Am Hambacher ForstKreis Düren droht mit Räumung von Kurt Claßens Wiesencamp

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Die Zukunft des Camps auf der Wiese am Hambacher Forst ist ungewiss. Als Eigentümer prozessiert Kurt Claßen.

Die Zukunft des Camps auf der Wiese am Hambacher Forst ist ungewiss. Als Eigentümer prozessiert Kurt Claßen.

  • Der Buirer Kurt Claßen besitzt ein Grundstück nahe des Hambacher Forsts, auf dem seit 2012 Aktivisten leben.
  • Schon 2013 wurde Claßen aufgefordert, das Camp zu räumen und klagte dagegen. Auch diesmal will er sich gegen die Ordnungsverfügung des Kreises Düren wehren – wie, erfahren Sie in unserem Artikel.

Kerpen-Buir – Die Tage des Wiesencamps unmittelbar am Hambacher Forst könnten gezählt sein. Wie der Grundstückseigentümer Kurt Claßen bestätigte, hat er eine Ordnungsverfügung des Kreises Düren erhalten. Danach sei er aufgefordert worden, bis 11. Dezember sämtliche auf dem Grundstück vorhandenen baulichen Anlagen zu beseitigen oder beseitigen zu lassen, sagte der 70-Jährige. Es sei verboten, „danach neue bauliche Anlagen zu errichten oder errichten zu lassen“, heißt es in der Ordnungsverfügung weiter, die dieser Zeitung vorliegt.

Räumung angedroht

Sollte der Buirer dieser Aufforderung „nicht fristgerecht oder nicht ausreichend nachkommen“ wird gedroht, dass die Räumung des Wiesencamps „durch einen anderen auf Ihre Kosten“ durchgeführt werde, berichtet Claßen weiter. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld von 500 Euro pro baulicher Anlage angekündigt.

Das könnte sich für Claßen zu einem großen Kostenfaktor entwickeln: „Wenn man bedenkt, dass sich auf dem Gelände derzeit zwischen 40 und 50 Anlagen befinden, also Hütten, Wohnwagen und Zelte, dann kann sich das Zwangsgeld auf einen Betrag von 20 000 bis 25 000 Euro aufsummieren.“

Alles zum Thema RWE

Hat damit die letzte Stunde für das Wiesencamp geschlagen? Claßen hofft nicht. Außerdem will er rechtlich nicht so schnell klein beigeben: „Ich werde kämpfen.“ Aber auf seine möglichen Erfolgsaussichten angesprochen räumt er ein: „Ich kann das nicht einschätzen. Ich werde den Rechtsweg versuchen. Die Wiese sollte schon mal geräumt werden, und es ist nicht geschehen. Das Bundesverfassungsgericht hat einmal so geurteilt, dass das Versammlungsrecht nicht mit dem Baurecht ausgehebelt werden darf.“

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Das sei eine „ziemlich starke Entscheidung“, auf die er sich berufen möchte, so Claßen: „Aber wenn die sagen, die räumen, dann kann ich nichts machen, und die Bewohner können auch nichts machen dagegen.“

Nachdem er im Sommer mitgeteilt hatte, er sei finanziell nicht mehr in der Lage, den teuren Rechtsstreit für das Wiesencamp weiterzuführen, habe er zahlreiche Spenden erhalten, so Claßen. Finanziell sei er wieder in der Lage, weiter zu streiten: „Ich habe bisher in Zusammenhang mit der Wiese etwa 45 000 Euro verausgabt und Rechnungen stehen noch aus. Doch durch Crowdfunding kann ich jetzt die Kosten bezahlen.“

Zunächst sei er in Vorleistung getreten, seit einem Aufruf träfen aber stetig Beträge ein, so Claßen: „Fast täglich kommt Geld auf dem Konto an. Heute morgen waren es zwischen 15 und 20 Beträge zwischen zwei und 100 Euro. Es gab aber auch schon größere Überweisungen bis 1000 Euro.“ Ohne diese Unterstützung könnte er sich die Verfahren nicht leisten, so Steuerberater Claßen: „Ich bin privat finanziell am Limit.“

Die Geschichte des Wiesencamps

Die Wiese am Rande des Hambacher Forstes zwischen Kerpen-Buir und Merzenicher Ortsteil Morschenich im Kreis Düren gehört dem Buirer Kurt Claßen. Seit dem Frühjahr 2012 ist der Wald besetzt. Etwa seit dieser Zeit leben auf der Wiese Waldbesetzer in Zelten, Hütten, Erdhöhlen oder Wohnmobilen. Fast genauso alt ist der juristische Streit zwischen den Behörden im Kreis Düren und dem Eigentümer. Schon 2013 wurde Claßen aufgefordert, das Camp zu räumen und klagte dagegen.

Mehrfach durchsuchte die Polizei das Wiesencamp. 2016 wurde Claßen aufgefordert, einen Tunnel auf der Wiese mit Beton zu verfüllen. Das Wiesencamp am Hambacher Forst sei illegal, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster im Dezember 2016, der Kreis Düren dürfe als Bauaufsichtsbehörde gegen das Protestdorf vorgehen. Doch der juristische Streit ging weiter bis vor das Bundesverwaltungsgericht. Im Juni diesen Jahres sorgte Claßen mit einem spektakulären Angebot an RWE für bundesweite Schlagzeilen.

Den Kaufpreis von 12 500 Euro, den RWE angeboten habe, lehnt er aber ab und fordert statt dessen 80 Milliarden. Seine Argumentation: Das Angebot von RWE basiere auf dem Wert des Grundstücks als Ackerfläche: „Maßgeblich ist aber nicht, welchen Wert das Grundstück für einen landwirtschaftlichen Betrieb hat, sondern welchen Wert es für den Tagebaubetrieb Hambach hat.“ Fünf Milliarden Euro Jahresplus des Tagebaus hat Claßen mit 20 multipliziert, schließlich sei eine Laufzeit von noch 20 Jahren angepeilt. „Als Verhandlungsbasis“, so Claßen, habe demnach der RWE stolze 80 Milliarden Euro am Telefon mitgeteilt. Danach gerieten eben diese Verhandlungen ins Stocken. Mehr noch: „Seitdem hat sich RWE bei mir nicht mehr gemeldet.“ (rj/wm)

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