tücher als Symbol für die Weltkugel und kleinen Holzbäumen hatte Luigina Manganiello die Thematik altersgerecht vermittelt und dabei schnell festgestellt, dass viele Kinder bereits Kenntnisse besitzen, die sie bei den Diskussionen mit einbrachten. So seien sich die Mädchen und Jungen einig gewesen, dass Wald und Bäume wichtig und schützenswert sind, als Versteck für Tiere etwa oder als Sauerstofflieferanten. „Am liebsten wären die Kinder nach der ersten Konferenz sofort losgezogen, um zu demonstrieren“, berichtete die Erzieherin.

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Klimaschutz kennt kein Alter: Eckart Hanstein unterstützt die Fridays-for-Future-Demonstrationen.

Mit der Demo sei die Auseinandersetzung mit dem Thema Klimaschutz nicht beendet, ergänzte Birgit Walk: „Da die Awo dieses Jahr 100 Jahre alt wird, haben wir beschlossen, 100 Bäumchen zu pflanzen.“ Das Geld dafür soll Ende des Monats bei einem Sponsorenlauf der Kinder gesammelt werden, so die Leiterin. Gepflanzt werden soll dann im November eine Rotbuchenhecke als Abgrenzung zur Nestschaukel auf dem Gelände der Tageseinrichtung. „Die Gerätschaften dafür will uns die Stadt Mechernich zur Verfügung stellen“, freute sie sich.

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