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Naturschützer machen mobilLand soll Vertrag für Phantasialand-Erweiterung in Brühl kippen

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Das Gelände rund um den Ententeich neben dem Phantasialand ist derzeit noch ein Naturschutzgebiet. Das Phantasialand möchte eine Fläche neben dem Parkgelände bebauen.

Das Gelände rund um den Ententeich neben dem Phantasialand ist derzeit noch ein Naturschutzgebiet. Das Phantasialand möchte eine Fläche neben dem Parkgelände bebauen.  

Naturschützer verlieren offenbar das Vertrauen in die Brühler Ratspolitik. Sie erhoffen sich Hilfe von der Landesregierung. 

Knapp zwei Monate vor der Kommunalwahl am 14. September 2025 nimmt die Debatte um die Erweiterungspläne für das Phantasialand noch einmal Fahrt auf. Richteten sich die Blicke von Naturschützern bisher in die Richtung der Brühler Kommunalpolitiker – Rot-Grün lehnt die Pläne ab –, nimmt die Brühler Initiative „50Tausend Bäume“ einen Anlauf Richtung Landesregierung in Düsseldorf.

Sie fordert Schwarz-Grün auf, von einem Grundstücksgeschäft für die Vergrößerung des Freizeitparks zurückzutreten, um das Naturschutzgebiet im Ville-Wald zu schützen. Den Vertrag hatte 2020 die schwarz-gelbe Landesregierung mit dem Phantasialand-Betreiber geschlossen.

Gerade jetzt können wir es uns nicht erlauben, wertvolle Lebensräume und Flächen mit klimatisch wirksamen Funktionen zu verlieren
Dr. Doris Linzmeier und Jan Herrmann

In einer Mitteilung schreiben die Diplom-Biologen Dr. Doris Linzmeier und Jan Herrmann im Namen der Initiative, niemals zuvor sei deutschlandweit ein landeseigenes Naturschutzgebiet für ein privates Unternehmen zerstört worden – und dies in einer Zeit, „in der Extremwetterereignisse zunehmen und immer mehr Arten verschwinden. Gerade jetzt können wir es uns nicht erlauben, wertvolle Lebensräume und Flächen mit klimatisch wirksamen Funktionen zu verlieren“.

Das Argument vonseiten der Landesregierung und Teilen der Brühler Politik – allen voran die CDU -, das mittelständische Unternehmen besitze überregionale Bedeutung, weisen die Aktivisten zurück. Von übergeordnetem Interesse seien vielmehr Arten- und Klimaschutz. So sei der Schutz der Umwelt in Verantwortung für zukünftige Generationen als Staatsziel in das Grundgesetz aufgenommen worden.

Eine Bebauung des Naturschutzgebietes rund um den sogenannten Ententeich durch das Phantasialand lehnen Naturschützer ab.

Eine Bebauung des Naturschutzgebietes rund um den sogenannten Ententeich durch das Phantasialand lehnen Naturschützer ab.

Bereits seit 2011 besage die Biodiversitätsstrategie NRW, dass Arten und deren Lebensräume geschützt und weiterentwickelt werden sollten. Und die EU-Biodiversitätsstrategie verfolge seit 2020 das Ziel, 30 Prozent der jeweiligen Landesfläche unter Schutz zu stellen. In Brühl hingegen solle ein Naturschutzgebiet vernichtet werden.

Das Phantasialand ist trotz des Vertrags zwischen Land und Eigentümer noch nicht ausgebaut worden, weil die Mehrheit aus SPD und Grünen im Brühler Stadtrat gegen den erforderlichen veränderten Bebauungsplan ist. Das könnte sich nach der Kommunalwahl am 14. September ändern, befürchten die Aktivisten. CDU und FDP befürworten die Erweiterung, die SPD hatte zuletzt ihre kategorische Ablehnung in Teilen aufgegeben. Eine knappe Mehrheit der Mitglieder stimmte dafür, nach der Kommunalwahl ein kommunales Planverfahren zu eröffnen.

Brühl: Diskussion um die Erweiterung der Fläche ist mehrere Jahrzehnte alt

Gregor Golland, CDU-Fraktionsvize im Landtag, erteilt der Forderung der Initiative „50Tausend Bäume“ eine Absage. Das Land NRW stehe zu seinen Verträgen und gemachten Zusagen. Es sei jetzt an der Stadt Brühl, den seinerzeit im Regionalrat von CDU, SPD, FDP und Grünen gemeinsam beschlossenen Erweiterungskompromiss umzusetzen, sagte der Brühler Abgeordnete auf Anfrage dieser Redaktion.

Die Diskussion um die Erweiterung der Fläche ist mehrere Jahrzehnte alt. Ursprünglich wollte sich das Unternehmen auf einer Fläche von rund 30 Hektar ausdehnen. Doch damit stießen die Verantwortlichen auf Widerstand. Nach langen Diskussionen fand man 2013 den nun bestehenden Kompromiss.

Ralf-Richard Kenter, Beauftragter der Geschäftsführung des Phantasialands, hatte unlängst in einem Interview verdeutlicht, dass der Freizeitpark wachsen müsse: „Zur nachhaltigen Standortsicherung müssen wir die Jahresbesucherzahl steigern und den Anteil der Übernachtungsgäste auf etwa ein Viertel erhöhen. Dies erfordert zusätzliche, speziell auf die längere Aufenthaltsdauer ausgerichtete Angebote – und zu deren Errichtung braucht es die Erweiterungsfläche.“ Geplant ist, ein Aquapark-Hotelresort sowie eine Theater- und Konzerthalle auf dem Erweiterungsareal zu errichten.

Kritik an diesem Vorhaben kommt von weiteren Brühler Initiativen. So sieht der Umweltschutzverein Bovivo gravierende Risiken bei einem Ausbau des Freizeitparks auf das teils unter Naturschutz stehende Areal rund um den sogenannten Ententeich. Er warnt vor negativen Folgen für das Stadtklima und die Lebensqualität im Brühler Süden. Durch eine Versiegelung der 14 Hektar großen Fläche könne es zu einer Temperaturerhöhung von mehr als fünf Grad in den umliegenden Ortsteilen sowie bei Starkregenereignissen auch zur übermäßigen Belastung der wasserführenden Kanäle und Bäche oder gar zu Überschwemmungen kommen.

Der Ausgang der Wahl Mitte September wird also nicht nur darüber entscheiden, wer in den kommenden fünf Jahren in der Schlossstadt den Kurs vorgibt. Es geht auch um die Frage Kommerz oder Naturschutz.


Der vom Freizeitpark als Zusatzfläche ins Auge gefasste Bereich des Staatswalds umfasst nach Angaben der Umweltschützer 14 Hektar, von denen 13 Hektar unter Naturschutz stünden. Er liege in 145 Metern Höhe, dem höchsten Punkt von Brühl, und beherberge ein wertvolles Flachmoor und einen Weiher, Teil eines Vorfluter-Systems. Als Teil des Naturparks Rheinland gehöre das Gebiet zur Ville-Seenplatte. Sie entstand, als ein ehemaliger Braunkohletagebau in den 1920er Jahren rekultiviert wurde. Diese älteste Rekultivierung in Deutschland gilt als beispielhaft. (jtü)