Sorge vor Hitze: Wüst sieht „gewaltige Herausforderungen”

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Düsseldorf – Dürre, galoppierende Inflation, die drohende Energiekrise und womöglich eine weitere Corona-Welle: Um die „gewaltigen Herausforderungen” zu sehen, muss NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) nur aus dem Fenster gucken: Dort fließt der Rhein als Rinnsal und die Wiesen am Ufer sind gelb-braun statt grün.

„Die brennenden Wälder und die trockenen Flüsse zeigen Alarmstufe Rot”, warnt der Ministerpräsident, der am Freitag zum Ende der Sommerpause eine Tradition fortsetzte und sich im Landtag den Journalisten der Landespressekonferenz stellte. Die aktuelle Dürre - nur ein Jahr nach der Flut - sei eine „schleichende Naturkatastrophe”, sagt er und ergänzt: „Das sind menschengemachte Katastrophen, daran gibt es für mich keinen Zweifel mehr.”

Wüst weiß: Das enorme Problembündel könnte in einer Welle sozialer Proteste münden: „Immer mehr Menschen machen sich schlicht Sorgen”, sagt er und warnt vor einer Instrumentalisierung der Situation durch Extremisten: „Ich höre, dass die Demonstrationen schon angemeldet sind - von Menschen, die die Demokratie als Ganzes infrage stellen und die früher Demonstrationen zu ganz anderen Themen angemeldet haben.”

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Um die Situation abzumildern, fordert Wüst vom Bund ein weiteres Entlastungspaket. Es sollte denen helfen, „die schon vor der Inflationswelle jeden Cent umdrehen mussten”. „NRW steht bereit, es mitzufinanzieren”, sagt er. Dazu könnten Steuereinnahmen, „die jetzt inflationsbedingt steigen”, verwendet werden.

Rentner, Studenten, Hartz-IV-Empfänger und Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen sollten von dem Paket profitieren - und dies möglichst unbürokratisch.

Sein Ausblick bleibt eher düster, denn Wüst macht keinen Hehl daraus, dass die Sorgen der Menschen berechtigt sind und es noch schlimmer kommen könnte: „NRW ist Industrieland Nummer eins, aber auch Energieverbraucher Nummer eins”, warnte er. „Energiepreise haben bei uns eine enorm hohe Relevanz - auch für die Sicherheit von Arbeitsplätzen. Gute Energiepolitik sichert den sozialen Frieden”, sagt er.

Eine Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke schließt Wüst nicht aus: „Wenn die Lage so ist, dass wir doch ein Stromproblem haben können, ist Pragmatismus gefordert. Wenn die Not groß ist, muss man sie kurzfristig unideologisch lindern.” Ob eine Verlängerung eine Lösung sei, werde der geplante Stress-Test zeigen: „Wenn der Stress-Test gelaufen ist, wird man sehen.”

Ein paar Spitzen in Richtung Bundesregierung hat der NRW-Regierungschef am Freitag aber auch parat, rügt die Kommunikation des Bundesgesundheitsministers in Sachen Corona als chaotisch und mahnt mehr Klarheit an.

Die Reaktion der Opposition ließ nicht lange auf sich warten. Die SPD nannte den Auftritt des Ministerpräsidenten postwendend „enttäuschend” und einen „Urlaubsplausch”: „Seine Landesregierung hat keinen eigenen Plan, wie sie die Menschen in unserem Land unterstützen will. Stattdessen zeigt sie wieder nur nach Berlin und fordert einmal mehr von der Bundesregierung weitere Unterstützung.

FDP-Landtagsfraktionschef Henning Höne stieß in die gleiche Kerbe: „Immer nur mit dem Finger auf den Bund zu zeigen - das ist zu wenig für den Ministerpräsidenten des bevölkerungsreichsten Bundeslandes.” Dass Wüst keine eigenen Vorschläge präsentiert habe, werde dem Ernst der Lage nicht gerecht.

Die Leistungsfähigkeit des Rheins als Wasserstraße und „logistische Lebensader” müsse erhalten werden. Arbeitsplätze und Wertschöpfung hingen davon ab. „Wer Klarheit einfordert, muss zunächst im eigenen Kabinett für Klarheit sorgen.”

© dpa-infocom, dpa:220819-99-445998/4 (dpa/lnw)

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