Berühmtheit erlangte Peter Königsfeld für sein Urteil im Fall einer Hambi-Aktivistin. Nun geht der Richter in den Ruhestand.
Die „taz“ nannte ihn „Richter Gnadenlos“Kerpener Richter geht nach 14.000 Strafverfahren in den Ruhestand

Richter Königsfeld vom Amtsgericht Kerpen geht in den Ruhestand. Seit 1988 war er beim Amtsgericht Kerpen tätig
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Raub, gefährliche Körperverletzung, Sexualstraftaten, Rauschgiftdelikte, Betrug oder Diebstahl – rund 14.000 Strafverfahren hat Richter Peter Königsfeld in seinem Berufsleben am Amtsgericht Kerpen bearbeitet.
Jetzt, Ende Juni, geht er mit 66 Jahren in den Ruhestand. „Es waren immer wieder die gleichen Delikte, die angeklagt wurden, immer wieder vergleichbare Sachverhalte“, erinnert er sich. „Man könnte meinen, dass es doch mit der Zeit langweilig werden musste. Aber das war es für mich nicht an einem einzigen Tag. Es waren immer wieder andere Menschen, die sich vor mir verantworten mussten, mit anderen Lebensläufen, anderen Schicksalen.“
Kerpen: Peter Königsfeld kam 1988 zum Amtsgericht
Als Königsfeld als junger Jurist 1988 zum Amtsgericht Kerpen kam, residierte dieses noch im jetzigen Haus für Kunst und Geschichte am Stiftsplatz. Erst bearbeitete Königsfeld Zivilsachen, doch schon 1989 wurde das Strafdezernat vakant, sodass seine Zeit als Strafrichter beim Gericht anfing. 1991, mit dem Umzug des Gerichtes in das neue Gebäude an der Ecke Sindorfer Straße/Nordring, wurde Königsfeld Vorsitzender der beiden Schöffengerichte, die für schwere Fälle zuständig waren, und Jugendrichter. 1991 war der Zuständigkeitsbereich des Kerpener Amtsgericht zudem auch um das Stadtgebiet Frechen erweitert worden.
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„Es gab immer wieder Fälle, die auch das Interesse der Öffentlichkeit fanden“, erzählt Königsfeld: Etwa als Ende der 90er-Jahre Big-Brother-Star Sabrina sich wegen Betruges vor Gericht verantworten musste. „Sie betrat den Gerichtssaal in Begleitung mehrerer Bodyguards und eines Kamerateams“, erzählt Königsfeld.
Bischof veruntreute 128.00 Euro
Tragisch, aber auch skurril war der Fall eines Bonner Gerichtsmediziners, der eine Vorliebe für sexuelle Erregung durch Atemreduktion hatte. Beim Besuch einer Kerpener Domina kam der Mann durch Strangulation ums Leben. Durch die Presse ging auch der Fall eines Aachener Bischofs, der wegen Veruntreuung von 128.000 Euro vor Gerichts stand. Das Geld hatte ihm eine Witwe aus Kerpen anvertraut.
Der Geistliche weigerte sich vor Gericht zu erscheinen und legte deshalb immer wieder neue ärztliche Atteste vor, die seinen bedenklichen Gesundheitszustand dokumentieren sollten, auch wenn er in der gleichen Zeit schon mal auf dem Tennisplatz zu sehen war. Mit einem Strafbefehl über neun Monate auf Bewährung wurde das Verfahren schließlich abgeschlossen. „Der Mann ist nun wohl der erste Bischof in Deutschland, der rechtskräftig verurteilt wurde“, so Königsfeld.
Richter hatte auch Aktivisten aus dem Hambacher Forst vor sich
Immer wieder musste er vor Gericht auch über „alte Bekannte“ urteilen: Da waren etwa die beiden Frechener Brüder, die sich darauf spezialisiert hatten, einen bestimmten Typ des VW Golf aufzubrechen. „Die hatte ich schon in den 90er Jahren öfter verurteilt“, so Königsfeld. „Hinterher hatten sie schon ein vertrautes Verhältnis zu unserem Wachpersonal.“ Dann habe er die Brüder für ein paar Jahre aus den Augen verloren, wobei diese in der Zeit nicht untätig gewesen waren: „Als ich sie nach ein paar Jahren wieder bei mir vor Gericht hatte, hatte der eine schon 41 Einträge im Strafregister, der andere 36.“ Insgesamt gab es dafür rund 20 Jahre, beziehungsweise rund 21 Jahre Haft. „Die waren nicht die hellsten Köpfe“, so Königsfeld.
Vor bis dahin für ihn unbekannten Herausforderungen stand er, als durch die Auseinandersetzungen um den Hambacher Forst immer wieder Klimaaktivisten aus dem Wald bei Kerpen vor ihm vor Gericht landeten, etwa wegen des Vorwurfs des Landfriedensbruchs oder der gefährlichen Körperverletzung.
Königsfeld bescheinigt den Aktivisten durchaus „ehrenwerte Motive“ für ihren Einsatz zur Rettung des Waldes. „Ich hatte aber ein Problem damit, wenn Polizisten angegriffen wurden.“ Die Angeklagten verbargen vor Gericht oft ihre Identität und verklebten sogar ihre Fingerkuppen, um ihre Identifizierung zu erschweren. Auch wurden die Gerichtssitzungen von Besuchern aus der Aktivistenszene gestört, die die öffentlichen Verhandlungen für ihren antiautoritären Protest und ihre Systemkritik zu nutzen versuchten. „An Sitzungstagen glich das Amtsgericht oft einer gut gesicherten Festung, die Hauptverhandlungen konnten nur mit großer Polizeipräsenz durchgeführt werden.“
Von der Taz als „Richter Gnadenlos“ betitelt
Mit dem Fall der Aktivistin „Eule“ wurde Königsfeld sogar bundesweit bekannt. „Eule“, eine circa 18 bis 22 Jahre junge Frau, soll bei ihrer Festnahme im Zuge einer Räumung des Waldes versucht haben, einer jungen Polizistin ins Gesicht zu treten. Aus der Untersuchungshaft heraus hatte sie noch Beamte beschimpft und weiter Widerstand gegen die Staatsgewalt angekündigt.
Weil sie ihre Identität vor Gericht nicht preisgab, verurteilte Königsfeld sie zu einer Jugendstrafe von neun Monaten, ausdrücklich ohne Bewährung. Wie auch die Jugendgerichtshilfe habe er, so Königsfeld, keinen Zweifel daran, dass es der jungen Frau an „Reife“ fehle. Er sei deshalb zu dieser „erzieherischen Maßnahme“ gezwungen. Leider sei die Angeklagte von Sympathisanten in ihrem Verhalten bestärkt worden. „Keiner hat den Versuch unternommen, sie von ihrem Weg abzubringen.“
Mit dem harten Urteil geriet Königsfeld in den Fokus der linksliberalen Tageszeitung „Taz“, die ihm „ein politisches Urteil“ vorwarf. An der jungen Frau habe Königsfeld, der in dem Artikel namentlich genannt wurde, ein „Exempel“ statuieren wollen: Das Blatt beschrieb ihn vielsagend „als älteren Herrn mit markant schmalem Oberlippenbärtchen“ und nannte ihn „Richter Gnadenlos“. Die Urteilsbegründung wirke wie ein „Rückgriff in Zeiten von Rachejustiz und schwarzer Pädagogik“.
Keine konkreten Pläne für den Ruhestand
Königsfeld sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt, auch wenn sein Urteil später in der nächst höheren Instanz vom Landgericht Köln tatsächlich abgemildert wurde. Unterstützung gab es schließlich vom Deutschen Richterbund. In dessen Verbandszeitschrift wurde der „Taz“-Artikel als Beispiel einer „gezielten Diffamierung“ eines Richters genannt, der für zukünftige Verfahren „eingeschüchtert“ werden solle: „Diese Form der Verunglimpfung unter dem Deckmantel der Berichterstattung ist nicht akzeptabel.“
Sechs Jahre ist das nun her und Königsfeld sagt im Rückblick.: „Ich war mit Sicherheit kein Hardliner. Das Mädchen wäre sofort freigekommen, wenn es nur seinen Namen genannt hätte.“ Beim Wachpersonal des Gerichtes habe er sogar den Spitznamen „Papa Gnädig“ gehabt.
Für den Ruhestand hat Königsfeld, der in seiner Jugend begeisterter Handballer war, noch keine konkreten Pläne: Seine Frau Barbara wird weiter berufstätig sein. „Viel mehr Reisen als bis jetzt können wir also nicht.“ Er lasse alles auf sich zukommen.