Eine Wahl, zwei VerliererWie SPD und FDP die Wahl in Rhein-Berg aufnehmen

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SPD-Kreisparteichef Marcel Kreutz (r.) und SPD-Kreistagsfraktionschef Gerhard Zorn (l.) mit SPD-Direktkandidat Sebastian Lemmer im Wahlkreis 22

Rhein-Berg – Lange Gesichter bei der SPD und auch bei der FDP. Die Vertreter der beiden Ampelkoalitionäre in Berlin schauen ziemlich angeschlagen auf die Wahlergebnisse, die da über den Bildschirm kommen. Und die beiden Wahlkreise im Rheinisch-Bergischen Kreis können sich nicht vom allgemeinen Landestrend absetzen. Die SPD fährt ein historisch schlechtes Ergebnis ein und die Liberalen, nun ja, sind froh, überhaupt noch im Landtag vertreten zu sein. Beide Parteien sind in Bergisch Gladbach am Wahlabend auf Erklärungssuche. Mit ganz unterschiedlichen Ansätzen.

Keine Chance für das SPD-Direktmandat

SPD Im Kreishaus sitzt im Fraktionsbüro der SPD Tülay Durdu. Ihre Kinder sind dabei, private und politische Freunde. Im Rennen um das Direktmandat im Wahlkreis 21 hatte sie nicht den Hauch einer Chance. Mehr als zehn Prozentpunkte liegt sie hinter Martin Lucke (CDU). Wahrscheinlich – so ganz hundertprozentig stand das gestern Abend noch nicht fest – wird sie über ihren Listenplatz 8 aber dennoch in den Düsseldorfer Landtag einziehen. „Das kann mich im Augenblick aber nicht glücklich machen“, sagt sie in der Runde. Sie macht den Eindruck, als wenn sie wirklich nicht nur an ein Kopf-Kopf-Rennen von CDU und SPD geglaubt hat, sondern auch an ein knappes Rennen um das Direktmandat für den Wahlkreis 21 (Bergisch Gladbach, Rösrath).

Ihre Niederlage fiel zwar nicht annähernd so deutlich aus wie die ihres Parteifreundes Sebastian Lemmer im Wahlkreis 22 (Burscheid, Kürten, Leichlingen, Odenthal, Overath, Wermelskirchen), aber eben sehr klar. Lemmer musste gegen den amtierenden und beliebten NRW-Innenminister Reul antreten – und lag am Ende 30 Prozentpunkte hinter ihm. Aber ernsthafte Chancen – anders als Tülay Durdu – hatte er sich wohl auch nicht auf das Direktmandat ausgerechnet.

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„Der Rückenwind aus Berlin ließ sehr zu wünschen übrig“

Die größte Gruppe von Sozialdemokraten war aber nicht im Kreishaus, sondern im Gasthaus Paas am Konrad-Adenauer-Platz zu finden. Das Gasthaus war reserviert, eine geschlossene Gesellschaft. Jürgen Wilhelm, der größte Netzwerker den die SPD im Rheinisch-Bergischen Kreis hat, kommentierte als allererstes: „Der Rückenwind aus Berlin ließ sehr zu wünschen übrig.“

Der als zögerlich erscheinende Bundeskanzler Olaf Scholz und vor allem die Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht werden kritisiert. NRW-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty wird immer wieder verteidigt, in Schutz genommen. Kein begnadeter Redner, keine Rampensau, aber einer mit Fachwissen, einer, dem es auf die Sache ankomme. Erstaunlicherweise in dieser Runde am Paas: kein Wort zum Abschneiden der eigenen Direktkandidaten. Bergisch Gladbachs Bürgermeister Frank Stein, der ja mit einer Ampel-Koalition arbeitet, glaubt auch auf Landesebene an eine große Schnittmenge von SPD, Grünen und FDP. Ein Bündnis, dass die Aufgaben der Zukunft angeht. Auffallend im Paas aber auch dies: Die alte Tante SPD kann in Bergisch Gladbach viele junge Gesichter präsentieren.

Die Liberalen sind enttäuscht

FDP „Hauptsache wir kommen rein“, das waren so die ersten Reaktionen bei den Liberalen, als die ersten Ergebnisse eintrudelten. Aber dann war doch schnell klar, dass die FDP im neuen Landtag vertreten sein wird. Direktkandidat für den Wahlkreis 21 Alexander Engel: „Das ist dennoch eine Enttäuschung“. Die FDP habe in der Koalition mit der CDU einen guten Job gemacht. Die Lorbeeren würden allerdings nur in Richtung CDU gehen. Und die FDP-Runde am Kreistag ist sicher, dass die bundespolitischen Themen den Landeswahlkampf überlagert hätten. Das ging vor allem in Richtung der Grünen, die extrem von zwei beliebten Bundesministern (Annalena Baerbock und Robert Habeck) profitieren würden.

Und während bei den anderen Parteien fast wortgleich das schlechte Abschneiden der Liberalen mit den Leistungen von FDP-Schulministerin Yvonne Gebauer in Zusammenhang gebracht wird, halten sich die Liberalen tatsächlich bei der Kritik am Personal zurück. Aber auf eines können die Liberalen im Rheinisch-Bergischen Kreis immer noch verweisen: Hier schneiden sie besser als im Landesschnitt ab. Aber nicht mehr so wie früher, wo der Heimatbonus von FDP-Vorsitzendem Christian Lindner immer für ein, zwei Prozentpunkte gut war.

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Und je später der Abend wird, umso häufiger geht es nicht mehr um das eigenen Abschneiden, sondern um Folgen. Wird aus der rechnerischen Mehrheit von CDU/Grüne auch ein Bündnis? Und darüber sind sich die Wahlverlierer an diesem Abend in der Mehrheit einig. Das Meinungsbild in Bergisch Gladbach zum Kurs in Düsseldorf ist ziemlich einheitlich: Schwarz/Grün in Düsseldorf wird kommen.

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