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AufklärungBei einer Pilz-Exkursion in Reichshof kommt auch Giftiges in den Mund

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Vorsicht: Der Rauchblättrige Schwefelkopf ist zwar essbar, aber leicht mit seinen giftigen Verwandten zu verwechseln. Auch er war Thema einer Pilz-Exkursion am Reichshofer Hausberg, dem Blockhaus.

Vorsicht: Der Rauchblättrige Schwefelkopf ist zwar essbar, aber leicht mit seinen giftigen Verwandten zu verwechseln. Auch er war Thema einer Pilz-Exkursion am Reichshofer Hausberg, dem Blockhaus.

Bei einer Tour rund um das Reichshofer Blockhaus erklärt der Sachverständige Daniel Frank aus Much, worauf es beim Sammeln von Pilzen ankommt.

„Heute stellen wir die Theorie an den Anfang, denn ich bin mir nicht sicher, wie viel wir auf unserer Runde finden“, sagte der Pilzsachverständige Daniel Frank aus Much am Samstag zu Beginn einer Exkursion in Blockhaus bei Eckenhagen, zu der die Kur- und Touristinfo der Gemeinde Reichshof eingeladen hatte.

Bei seiner Vorstellung schilderte Frank, dass er seit 25 Jahren als Sachverständiger der Deutschen Gesellschaft für Mykologie und gut 20 Jahre für den Giftnotruf tätig sei: „Es ist unglaublich, wie sorglos manche Menschen mit Pilzen umgehen.“ Nicht nur für Kinder hat er einen eingängigen Spruch: „Neugier ist gesund – niemals in den Mund“.

Der Fachmann warnt: Die Pilz-Apps fürs Smartphone sind nicht immer ein guter Ratgeber

Umso erstaunter waren die rund 20 Teilnehmende, als er ankündigte: „Wir werden heute auch Giftpilze probieren.“ Frank betonte, dass aber nicht alle dieser Männlein im Walde für einen derartigen Test geeignet seien: „Bei manchen löst sich das Gift bereits im Speichel.“

Der Experte erklärte, dass es daher unerlässlich sei, die verschiedenen Pilzgattungen am besten auf Tour mit einem Pilzkenner unterscheiden zu lernen – Apps seien dafür nicht geeignet. Erst wenn die Bestimmung schon weitestgehend erfolgt sei, lieferten diese hilfreiche Detailinformationen.

Bestimmungspause im Wald: Daniel Frank erklärt Pilzsammlerinnen und Pilzsammlern in der Nähe des Reichshofer Blockhauses, warum sie vom roten Fliegenpilz tunlichst die Finger lassen sollten.

Bestimmungspause im Wald: Daniel Frank erklärt Pilzsammlerinnen und Pilzsammlern in der Nähe des Reichshofer Blockhauses, warum sie vom roten Fliegenpilz tunlichst die Finger lassen sollten.

Zunächst erläuterte Frank den Unterschied zwischen Röhren- und Lamellenpilzen. Viele Röhrenpilze seien essbar, allerdings nicht alle. Zudem käme es auf den Fundort an: „Eine Marone etwa kann in Nordrhein-Westfalen gegessen werden, in Bayern ist sie radioaktiv belastet.“ Bei den Lamellenpilzen hätten die meisten faserige Stiele: „Einige davon brechen jedoch wie Apfelfleisch.“ Das gebe es nur bei Täublingen und Milchlingen und dazu eine einfache Möglichkeit, sie hinsichtlich ihrer Essbarkeit einzuordnen, auch ohne die genaue Art zu kennen: „Milde sind gut, scharfe können weg.“ Doch auch dabei mahnte er zur Vorsicht: „Nicht alle Menschen sind in der Lage, diesen Unterschied festzustellen.“

Vor dem Start auf die Sammelrunde gab Frank noch einen Tipp: „Keine Leichen oder Babys.“ Überalterte Pilze könnten, auch wenn die Art grundsätzlich essbar sei, zu einer unechten Pilzvergiftung führen: „Das ist das gleiche wie bei Fisch.“ Zu junge Exemplare ließen sich oft nicht eindeutig genug bestimmen. Der erste Fund war denn auch eine Seltenheit in der Region: ein Großer Scheidling. Daniel Frank zeigte einen jüngeren Pilz dieser Art mit weißen und einen älteren mit braunen Lamellen. Ungläubig kommentierte eine Nümbrechterin: „Sind das die gleichen Pilze? – Das ist nicht Ihr Ernst.“

Der Tannenreizker hinterließ bei der Exkursion in der Nähe von Eckenhagen einen scharfen Geschmack

Auf dem weiteren Weg schwärmte die Teilnehmerschar in den Wald aus. Franks anfängliche Sorge war unbegründet, sie brachten unzählige Funde mit zum Bestimmen. Bemerkenswert war etwa der essbare Rauchblättrige Schwefelkopf, der auch direkt neben der giftigen grünblättrigen Variante vorkommen kann.

Hier machte er seine Ankündigung wahr, ließ den Giftpilz probieren und die Kostprobe sofort danach ausspucken: Die meisten schmeckten dessen Bitterkeit und werden ihn bestimmt niemals sammeln. Dann lud der Experte zur „Pilztaufe“ mit der Verkostung eines Tannenreizkers. Gegen den minutenlang anhaltenden, scharfen Geschmack im Mund hatte er einen guten Rat: „Am besten etwas Süßes essen.“

Für Christina und Mario Tannenbaum aus Neunkirchen im Nachbarkreis Rhein-Sieg war es die erste Pilzführung überhaupt. „Das war mega-interessant“, schilderte die junge Frau am Ende der gut drei Kilometer langen Runde. Sie erzählte, dass sie mit ihrem Mann direkt am Wald wohnt und sich oftmals beim Anblick von Pilzen gefragt habe: „Kann man die vielleicht essen?“ Denn das tun beide gerne, waren sich aber bislang unsicher: „Diese Führung war ein toller Einstieg und wir kommen nächstes Jahr auf jeden Fall wieder mit.“ Mario ergänzte: „Daniel Frank ist ein toller Lehrer – der hat sich echt Zeit genommen.“