Leverkusener vor GerichtÜber vier Millionen sollen versickert sein

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Kadri A. mit Anwältin und Anwalt, Landgericht Köln. Foto: Ralf Krieger

Kadri A. mit Anwältin und Anwalt, Landgericht Köln.

Ein Leverkusener Bauunternehmer soll über vier Millionen Euro Lohnsteuer und Versicherungsbeiträge hinterzogen haben.

Wer beim ersten Verhandlungstag als Angeklagter vorm Kölner Landgericht gleich eine halbe Stunde zu spät kommt, muss damit rechnen, vom Richter den ersten Rüffel noch vor Eröffnung der Sitzung zu erhalten: „Beim nächsten Mal fahren sie früh genug los“, sagte er. Adressat war der 47-jährige Leverkusener Kadri A. (Name geändert), der versuchte, sich mit einem Stau auf der Autobahn herauszureden.

In seiner Bau-Firma muss der Angeklagte die Termine auf den Baustellen anscheinend viel besser eingehalten haben, denn er muss in den Jahren zwischen 2013 und 2018 ziemlich viel Geld am Bau gemacht haben. Der Staatsanwalt wirft Kadri A. vor, in 184 nachweisbaren Fällen als Geschäftsführer seiner Firma für Arbeiter keine oder zu wenig Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt und Belege gefälscht zu haben. In 59 Fällen wirft der Staatsanwalt ihm Steuerhinterziehung vor. Um die Ausgaben für seine nicht ordentlich angemeldeten Arbeiter irgendwie verbuchen zu können, soll er Scheinrechnungen von sechs anderen Bau-Servicefirmen gekauft haben, die er als Fremdleistungen verbuchte.

Anwältin: Vieles ist verjährt

Insgesamt, so der Staatsanwalt, habe Kadri A. die Versicherungen und das Finanzamt um 4,55 Millionen Euro betrogen. Diese Summe, beantragte er, solle bei der Firma eingezogen werden.

Im Landgericht Köln,im gerichtssaal. Foto: Ralf Krieger

Fall-Akten im Gerichtssaal im Landgericht Köln.

Der Angeklagte schweigt, aber seine Anwältin nicht. Die beantragte erstmal, dass die Anklagen für über 150 der 184 Fälle zurückzuziehen seien. Sie bestritt nicht, dass ihr Mandant die Taten verübt haben könnte, aber zum Teil habe der Staatsanwalt keine genaue Tatzeit angegeben, andere seien verjährt, auch wenn der Angeklagte in seiner Firma schon 2018 eine Hausdurchsuchung hatte, die die Verjährung eigentlich unterbricht. Als die Staatsanwaltschaft die kleine Firma durchsuchte, lag der Firmensitz schon in Manfort, zuvor residierte die Ein-Mann-GmbH in Opladen in einer Gegend zwischen Shisha-Bars und Dönerläden.

Über die Anträge wird die Kammer in der nächsten Sitzung entscheiden. Möglich also, dass vielleicht nicht die gesamten 4,55 Millionen Euro einzuklagen sind.

Die Baufirma von Kadri A. existiert nach wie vor. Sie wurde 2009 gegründet und wird von allen Branchen-Info-Seiten im Netz aufgeführt. Auf der eigenen Webseite wirbt man mit vielfältigen Bauleistungen, die man beherrsche. Fast 30 Mitarbeiter will die Firma laut dieser Quelle beschäftigen. Als Referenzen werden dort keine Namen von Bauinvestoren genannt, sondern nur Hochglanz-Bilder von den heute üblichen Mehrfamilienhäusern.

Weitere Firma in der Schweiz 

Der Wirkungskreis Kadri A.'s beschränkte sich aber offenbar nicht auf das Rheinland. Eine Internet-Recherche bringt ein paar Fakten zutage, die womöglich vor Gericht erklärungswürdig sein könnten:

Der Angeklagte wird nicht nur im deutschen, sondern auch in schweizerischen Handelsregistern geführt. 2015 ließ er zum Beispiel im Kanton Zürich eine Firma eintragen. Zweck soll die Ausführung von Innenausbauarbeiten, insbesondere das Verlegen von Bodenbelägen und der Handel mit Baumaterialien sein. Dort wird Kadri A. noch als kosovarischer Staatsbürger geführt, am Mittwoch im Gericht gab er an, Deutscher zu sein. Keine sechs Monate war er 2017 bei einer Luzerner Investment-Firma eingetragen; mit ihm andere Männer mit kosovarischer und serbischer Staatsbürgerschaft.

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