Ein gigantisches Teleskop in Chile soll das Entstehen der ersten Sterne nach dem Urknall durch präzise Daten enthüllen. Diese werden von einem Supercomputer in Köln ausgewertet.
AtacamawüsteKölner Teleskop in Chile soll Daten aus 5600 Metern Höhe liefern

In Xanten wurde das Fred Young Submillimeter Teleskop, das von der Universität Köln wissenschaftlich ausgewertet wird, testweise aufgebaut, damit dann in Chile alles glattgeht.
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Angst vor den ganz großen Themen darf Dominik Riechers in seinem Job nicht haben: Der Wissenschaftler will herausfinden, wie im Laufe der vergangenen 13,8 Milliarden Jahre die Sterne entstanden sind und warum das Universum heute aussieht, wie es aussieht. Riechers ist Professor für Experimentalphysik an der Universität zu Köln und Kopf der deutschen Forschergruppe, die gerade zusammen mit internationalen Partneruniversitäten in der chilenischen Atacamawüste ein riesiges Teleskop aufbaut. Dieses Teleskop soll Licht einfangen, das vor Milliarden Jahren entstanden ist und den Wissenschaftlern mehr über die Geburt der ersten Sterne nach dem Urknall verraten.

Bei der Verschiffung des Teleskops im Rhein-Lippe-Hafen in Wesel am Niederrhein.
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Aufgebaut wird das Teleskop auf 5600 Metern Höhe, dort, wo die Atmosphäre trocken, dünn und damit transparent ist. Die Bedingungen auf dem Berg Cerro Chajnantor in Chile sind, so der Kölner, deshalb geradezu ideal. Idealer wäre nur der Weltraum, eine andere Alternative der Südpol gewesen. „Unser Teleskop soll nicht die Frage beantworten, wie es um ein Objekt am Himmel steht, wir wollen wissen, was der ganze Himmel macht“, erklärt der Wissenschaftler. „Große Himmelsdurchmusterungen“, nennen die Experten das.
Geplant wurde das Fred Young Submillimeter Teleskop (FYST) von einem internationalen Konsortium, an dem die Universitäten Köln und Bonn beteiligt sind. Gebaut wurde es von der Firma CPI Vertex Antennentechnik in Duisburg, benannt ist es nach einem Großspender aus den USA.
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Im Hafen von Antwerpen
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Zuletzt wurde das Teleskop, das einmal so hoch wie ein dreistöckiges Haus sein wird, in Xanten am Niederrhein testweise aufgebaut. „Das haben wir gemacht, damit Kinderkrankheiten schon hier in Deutschland auffallen und nicht erst in Chile“, sagt Riechers. Denn: Die Arbeitsbedingungen in Chile in 5600 Metern Höhe sind extrem schwierig. Die Luft ist dünn, die Menschen müssen mit zusätzlichem Sauerstoff arbeiten, ihren Schichtdienst eisenhart einhalten. Nach sieben Tagen Arbeit am Stück müssen zwingend sieben Tage Pause folgen. „Wir mussten alle Probleme vorher antizipieren, weil man auf dieser Höhe nicht eins und eins zusammenzählen kann“, so der Wissenschaftler.

Mit Lastern werden die Einzelteile an den Ort gebracht, an dem das Teleskop aufgebaut werden soll.
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Rund acht Jahre Entwicklung steckten bereits in dem Projekt, bis es im Dezember in Einzelteilen auf die Reise geschickt wurde. Anders als das James-Webb-Teleskop konnte dieses nicht zusammengefaltet werden, daher wurde alles auf große Schiffe geladen. Aus Xanten ging es nach Wesel am Niederrhein, von dort nach Antwerpen und über den Panamakanal bis nach Chile. Dann wurden die Teile mit Lastwagen 450 Kilometer durch die Wüste und über eine unbefestigte Serpentinen-Straße zu ihrem endgültigen Standort auf dem Berg gebracht. „Jetzt sind die Teile alle da, der Aufbau hat begonnen, und der wird monatelang dauern.“

In 5600 Metern Höhe kommt das Teleskop zu stehen.
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Im Moment sind noch Ingenieure und chilenische Bauarbeiter am Werk, danach übernehmen die Astronomen wie der Kölner Riechers. Alles muss, bevor das Teleskop wichtige Daten liefern kann, noch einmal neu ausgemessen und geprüft werden, die Präzision muss schließlich stimmen. „Wir hoffen auf die ersten wissenschaftlichen Daten im Januar 2026“, sagt Riechers. Er selbst war schon mehrfach vor Ort, wird sich voraussichtlich im Herbst oder dann Anfang des Jahres wieder von Köln aus auf den Weg nach Chile machen.

Ein Astronom schaut in der chilenischen Atacamawüste auf die Milchstraße (Archivbild)
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Finanziert wird das gigantisch große Projekt aus unterschiedlichen Töpfen: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft gibt Geld, ebenso die beteiligten Universitäten Köln, Bonn und das Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching, zudem amerikanische und kanadische Universitäten – und US-Sponsor und Namensgeber Fred Young.
Alle Daten, die das Teleskop eines Tages aus den Tiefen des Universums liefert, sollen in einem Datenzentrum in Köln zusammenfließen. „Bei uns wird der Supercomputer stehen“, sagt Riechers. Und warum das Ganze? Riechers versucht sich an einer Laien-Erklärung: „Je besser man die Vergangenheit versteht, desto mehr kann man daraus auch für die Zukunft ableiten. Wir hoffen, dank des Teleskops mehr darüber zu erfahren, wie sich das Universum weiterentwickeln wird.“