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Petition gestartetBreiter Widerstand gegen Schließung der Leverkusener Stadtteilbibliotheken

4 min
Stadtteilbibliothek Schlebusch

Viele wünschen sich, dass die Stadtteilbibliotheken, wie hier in Schlebusch, erhalten bleiben.

Eine Petition findet viele Unterstützer, auch die betroffenen Schulleiter würden die Schließung bedauern. 

Gegen die geplanten Schließungen der Stadtteilbibliotheken in Schlebusch und Opladen regt sich Widerstand. Knapp 2000 Menschen haben bereits eine Online-Petition für den Erhalt der beiden Standorte im Freiherr-vom-Stein- und Landrat-Lucas-Gymnasium unterschrieben.

Das Haushaltssicherungskonzept sieht vor, die beiden öffentlichen Stadtteilbibliotheken in Schlebusch und Opladen in den Jahren 2027/2028 zu schließen, wenn mehrere Mitarbeiterinnen voraussichtlich in Ruhestand gehen. Das soll der Stadt 2,25 Stellen einsparen, laut Plan ab 2028 rund 122.000 Euro, später kalkulierte 145.000 Euro pro Jahr. Die Bibliotheksverantwortlichen selbst hätten sich „unter starken Bauchschmerzen“ zu diesem Schritt entschieden, um trotz der Sparzwänge das breite Angebot aufrechtzuerhalten und in der Zentrale in Wiesdorf zu konzentrieren.

In der Politik ist das auf gemischtes Echo gestoßen: Opladen Plus positionierte sich klar für den Erhalt, die Schlebuscher Bezirksvertreter bedauerten den Schritt zwar auch, stimmten letztendlich aber der Schließung zu – unter der Voraussetzung, dass die schulische Weiternutzung sichergestellt sei. Das bestätigte die Stadtverwaltung: „Sie bleiben den Schulen erhalten, sind dann nur nicht mehr für die Öffentlichkeit gedacht“, sagte Dezernent Marc Adomat.

Es ist ganz entscheidend, dass der Kontakt mit Büchern ganz früh beginnt
Benjamin Diese, Initiator der Petition

Das allerdings sieht Benjamin Diese, der die Online-Petition ins Leben gerufen hat, nicht so. „Die Bibliothek in Opladen wird nicht nur von den Schülerinnen und Schülern des Landrat-Lucas-Gymnasiums genutzt“, sagt der Vater zweier Kinder auf Opladener Schulen. „Die GGS Opladen hat mit der Bibliothek einen Kooperationsvertrag, sie kommt mit mehreren Schulklassen regelmäßig in die Stadtteilbibliothek.“ Auch die umliegenden Kitas kommen zu Lesestunden und erstem Kontakt mit Büchern. Das sei gerade für jene Kinder enorm wichtig, deren Eltern aufgrund von Sprachbarrieren nicht den Weg in die Bibliothek finden würden – und schon gar nicht bis nach Wiesdorf. Als Lehrer am Berufskollege wisse er: „Es ist ganz entscheidend, dass der Kontakt mit Büchern ganz früh beginnt.“ Kindern den Zugang zu erschweren, sei eine Sparmaßnahme am falschen Ende, wenn in den Wahlprogrammen aller Parteien die Bedeutung der Bildung beteuert wird.

Auch die Schulleiter der betroffenen Schulen fürchten, dass ihr Schulbetrieb sehr wohl von einer Schließung betroffen wäre. „Die Bibliothek ist nicht nur ein Ort, sondern ein integraler Bestandteil unserer Schule“, sagt Frank Lathe, kommissarischer Schulleiter am Opladener Gymnasium. Und auch wenn er frei werdende Räume für die Schulnutzung gut gebrauchen könnte, betont er: „Schule kann nicht nur Klassenraum sein.“

Die Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek ist herausragend
Frank Lathe, kommissarischer Schulleiter Landrat-Lucas-Gymnasium

Aktuell unterstützen städtische Bibliotheksmitarbeiter auch während der Öffnungszeiten der Schule, um etwa in Pausen den Zutritt zu gewähren, Lesenächte oder Vorlesewettbewerbe zu realisieren oder die Nutzung von PC-Arbeitsplätzen anzubieten. Das alles alleine mit ehrenamtlichem Engagement aufrechtzuerhalten, hält Lathe für unrealistisch. „Die Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek ist herausragend“, lobt der kommissarische Schulleiter. Natürlich akzeptiere er die finanziellen Schwierigkeiten und Sparbemühungen der Stadt, für ihn ist aber auch klar: „Es wäre ein großer Einschnitt.“

Dem stimmt sein Schlebuscher Kollege zu. „Die Kombination der Stadtteilbibliothek mit der Schule ist ideal“, sagt Andreas Röhrig, Schulleiter am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium. Auch er schätzt die Ausstattung der Bibliothek und die Unterstützung und Kompetenz des Fachpersonals. Allerdings ist er etwas zuversichtlicher, zumindest den Betrieb einer abgespeckten Schulbücherei am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium mithilfe von Kollegen und ehrenamtlichen Kräften aufrechterhalten zu können. Ein Verlust sei es, bei allem Verständnis für den Sparzwang, dennoch.

Ehrenamtler wollen sich weiter einsetzen

Insa Flothow arbeitet seit einem Jahr als ehrenamtliche Hilfe in der Stadtteilbücherei Schlebusch. „Ich lese selber gerne und halte es für sehr wichtig, dass Kinder früh da herangeführt und vom Bildschirm weggezogen werden“, sagt die Mutter. Sie fürchtet, dass für viele Familien, aber auch ältere Menschen, die die Stadtteilbibliothek regelmäßig besuchen, der Weg nach Wiesdorf zu weit sei. Ein herber Schlag sei das dann vor allem für die Familien, die sich die Anschaffung von Büchern oder teuren Hörspielfiguren nicht leisten können.

Dass der Betrieb ohne Mithilfe der Stadt auch über die Schulöffnung hinaus alleine mit ehrenamtlicher Hilfe aufrechterhalten werden könnte, bezweifelt Flothow. Alleine die Öffnungszeiten mit Ehrenamtlern abzudecken, wäre schwierig, hinzu kommt das technische Know-how: „Der Bestand der Bücher ist sehr groß und die Ausleihe und Rückgabe wird durch ein Computerprogramm der Stadt unterstützt. Alleine dafür einen Ersatz zu finden und die Bücher neu einzupflegen, würde uns vor eine große Herausforderung stellen.“ Zudem seien die hauptamtlichen Lektoren sehr wertvoll, die neue Bücher für den Bestand auswählen. „Das ist für uns Ehrenamtler gar nicht leistbar.“ Dennoch seien sie entschlossen, sich für den Erhalt der Bibliothek einzusetzen und unterstützen daher die Petition ausdrücklich. „Wir würden es auch versuchen, mit Ehrenamtlern zu stemmen.“ Aber es erscheine ihr sehr schwierig.

„Die Bibliothek ist ein Anker für unsere Schule, für alle Kitas und Bildungseinrichtungen und für den ganzen Stadtteil Opladen“, schreibt Frank Lathe in einem Brief an die Eltern und bittet um Unterstützung für die Petition. 

Die politische Entscheidung darüber steht noch aus. In der Sitzung im Juli hat der Stadtrat den Haushaltsvorschlag der Verwaltung, inklusive aller Sparmaßnahmen abgelehnt. Am 27. Oktober soll in der letzten Sitzung des alten Stadtrats das Haushaltssicherungskonzept verabschiedet werden, zu dem auch die Stadtteilbibliotheken gehören.