Prozess in LeverkusenErpresser von Jonathan Tah akzeptiert das Urteil nicht

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Der Mann, der Jonathan Tah nach Überzeugung des Amtsgerichts erpresst hat, neben seinem Anwalt Cornelius Diedrich.

Der Mann, der wegen Erpressung verurteilt wurde, im Opladener Amtsgericht. Neben ihm sein Anwalt Cornelius Diedrich

Der 30 Jahre alte Mann soll 20 Monate auf Bewährung bekommen. Jetzt hat er Rechtsmittel eingelegt.  

Es hatte sich angedeutet, nun ist es Wirklichkeit. Gerardo D. (Name geändert) und sein Rechtsbeistand Cornelius Diedrich gehen gegen das Urteil vor, das Amtsrichter Thomas Nagel nach einer ausführlichen Beweisaufnahme vor eineinhalb Wochen in Opladen verkündet hat. Es lautete: Haftstrafe von 20 Monaten wegen vollendeter und versuchter Erpressung. Sie wird auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss er 200 Stunden in einer sozialen Einrichtung arbeiten und für den finanziellen Schaden aufkommen, den er dem Bayer-04-Profi Jonathan Tah zugefügt hat. Das sind 108.000 Euro.

Letzteres würde den Mann, der sich nach eigenen Angaben mittlerweile als Spielervermittler versucht, ebenfalls hart treffen: Er betreue bisher nur einen Fußballer, hatte er am Rande des Prozesses in Opladen erklärt. Seine finanziellen Mittel dürften sehr begrenzt sein.

Ab 2014 war nach Überzeugung des Gerichts Geld geflossen – Jonathan Tah sei von dem drei Jahre Älteren immer mehr unter Druck gesetzt worden, und das über viele Jahre. Versuche, sich den Mann vom Hals zu schaffen, seien letztlich immer gescheitert. 2021 sollte viel mehr Geld fließen: 200.000 Euro, von Gerardo D. deklariert als Anschub-Finanzierung für seine Spielervermittlung – und deshalb sogar vor Gericht eingeklagt, zuzüglich Mehrwertsteuer. 

Nicht Erpresser, sondern Förderer

Während die Richter das schillernde Verhältnis zwischen D. und Tah unterm Strich als erpresserisch bewerteten, beharrt der Verurteilte auf einer ganz anderen Beurteilung: Er sieht sich als Freund und Förderer des zwischendurch sogar zum Nationalspieler aufgestiegenen Abwehr-Spezialisten. Fotos und Videoschnipsel sollten das im Prozess belegen. Tatsächlich hatte es immer wieder Treffen zwischen D. und Tah gegeben, die sich vor eineinhalb Jahrzehnten in der Jugendabteilung des Hamburger SV kennengelernt hatten. 

Cornelius Diedrich, der Verteidiger des Verurteilten, äußert sich bislang nicht zu den Gründen, aus denen er das Opladener Urteil anfechten will. Gerardo D. dagegen meldet sich Donnerstagmittag ausführlich zu Wort. Die vom Gericht als Erpressungsversuch beurteilte Verabredung, Tah solle ihm 200.000 Euro überweisen, sei auch die Wiedergutmachung für einen Zwischenfall ein paar Jahre zuvor unter der Stelze nahe der Bay-Arena. Für D. war das ein Überfall, für Tah und ein paar Freunde nur die wehrhafte Reaktion auf eine vorherige Androhung des Verurteilten, er „komme jetzt nach Leverkusen aufräumen“.

Nach Aussagen der Tah-Seite habe es bei der Gelegenheit nur ein paar Ohrfeigen gesetzt. Der Angeklagte sprach dagegen von schwerwiegenden Verletzungen. Zur Polizei ging er damals allerdings nicht.

Die nach Überzeugung des Gerichts tatsächlich von Tah stark gestückelt gezahlten 108.000 Euro relativiert der Verurteilte ebenfalls. Er kommt nur auf 22.500 Euro, die 2013 flossen, nachdem er einen schweren Autounfall hatte. Dazu kämen 38.000 Euro in den beiden Jahren darauf. Aber auch das sei kein erpresstes Geld: Für Gerardo D. ist Tah immer noch ein Freund, der im Lauf seiner durch ihn angeschobenen Karriere die Bodenhaftung verloren hat. Was kein Wunder sei, bei einem Jahressalär von sechs Millionen Euro. 

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