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Leverkusener DauerbaustellenSchutz vor Hochwasser tut in Opladen und Schlebusch weiter Not

8 min
Hochwasser in der Wiembachallee

Die Wiembachallee steht am 14. Juli 2021 nach heftigen Regenfällen unter Wasser.

Die Katastrophe des 14. und 15. Juli 2021 hat das Thema Hochwasser auch in Leverkusen im Wortsinn ganz nach oben auf die Agenda geschwemmt. 

Leverkusen lebt zwar als Stadt an Rhein und Wupper seit jeher mit der Gefahr von Hochwassern. Nach dem Weihnachtshochwasser 1993 und dem Winterhochwasser 1995, die jeweils Teile von Hitdorf unter Wasser setzten, tat sich entlang des Rheins einiges. In Hitdorf entstand nach zehnjähriger Planung ab 2009 ein verbesserter Schutz vor Hochwasser. Er besteht auf etwa einem Kilometer Länge aus einer verkleideten Mauer mit Spundwandkern sowie mobilen Hochwasserschutz-Elementen. Ausgelegt ist der Schutz vor den Rheinfluten in Hitdorf für ein Hochwasser, das statistisch alle 200 Jahre auftritt. 2011 waren die Arbeiten in Hitdorf beendet.

Der Deichbau im heutigen Leverkusener Stadtgebiet begann freilich ein Jahrhundert früher, wie auf der Webseite des Deichverbands Leverkusen zu erfahren ist. Nach diversen Hochwassern, die in Rheindorf und Bürrig Schäden angerichtet hatten, begannen Deichbauarbeiten zunächst 1909 in Rheindorf und 1912 in Bürrig. Die Deiche wurden in den folgenden Jahrzehnten sukzessive erhöht. Insbesondere das Jahrhunderthochwasser von 1925/26 brachte neuen Schwung in die Anstrengungen, die Bewohner an Rhein, Wupper und Dhünn, die ab 1930 in der neu gegründeten Stadt Leverkusen lebten, vor Überflutungen zu schützen.

Im selben Jahr 1930 wurde im Übrigen der Wupperverband gegründet, der für das gesamte Einzugsgebiet der Wupper zuständig ist. Bis der sich auch um Hochwasserschutz kümmerte, dauerte es allerdings etwas. Zunächst standen mit Blick auf den in weiten Teilen biologisch toten Fluss, dessen Wasser eine stinkende Kloake war, Fragen der Abwasserbeseitigung und der Trinkwasserversorgung für die Bevölkerung im Vordergrund.

2016

Die Technischen Betriebe Leverkusen (TBL) beginnen damit, Pläne für einen verbesserten Hochwasserschutz entlang des Wiembachs zu entwickeln, der in Opladen in die Wupper mündet. Denn schon vor knapp einem Jahrzehnt ist klar: Der Wiembach ist nach der EU-weit gültigen Hochwasserschutz-Richtlinie ein Risikogewässer. Der Schutz der Bevölkerung vor einem Hochwasser des Wiembachs durch vorhandene Böschungen und Deiche reicht nicht aus. Ab 2018/19 entwickeln die Fachleute bei den TBL den Plan, den Querschnitt des unteren Wiembachs zu vergrößern, um so eine deutliche Absenkung des Wasserspiegels zu erreichen. Genügend, um bei einem statistisch alle 100 Jahre auftretenden Hochwasser am Wiembach gewappnet zu sein. 

10. Juni 2018

Über dem Leichlinger Stadtgebiet entlädt sich eine Gewitterzelle. 65 Liter Regen fallen pro Stunde. Gewaltige Wassermassen strömen durch die höher gelegenen Stadtteile und rauschen über die Hänge ins Tal der Wupper. Der Weltersbach wird in der Nacht zu einem reißenden Strom. Im Pilgerheim Weltersbach entsteht ein Millionenschaden. Die Paul-Klee-Förderschule nahe des Wupperufers wird völlig überflutet und anschließend für zwölf Millionen Euro saniert. Die Regenmassen überfluten vor allem die Ortschaft Büscherhöfen und die Leichlinger Innenstadt. Wupperabwärts in Leverkusen halten sich die Schäden durch die Hochwasserwelle der Wupper in Grenzen. In Bürrig fallen an jenem Juni-Tag vor sieben Jahren 31 Liter Regen pro Stunde.

März 2020

Und doch gibt das, was da über Leichlingen hereingebrochen ist, unter anderem den Fachleuten bei den Technischen Leverkusen zu denken. Sie lassen eine Starkregenkarte für die Stadt erstellen. Die beauftragten Experten eines Erkrather Planungsbüros weisen insbesondere darauf hin, dass verrohrte Wasserläufe eine Gefahr darstellen, weil die Abflusskapazität dieser Rohre recht schnell erschöpft ist. Eine der Problemzonen, die das Erkrather Büro im Fall von Starkregen ausmacht: die Einmündung des Leimbachs in die Dhünn, östlich des Schlebuscher Zentrums.

14./15. Juli 2021

Die Hochwasserkatastrophe, die in ganz Deutschland fast 190 Todesopfer fordert, trifft auch Leverkusen und Leichlingen äußerst hart. In Leverkusen fallen innerhalb einer Nacht 130 bis 160 Liter Regen pro Quadratmeter. Die Feuerwehr rettet in Leverkusen 20 Personen aus lebensbedrohlichen Lagen. Große Teile der Opladener und der Schlebuscher Innenstadt stehen unter Wasser, auch in Manfort steht das Wasser in einigen Straßen, in Bürrig laufen Dutzende Keller voll. Das städtische Klinikum muss evakuiert werden, ebenso das Altenheim St. Elisabeth in Schlebusch. Das Autobahnkreuz Leverkusen wird wegen Überflutungen komplett gesperrt. Fast die gesamte Innenstadt von Leichlingen steht unter Wasser.

Ende April 2023

Der Deich an der Dhünn auf der Jeckswiese in Schlebusch wird fertiggestellt, der den Ortskern jedenfalls vor einem 100-jährlichen Hochwasser schützen soll. Eigentlich gab es bereits 2017 fertige Pläne für den Bau des Deiches vorgelegen, doch Anwohner hatten gegen das Hochwasserschutzbauwerk geklagt. 2021 war Schlebusch unter anderem durch die über die Ufer getretene Dhünn unter Wasser gesetzt worden.

Januar 2025

Dreieinhalb Jahre nach der Katastrophe hält die Diskussion darüber, was mit dem Ophovener Weiher geschehen soll, weiter an. Der einst als Regenrückhaltebecken konzipierte Weiher, der vom Mühlenbach gespeist wird, war im Juli-Hochwasser übergelaufen und hatte wesentlich zur Überflutung von Schlebusch beigetragen. Der für den Weiher zuständige Wupperverband möchte den Damm des Weihers leicht erhöhen, die Wasserfläche aber massiv verkleinern. Die CDU sieht nun aber den Naherholungswert des Weihers gefährdet. Wann sich konkret etwas für einen besseren Hochwasserschutz am Weiher tut, ist offen.

April 2025

Die Beseitigung der 2021 entstandenen Schäden nimmt Jahre in Anspruch. Als letzte in Folge des Hochwassers ausgelagerte Schule zog die in der Wupperniederung in Opladen gelegene Theodor-Heuss-Realschule kurz vor Ostern 2025 in ihr grundlegend renoviertes Schulgebäude zurück. Fast vier Jahre lang waren die Schülerinnen und Schüler in der Montanus-Realschule und der Grundschule an der Heinrich-Lübke-Straße in Steinbüchel untergebracht.

Mai 2025

Die TBL informieren die Opladenerinnen und Opladener bei einem Informationsabend darüber, wie sie den Hochwasserschutz am Wiembach verbessern wollen. Mindestens eine, womöglich aber auch zwei der vier Hainbuchreihen, die am letzten halben Kilometer vor der Mündung des Bachs in die Wupper eine schmucke Allee bilden, müssen für besseren Hochwasserschutz gefällt werden. Dagegen hat sich Widerstand in einer Bürgerinitiative formiert, weil viele Opladener ihre Allee nicht verlieren wollen. Die TBL betonen, dass die Allee im Grundsatz erhalten bleibt, weil nach der Verbreiterung und naturnäheren Gestaltung des Bachbetts in diesem Abschnitt neue Bäume gepflanzt werden. Doch etliche Anwohner beharren darauf, dass nicht der Wiembach, sondern die Wupper bei Hochwasser das Problem sei. Wann die Bauarbeiten beginnen, ist unklar; die TBL betont, sie stehe noch am Anfang der Planungen.

Unterdessen ist der Hochwasserschutz am Mutzbach in Manfort vorangekommen. Die überlaufenden Mutzbach-Weiher am Jugendhaus Lindenhof hatten in dem Gebäude im Juli 2021 schwere Schäden verursacht. Das Jugendhaus ist nach jahrelanger Sanierung seit Ende März 2025 wieder eröffnet, die Haustechnik nun hochwassersicher installiert. Der Wasserstand in den Weihern wurde abgesenkt, die Abläufe werden regelmäßig kontrolliert. Eine Außenmauer ist erhöht worden.


Leverkusener Dauerbaustellen

Leverkusens Dauerbaustellen sind die Themen, die die Stadtgesellschaft schon lange beschäftigen. Im Vorfeld der Kommunalwahl stellen wir sieben dieser Baustellen in einer Chronologie vor. Alle Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt sind von uns gefragt worden, wie sie die Probleme angehen wollen. Unten stehen die Antworten, die wir erhalten haben.


Was muss getan werden, um den Wiembach und den Ophovener Weiher hochwasserfest zu machen?

Uwe Richrath (SPD): Leverkusen ist dazu gesetzlich verpflichtet. Planungen dazu wurden schon vor der Flut 2021 der Politik und der Öffentlichkeit vorgestellt. Seitdem wird in engem Austausch zwischen TBL, Stadtverwaltung, Politik und den Bürgerinnen und Bürger eine Lösung erarbeitet, die Zustimmung für alle findet. Auch ich möchte den Charakter der betroffenen Gebiete erhalten. Ich bin sicher, dass gemeinsam eine gute Lösung gefunden wird.

Stefan Hebbel (CDU): Wir wollen die Menschen und die Gebäude vor Hochwasser schützen, ihnen aber auch die Wiembachallee und den Oulusee nicht nehmen, die insbesondere im Sommer vor Hitze schützen. Um eine Verbreiterung der Fläche für den Wiembach kommt man wohl nicht herum. Wir tun gut daran, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, um so viel wie möglich für Naherholung und Hitzeschutz zu erhalten. Am Ende geht Hochwasserschutz aber vor.

Sven Weiss (Grüne): Wir müssen Wasser seinen Raum geben, sonst sucht Wasser sich den nötigen Raum. Dazu gehören beispielsweise Flächen zum Versickern. Wir sehen dies als Investition in unsere Stadt, unsere Zukunft und damit auch als Pflichtaufgabe an. Im Übrigen ist der Hochwasserschutz eine interkommunale Aufgabe, denn Flüsse machen nicht an Stadtgrenzen halt. Außerdem begrüße ich sehr die bis dato stattgefundene Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.

Valeska Hansen (FDP): Das Hochwasser 2021 war schrecklich, das darf nie wieder passieren. Der Ophovener Weiher soll Naherholungsgebiet bleiben, zugleich wollen wir verlandete Teiche ausbaggern, damit er besser vor Hochwasser schützt. Auch die Wiembachallee soll sicher bleiben. Für uns gilt: Hochwasserschutz ist Pflicht – Sicherheit und Lebensqualität müssen zusammengehen.

Benedikt Rees (Klimaliste): Nicht der Wiembach, sondern die Wupper hat zu Überschwemmungen von Opladen im Jahr 2021 geführt. Die Überschwemmungen in Schlebusch wurden im Wesentlichen durch die Dhünn und den Ophovener Mühlenbach verursacht, der in weiten Teilen verrohrt ist. Höhere Deiche werden keine Abhilfe schaffen, die Aufweitung des Wiembachs wird aufgrund der vielen Nadelöhre ohne Wirkung bleiben. Weitere Bebauung in Überschwemmungsgebieten sollte unterbleiben.

Angelo Deckert (Die Partei): Mehr schönes Wetter, weniger Regen, wäre schon mal ein Anfang. Auch da sind wir an einer Technologie-offenen Lösung interessiert. Wetterkontrolle über Chemtrails wäre ein Anfang. Dafür bräuchte man auch einen großen Flughafen.