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VergewaltigungsprozessLeverkusener Angeklagter könnte vorzeitig in Haft kommen

Lesezeit 3 Minuten
Das Kölner Landgericht an der Luxemburger Straße.

Das Kölner Landgericht an der Luxemburger Straße. 

Das Verfahren wegen Vergewaltigung gegen einen Wiesdorfer drohte zu platzen.

Im Vergewaltigungsprozess gegen einen Leverkusener erwägt die Richterin härtere Maßnahmen: Der Angeklagte könnte in Haft genommen werden. Dann könnte er den Prozess nicht mehr gefährden, seine Anwesenheit wäre garantiert. Denn er erschien am Donnerstagmorgen einfach nicht zum Verhandlungstermin und die Ausreden, die die Anwälte überbrachten, wirkten fadenscheinig: Angeblich soll er sich morgens telefonisch in der Kanzlei bei einem seiner Anwälte krankgemeldet haben. Unter Prozessbeobachtern machte dagegen schnell eine Vermutung die Runde: „Vielleicht ist er nach Marokko durchgebrannt?“ So ganz falsch lagen sie nicht, wie sich später zeigte.

Mustafa J. ist unter anderem wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Misshandlung und Körperverletzung angeklagt. Er soll seine Exfreundin brutal geschlagen und vergewaltigt haben. Sie hatte sich erst Jahre nach den Taten, die er um das Jahr 2015 verübt haben soll, zu einer Anzeige entschließen können.

Der Angeklagte könnte sich entziehen

Es könnte sein, dass er sich dem Prozess entziehen will, dass er den Prozess ganz absichtlich platzen lassen will. Ohne einen anwesenden Angeklagten kann keine Verhandlung stattfinden. Eine Verhandlung im Strafprozess darf keinen Tag länger als drei Wochen unterbrochen werden, sonst muss der gesamte Prozess neu aufgerollt werden. Der letzte Prozesstag lag schon länger zurück, die Dreiwochenfrist wäre am 2. August abgelaufen.

Deshalb beauftragte die Richterin zuerst mal die Polizei, nach Mustafa J. in seinem Krankenlager in der Wiesdorfer Wohnung zu sehen, ob er auch wirklich nicht verhandlungsfähig sei. Die Polizei nahm sich Zeit, sie konnte ihn nicht finden, seine Wiesdorfer Wohnung, in der er angeblich mit seiner Tochter als alleinerziehender Vater lebt, schien seit langer Zeit unbenutzt.

Überraschung: Er ist in Marokko

Am späten Nachmittag überbrachten die Anwälte dann die Auflösung: Der Mann, geboren 1989, ist gar nicht krank. Das war offenbar gelogen. Er stecke in Marokko fest, habe den Rückflug verpasst, hatte einer der Anwälte herausgefunden. Eine Kopie des verfallenen Flugscheins lieferte er zu den Akten. Er soll den Flug nicht bekommen haben, weil seine junge Tochter krank sein soll.

Seine Familie hat einen marokkanischen Migrationshintergrund, Mustafa J. hat die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Familie stammt ursprünglich aus dem marokkanischen Ceuta an der Straße von Gibraltar. Es gibt mindestens einen Bruder, der dauerhaft in Marokko lebt. Der versteckt sich dort vor der deutschen Justiz, er würde bei der Einreise vermutlich an der Grenze in Haft genommen. Es gibt mit Marokko kein zuverlässiges Auslieferungsverfahren.

Mit Leverkusener Kennzeichen in Marokko

Auch der Angeklagte, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, scheint sich oft in der Familienheimat Marokko aufgehalten zu haben, sie ist ihm vertraut. Seine Social-Media-Seite zeigt das. Die Seite ist gespickt mit Bildern, auf denen er sich mit Luxus-Autos zeigt, meistens der Marke Mercedes. Ein Bild zeigt ihn in Tanger mit einem Sport-Mercedes (mit LEV-Kennzeichen).

Der Angeklagte zeigt sich vielfach mit nacktem Oberkörper, ein Filmchen aus 2015 zeigt ihn beim Boxtraining. In die Zeit fallen die Taten, als er seine Exfreundin geschlagen haben soll. Es gibt ein Selfie mit Rolex-Uhr. Im Prozess war stets die Rede davon, dass er von kleinen Jobs und von staatlicher Hilfe lebe – sein Strafregister handelt von Diebstahl und Betäubungsmitteln, auch, dass er Frauen zum Anschaffen gezwungen haben soll.

Die Richterin fand übrigens doch noch einen Weg, wie sie das Platzen des Prozesses verhindern konnte: Sie eröffnete kurz formell die Verhandlung, um festzustellen, dass der Angeklagte nicht da sei. Die Dreiwochenfrist ist damit wieder auf null gestellt. Der Prozess wird fortgesetzt.