Auch Gold findet man am Rhein-Ufer - wenn man Glück hat.
Copyright: Thilo Schmülgen
Köln – Ohne Karl Siebenmorgen funktioniert die Geschichte nicht. Das wird klar, als Sven von Loga den Kofferraum seines weißen Geländewagens öffnet. Er steht mitten im Schlamm; ganz am Ende der Frongasse in Porz-Langel. Dort, wo die Straße endet und der Rhein beginnt. Schimmernde Achate, Rauchquarze, funkelnde Bergkristalle, versteinertes Holz – mitsamt den hölzernen Setzkästen hat der Geologe seine Sammlerstücke in sein Auto verfrachtet. Unter jedem Fundstück klebt ein weißer Zettel, darauf sind Gesteinsart, Ort und das Funddatum vermerkt.
Sven von Loga hält einen Achat in den Händen.
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Seltene Schätze
Denn, und das macht der 54-Jährige Kölner bereits zu Anfang der Erkundungstour auf seine humorige Art deutlich: Schätze wie diese findet man nicht alle Tage. Und ohne Karl Siebenmorgen, den 86-jährigen Hobby-Sammler, der direkt hier am Ufer des Flusses wohnt und schon seit 30 Jahren vor seinem Haus auf Schatzsuche geht, wäre seine Sammlung auch nur halb so aufregend.
Von Loga nimmt einen handtellergroßen Achat aus dem Kofferraum. Eine Seite ist abgeschliffen. Sie glänzt in den schönsten Orange- und Rot-Tönen. „Als Herr Siebenmorgen mir den gegeben hat, war ich völlig platt“, sagt von Loga. Es ist der schönste in seiner Sammlung. Und die ist nicht klein. Seine zweistöckige Wohnung in Sülz gleicht einem Gesteins-Museum.
„Wann immer es geht“ nach Langel
Das Rhein-Ufer eignet sich auch hervorragend, um einfach mal abzuschalten.
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Sven von Loga kommt oft hier nach Langel, um auf die Suche nach den Schätzen des Rheins zu gehen – „wann immer es geht“, sagt er. Königswinter, Bonn, Düsseldorf, Leverkusen – auch dort ist er das ganze Jahr über unterwegs. Doch hier, wo sich der Langeler Auwald am Ufer entlangstreckt, sei es am schönsten.
„Diese uralten, umgefallenen Bäume überall, das hohe Schilf – hier ist es ein bisschen wie in Hobbit-Land“, schwärmt er. Und außerdem seien hier die Strände „ganz besonders groß“. Ein wichtiges Kriterium für den Sammler. Denn: Um die Mitbringsel seiner langen Reise, die sogenannten Rheingerölle, abzulagern, braucht der Fluss Platz. Und je mehr er davon zur Verfügung hat, desto „größer ist die Chance, dass ich etwas Besonderes finde“, sagt von Loga.
In seinen festen, grünen Gummistiefeln watet er durch mannshohes Schilf, das den Waldweg vom Strand trennt. Hürden gibt es für Sven von Loga nicht. Der eisigen Kälte an diesem sonnigen Vormittag trotzt er mit einer zweiten Lage Skiunterwäsche. Dann legt er los.
Mit Geologen-Hammer Schätze heben
Mit dem Geologen-Hammer bearbeitet Sven von Loga die Gesteine.
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Mit geübtem Blick und blanken Händen sucht er das Ufer ab, hebt Gesteine auf, die sich für den Laien nicht von denen unterscheiden, die den Strand links und rechts davon bedecken. Immer mal wieder nimmt er seinen Geologen-Hammer vom Gürtel, um sie damit zu zerschlagen. Das Gestein zerspringt. Und es wird klar, was den Reiz dieser Schatzsuche ausmacht: die inneren Werte. Denn so ähnlich viele Gerölle von außen auch wirken, so unterschiedlich kann sich ihr Inneres präsentieren. Oder wie Sven von Loga es ausdrückt: „Die Schönheit des Schatzes entdecke ich zu Hause an der Flex.“ Doch legen die – oft erst geschliffenen – Bruchstellen nicht nur die „geologische Schönheit“ der Gesteine frei. Auch helfen sie dabei ein ganz anderes Rätsel zu lösen: nämlich das ihrer Herkunft.
Mosel, Nahe, Neckar: Hier kommen die Schätze her
Zwischen Geröll lassen sich einige Schätze am Rheinufer finden.
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Mosel, Nahe, Neckar, Sieg, Lahn, Nette, Brohlbach und Main: Nahezu 200.000 Quadratkilometer umfasst das Einzugsgebiet des Rheins und das seiner Nebenflüsse. Als Gesteinslieferanten bestimmen sie, was der Rhein noch heute an seinen Ufern ablagert. Sven von Loga nimmt einen Stein in die Hand und zerschlägt ihn. Dann fährt er mit seinem Finger über die Kante.
Zur Person
Sven von Loga ist Geologe und bietet in und um Köln regelmäßig Exkursionen an, um den Menschen die geologischen Schätze der Region näher zu bringen. Weitere Infos gibt es auf seiner Website: www.uncites.de
Er spürt die feinen Sandkörner. „Quarzsandstein, Rheinisches Schiefergebirge.“ Von Loga kennt die geologische Karte der Region auswendig. Er weiß genau, welche erdgeschichtlichen Formationen der Rhein durchfließt und kann den Ursprungsort der Gesteine so auf Anhieb bestimmen. Und falls nicht, bringt er seine ungelösten Fälle in die Geo-Institute der Kölner Universität. Er lacht. „Die freuen sich immer schon, wenn ich komme.“
Steine von weit her
So finden sich hier neben Quarzsandsteinen auch Granite aus dem Schwarzwald und Basalte aus dem Siebengebirge. Dazu kommen Lydite aus dem Frankenwald, die der Main mit sich führt, Bims, den die Nette aus der Laacher-See-Region mitbringt, oder seltene Achate aus dem Saar-Nahe-Gebiet. Mit Hilfe einer speziellen Wanne gewinnt er ab und zu sogar kleine Goldflitter aus dem Rhein. Und manchmal liegt auch ein ungewöhnliches Sammlerstück in dem Geröll.
Den Mammutzahn hat Sven von Loga in Porz-Langel gefunden.
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Von Loga öffnet seinen Rucksack. Und hält einen Mammut-Backenzahn in den Händen – kalkweiß, der Zahnschmelz ist noch erhalten. Den habe er einst genau hier gefunden, erzählt er. Im Kofferraum habe er noch einen weiteren – „vom Baby-Mammut – kleinere Kaufläche“. „In der letzten Eiszeit, die vor 12 000 Jahren so langsam endete, liefen die hier noch überall herum“, erklärt er so elanlos, als würde er über die beiden Schwäne referieren, die gemächlich auf dem Rhein in Richtung Süden an ihm vorbeitreiben. So richtig in Wallung bringt den Experten das exotisch anmutende Fossil nicht. Dafür sorgt erst ein fingernagelgroßes, schrauben-ähnliches Etwas, das er zwischen all den grauen, weißen und braunen Gesteinen findet.
Am Rheinufer lassen sich viele Schätze finden.
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Ein Seelilienstilglied, wie sich herausstellt. In den Steinbrüchen des Oberbergischen und der Eifel fänden sich die marinen Ablagerungen zuhauf, sagt er, „aber hier am Rhein braucht man dafür schon etwas Glück“. Sven von Loga lässt das kleine Fossil in seine Hosentasche fallen. „Das kommt zu Hause in eine Extra-Dose.“