Überflutungen in Rhein-ErftLandrat Frank Rock: „Psychische Schäden nicht messbar“

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Zerstörung in Erftstadt-Blessem.

Rhein-Erft-Kreis – Die Hochwasserkatastrophe im Westen des Landes betrifft auch die Rhein-Erft-Region schwer. Wir sprachen mit Landrat Frank Rock und mit Dezernent Martin Gawrisch über die aktuelle Situation und die Folgen.

Herr Rock, Herr Gawrisch, der Rhein-Erft-Kreis erlebt eine Katastrophe. Sind das Ausmaß und die Schäden schon abzusehen?

Rock: Überhaupt nicht. Die Schäden an Gebäuden und Straßen sind noch nicht zu messen, und die Schäden an der Psyche der betroffenen Menschen werden wir auch nicht messen können.

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Gawrisch: Wir haben Schäden an Autobahnen, Bundes-, Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen. Auch Böschungen wurden in Mitleidenschaft gezogen, und auch die Standfestigkeit von Brückenbauwerken werden wir prüfen müssen.

Wie viele Menschen sind unmittelbar betroffen?

Gawrisch: Wir rechnen mit bis zu 15.000 Menschen, die kreisweit direkt betroffen sind. Entlang der Erft wurde gemäß der Hochwassergefahrenkarte evakuiert. In Bedburg waren das 70 Menschen, in Bergheim und Kerpen bis zu je 1500. Allein in Erftstadt waren es bis zu 10.000 Menschen.

Rock: In Erftstadt-Blessem leben 1800 Menschen. Von denen ist ausnahmslos jeder betroffen – von stark bis katastrophal.

Gibt es Soforthilfen für die Betroffenen?

Rock: Diese Katastrophe sucht ihresgleichen, daher muss unbürokratisch geholfen werden. Die Menschen brauchen von Bund und Land auch schnelle finanzielle Hilfe, einen Unterstützungsfonds.

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Landrat Frank Rock im Interview. (Archivbild)

Gawrisch: Im Augenblick geht es noch vornehmlich um Menschenrettung, medizinische Versorgung, psychologische Betreuung und die Versorgung von Menschen, die von heute auf morgen obdachlos geworden sind.

Wenn Menschen helfen wollen – wie können sie das tun? Und wo sollen sich die Helfer melden?

Rock: Wir haben eine Hotline unter der Nummer 02271/8322222 für Hilfegesuche und -angebote freigeschaltet. Sie ist täglich von 8 bis 18 Uhr besetzt.

Wie arbeitet der Krisenstab des Kreises?

Rock: Der Krisenstab des Kreises besteht aus 30 Leuten, etwa von Polizei, Feuerwehr oder von Kommunen. Wir tagen viermal täglich im Kreishaus.

Gawrisch: Da das Gebäude allerdings direkt an der Erft und damit im Hochwasserrisikogebiet liegt, haben wir es geräumt. Nur der Krisenstab ist noch hier. Im Fall einer Überschwemmung und bei Stromausfall würden wir in die Kreisleitstelle nach Kerpen umziehen.

Welche Unterstützung erhält der Kreis von außerhalb?

Gawrisch: Es gibt viel überörtliche Hilfe, etwa von THW, Bundeswehr, Hilfsorganisationen oder Wasserrettungszügen. Die Zahl der Helfer ist inzwischen so groß, dass wir die Einsatzkräfte eins zu eins ablösen können, damit sie ihre Batterien wieder aufladen können.

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Welche Entwicklung erwarten Sie für die nächsten Tage?

Rock: Es hängt viel davon ab, ob die Steinbachtalsperre bei Euskirchen hält. Wir hoffen, dass sie stabil bleibt, und erwarten keine weiteren größeren Regenfälle in den nächsten Tagen. Bei Kerpen gibt es ein natürliches Überlaufbecken, das sich noch füllt. Wir gehen also optimistisch davon aus, dass sich die allgemeine Lage entspannen wird.

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