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Pax-BankDie Welt auf Rheinisch-katholisch

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Annette Schavan, deutsche Botschafterin beim Vatikan, hält bei der Pax-Bank eine Laudatio auf Norbert Feldhoff (r.).

Köln – Jetzt haben wir den Schlamassel. Beginnt so eine vielversprechende Predigt? Nie und nimmer, sagt Annette Schavan und verdeutlicht im Kontrast Wesen und Erfolgsgeheimnis des rheinischen Katholizismus: Er mag die Menschen, er mag die Welt, und er meint es ernst mit seiner positiven Grundhaltung zu den Angelegenheiten der Welt.

Das alles fällt umso leichter für den, der mittwochmorgens als Genosse der kircheneigenen Pax-Bank in einem Kölner Hotel sitzt und von Bankvorstand Klaus Schraudner gerade eine satte Sieben-Prozent-Dividende serviert bekommen hat. Da lobt man sich den sorgsamen Umgang mit den Angelegenheiten der Welt und sieht das sichere Gefühl bestärkt, im richtigen Laden zu sein. Diese Gewissheit habe sie auch mit Blick auf ihre Kirche immer gehabt, sagt die rheinische Katholikin Schavan, die im Zentrum des römischen Katholizismus als deutsche Botschafterin beim Vatikan tätig ist. Wobei das scheinbar partikulare „rheinisch-katholisch“ in Wahrheit die Steigerungsform von „römisch-katholisch“ ist. Das vermittelt zumindest Schavans Laudatio  auf Norbert Feldhoff. Der langjährige Generalvikar und Dompropst übergibt nach acht Jahren den Pax-Aufsichtsratsvorsitz an den Kölner Prälaten Karl Jüsten, den Leiter des Katholischen Büros in Berlin.

Feldhoff kam am Beginn seiner Priesterlaufbahn 1965 in Schavans Neusser Gemeinde. Der Kaplan und das Kind. Das verbindet. Beide können Geschichten aus der guten alten Zeit erzählen, von Aufbruchsstimmung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, von liturgischen Experimenten, die – so Schavan - inzwischen für „einigermaßen schrecklich“ befunden würden, und von „interessanten Typen“, die damals in der Kirche aufgetaucht seien, statt sie wie heute zu meiden. „Kirche war gleichsam Avantgarde“ und mitten im Leben. Eben gut rheinisch, denn für ein Nischendasein „sind rheinische Katholiken in Wirklichkeit völlig untauglich“, sagt Schavan und Feldhoff giggelt vergnügt.

Auf dieses mentale Fundament setzt Schavan jenes Verständnis von Weltgestaltung und politischer Verantwortung auf, um das es dem rheinischen Katholiken gehe: ernsthaft zu sein in Sachfragen; eigenständig im Denken; gefeit gegen eine Selbstsicherheit, die andere nicht gelten lässt; und kompromissbereit in den „vorletzten Dingen“. Damit sind die Themen gemeint, die nicht direkt mit Himmel und Hölle zu tun haben – also eigentlich fast alle. Schavan schildert Feldhoff, Finanzfachmann und Filou in allen monetären Belangen der Kirche, als Verkörperung der genannten Tugenden. Zugleich lässt die CDU-Politikerin aber keinen Zweifel dar, dass sie sich ihnen auch selbst verpflichtet weiß.

Sogar der Papst wird am Ende zum Missionar des Rheinisch-Katholischen mit seinem Aufruf, die Kirche möge sich der Wirklichkeit stellen, aus der Nische herauskommen, die Welt gestalten und „Prioritäten im Umgang mit dem Reichtum für die Armen setzen“. Im reichsten Bistum der Welt und gerichtet an einen, der viele Jahre den Kölner Kirchenschatz verwaltet hat, ist das ein notwendiger Hinweis: Eine arme Kirche ist nicht eine Kirche, die alles wegwirft, was sie hat. Sondern eine Kirche, die „keinen Reichtum für sich will“. Ob diese Definition immer und überall erfüllt ist, sei dahingestellt. Doch zumindest habe das Erzbistum Köln „mit seinen Initiativen und seinem Reichtum weltweit Verantwortung übernommen“, befindet Schavan.

Die 60-Jährige spürt das Wohlwollen, das ihr die Versammlung entgegenbringt. Da ist nichts von spöttischer Distanz oder Häme nach den Querelen um die Aberkennung ihres Doktortitels und dem Rücktritt von ihrem Amt als Wissenschaftsministerin. Im Gegenteil, als sie auf diese „beruflich und persönlich auch mal schwierigeren Zeiten“ anspielt, ihren Glauben als tragende Lebenshaltung und kulturelle Prägung beschreibt und nochmals bekräftigt, dass „Katholischsein eine gute Sache“ sei – da schlagen die Herzen ihrer Kölner Hörer im katholisch, nein rheinisch-katholischen Gleichklang.