Leverkusen – Frau Savelsberg, als Friseurin gucken Sie ganz genau hin, wie es bei den Leverkusenern auf den Köpfen aussieht. Was ist die schlimmste Sünde, die man seinen Haaren antun kann? Susanne Savelsberg: Selber färben! Viele gehen in den Drogeriemarkt und kaufen sich eine Farbe, die auf der Packung schön aussieht. In Kombination mit der eigenen Haarfarbe ist die Gefahr aber gegeben, dass das Ergebnis völlig anders ist – und zwar auf erschreckende Weise. Dann kommen die verzweifelten Anrufe und wir müssen das wieder hinbekommen. (lacht)
Ist Ihnen ein besonders schlimmer Fall in Erinnerung?Savelsberg: Eine Kundin hatte richtig gelbstichige Haare, die zum Teil auch schon abgebrochen waren. Die war mit der ersten Haarfärbung nicht zufrieden gewesen und hatte zu Hause noch mehrere Male nachgefärbt, um das erste Ergebnis zu korrigieren. Das war ein richtiger Problemfall.
Was machen Sie denn, wenn ein Kunde partout einen Schnitt möchte, der ihm nicht steht? Savelsberg: Dann weise ich den Kunden darauf hin, da bin ich ehrlich. Die meisten sehen das dann auch ein. Zumal es auch Dinge gibt, die einfach nicht möglich sind, weil die Haare des Kunden das nicht hergeben. Wir finden eigentlich immer eine Lösung.
Susanne Savelsberg, 44, ist in Schlebusch geboren und aufgewachsen. 1992 begann sie ihre Lehre im Friseursalon Savelsberg bei ihrem späteren Schwiegervater Horst Savelsberg, der erst zwei Salons in Köln führte, bevor er 1965 den Salon in Schlebusch eröffnete. 1964 und 1966 wurde er Weltmeister im Frisieren. Zusätzlich absolvierte Susanne Savelsberg eine Ausbildung zur Kosmetikerin und als Visagistin. 2003 übernahm sie den Salon mit ihrem Mann Dirk Savelsberg, der im April 2011 starb. Seitdem führt Savelsberg den Salon allein. (sbs)
Der „bad hair day“ ist unter Frauen berühmt-berüchtigt: Man fummelt stundenlang an der Frisur, aber es kommt nur Murks raus. Kennen Sie das als Friseurmeisterin auch?Savelsberg: Sehr selten. Aber wenn, sitze ich hier in meinem Salon natürlich an der Quelle. (lacht)
Es gibt Leute, die müssen Ihre Haare täglich waschen, andere nur jeden dritten Tag. Kann man Haare auf Pflegeleichtheit trainieren?Savelsberg: Mit den richtigen Haarpflegeprodukten kann man das beeinflussen. Viele Kunden kaufen ja das, was in der Werbung empfohlen wird, oft auch richtig teure Sachen, die aber gar nicht richtig für Ihren Kopf sind. Da wird viel Geld zum Fenster rausgeworfen.
Kunden erzählen Ihnen sicher oft ungefragt intime Dinge aus ihrem Leben. Wie finden Sie das? Savelsberg: Schön. Neukunden sind natürlich nicht so offen, aber Kunden, die man länger kennt, die schütten schon ihr Herz aus. Die erzählen dann auch, wenn sie ein wichtiges Date haben, gerade zum Wochenende hin.
Einen Friseurbesuch muss man sich ja auch leisten können. Gibt es Kunden, die für einen Besuch richtig sparen müssen?Savelsberg: Ja, gibt es. Das merke ich, wenn sie sagen, dass sie jetzt erst einmal ein paar Wochen lang nicht kommen können. Aber denen ist die perfekte Frisur eben wichtig. Die sparen vielleicht lieber am Outfit.
Ihr Mann Dirk Savelsberg, mit dem Sie den Friseursalon zusammen betrieben haben, ist vor anderthalb Jahren gestorben. Haben Sie an Schließung gedacht? Savelsberg: Nein. Es war klar, dass ich den Salon weiterführen muss. Das Schöne ist, dass mein Sohn gerade eine Lehre als Friseur macht. Er ist 19 Jahre alt und möchte danach auch gerne im Salon arbeiten. Das freut mich sehr.
Kommt es oft vor, dass Kunden mit Hochglanz-Magazinen kommen und die Vorstellung haben, Sie könnten auf dem Kopf auch so aussehen wie die Stars? Savelsberg: Im Moment wäre das ja sogar machbar. Der Trend auch in Hollywood geht ja zum lockeren Look, zum strubbeligen, unperfekten. Das sind oft einfache Frisuren. Vor 20 Jahren wurde in Hollywood noch viel aufwändiger toupiert und frisiert.
Wenn man zurückblickt, gab es ja auch manch fragwürdige Frisurenmoden. Welche fanden Sie schlimm?Savelsberg: Eigentlich ist jeder Trend schön gewesen.
Ist das Ihr Ernst?Savelsberg: Ja. Gut, es gibt immer wieder Menschen, die etwas Zeit brauchen, bis sie den neuen Trend herausgefunden haben. Die hinken etwas hinterher. Aber im Grunde genommen haben wir doch die meisten Trends gerne mitgemacht. Selbst die Punkfrisuren.
Was ist die schwerste Frisur für einen Friseur?Savelsberg: Der wirklich perfekt geschnittene Pagenkopf. Der ist nichts für Anfänger, und der ist selbst für Profis nicht mal eben schnell gemacht.
Männer sind ja eher Mode- und Frisurenmuffel. Hat sich das was getan?Savelsberg: Enorm viel, vor allem in den letzten zehn Jahren. Was Kosmetik und Pflegeprodukte angeht, steigt die Nachfrage bei Männern sehr. Und die Farbbehandlung ist wichtiger geworden, graue Haare werden viel eher überdeckt.
Es gab da ja mal einen Streit um die Haare des Ex-Kanzlers Schröder, der behauptete, seine Haare seien nicht gefärbt. Savelsberg: Ja, daran erinnere ich mich.
Was haben Sie denn als Friseurin damals gedacht? Savelsberg: Also, für mich war der Fall ziemlich eindeutig. (lacht)
Also brauchen die Männer im Badezimmer bald länger als man selbst? Das können wir Frauen doch nicht wollen. Savelsberg: Früher haben die Männer eben heimlich in die Cremetöpfchen ihrer Frauen gegriffen. Nur geschieht das jetzt alles eben offener. Und mittlerweile kommen die auch mit Magazinen an und zeigen auf Frisuren, die sie haben möchten. Viele möchten eine Frisur, mit der sie auf der Arbeit seriös aussehen, die sie sich in der Freizeit aber wild stylen können. Diese Wandelbarkeit wird wichtiger.
Was sind die typischen Anfängerfehler eines Friseurs?Savelsberg: Dass man mal aus Versehen jemandem ins Ohr schneidet, das hat wohl jeder Friseur schon mal mitgemacht. Und wesentlich kürzer schneiden als Kunde verlangt, das ist mir früher auch mal passiert.
Was war das schönste Kompliment, was Sie je für einen Haarschnitt bekommen haben?Savelsberg: Einige Kunden waren schon zu Tränen gerührt, weil es so ein Unterschied zu ihrem früheren Aussehen war. Es kommt aber auch vor, dass Männer anrufen und sagen: „Wow, was haben Sie denn mit meiner Frau gemacht. Die sieht ja auf einmal ganz anders aus.“
Und die Ehefrauen rufen nicht an?Savelsberg: Nein, die eher nicht. (lacht)
Sie beraten aber auch Menschen, die wegen einer Chemotherapie eine Perücke brauchen. Savelsberg: Ja. Besonders für Frauen ist das ein großes Problem, wenn ihnen die Haare ausfallen. Wenn die Haare abrasiert werden, ist das ein sehr emotionaler Moment, auch für mich. Da ist es besonders wichtig, eine gute Beratung zu machen und die Frisur möglichst ähnlich zu machen wie vorher.
Sind solche Perücken nicht teuer?Savelsberg: Es gibt Dauerpatienten, die immer eine Perücke brauchen, die kriegen natürlich einen Teil von der Krankenkasse bezahlt. Einen Anteil müssen Kunden aber selbst zahlen. Eine Echthaarperücke kann so um die 4000 Euro kosten. Es kommt noch drauf an, von welchem Kontinent das Haar stammt. Am teuersten ist europäisches Haar. Das sowie die Haarqualität und -länge bestimmen den Preis.
Ihr Schwiegervater hat den Salon 1965 in Leverkusen geöffnet. Sah das Berufsleben eines Friseurs früher anders aus? Savelsberg: Früher kamen Damen nur zum Frisieren vorbei. Da wurden die Haare eingedreht und toupiert vor festlichen Veranstaltungen. Das kommt heute außer bei Hochzeiten eigentlich nicht mehr vor. Und: Damals gab es noch längst nicht so viele Friseure wie heute.
Bereitet Ihnen die große Konkurrenz Existenzsorgen? Savelsberg: Nein, darüber denke ich nicht viel nach. Und Haare müssen nun mal geschnitten werden.
Das Gespräch führte Sarah Brasack