„Wir brauchen alle Lehrer“Yvonne Gebauers Besuch beim Schulausschuss

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NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP).

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP).

  • „Wir brauchen alle“ - klare Worte von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer zur aktuellen Lehrersituation.
  • Augrund der Corona-Krise müssen derzeit ältere Lehrer nicht am Präsenzunterricht teilnehmen. Gebauer appellierte aber erneut an die Dringlichkeit.
  • Die Bildungsgewerkschaft GEW kritisiert Gebauers forsche Herangehensweise und spricht von einem „Schlingerkurs“.

Düsseldorf – NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer will so viele Lehrkräfte wie möglich wieder in den Unterricht zurückholen. Das sagte die FDP-Politikerin am Mittwoch im Schulausschuss des Landtags. Derzeit müssen vorerkrankte oder ältere Pädagogen wegen der Corona-Gefahr nicht am Präsenzunterricht teilnehmen. Die Gefährdungseinschätzung der Experten würde sich jedoch laufend verändern.

Gebauer verwies auf jüngste Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI), die keine grundsätzlichen Einsatzbeschränkungen für bestimmte Altersgruppen oder Vorerkrankungen mehr vorsähen: „Ich habe immer gesagt, dass der Rat der Experten Grundlage ist für unsere Entscheidungen.“

„Wir brauchen alle“

Es sei selbstverständlich, dass neue Erkenntnisse Auswirkungen auf den Schulalltag haben müssten, sagte die Politikerin aus Köln. „Wir besprechen derzeit mit den Personalräten, wie eine Rückkehr der Lehrer gelingen kann“, erklärte Gebauer. „Wir brauchen alle“, fügte sie noch hinzu. Der Präsenzunterricht sei nicht auf Grundlage der Freiwilligkeit zu organisieren.

Die Schulministerin wies Vorwürfe zurück, sie habe schon jetzt gefährdete Lehrer zur Erteilung des Präsenzunterrichts verpflichtet. Eine entsprechende Regelung habe sich lediglich auf die Teilnahme an mündlichen Prüfungen bezogen. In diesem Format könnten die Hygieneregeln problemlos umgesetzt werden, bekräftigte die NRW-Schulministerin. Vielen Schülern sei es wichtig, von ihren langjährigen Fachlehrern geprüft zu werden und nicht von andern Pädagogen. Man habe mit der Regelung „besondere Härten“ für die Schülerinnen und Schüler im mündlichen Abitur vermeiden wollen.

Bildungsgewerkschaft GEW kritisiert fehlende konkrete Aussagen

Die Bildungsgewerkschaft GEW in NRW warf Gebauer einen „Schlingerkurs“ vor. Es fehlten weiterhin konkrete Aussagen, unter welchen Bedingungen vorerkrankte Lehrer künftig eingesetzt werden sollten. Die Erteilung des Unterrichts sei natürlich wichtig, sagte GEW-Landeschefin Maike Finnern: „Die Einhaltung des Infektionsschutzes muss aber genauso selbstverständlich sein. Das ist oberstes Gebot.“

Die Landesregierung will die Entscheidung über den Einsatz von vorerkrankten Pädagogen offenbar den Schulen überlassen. Jochen Ott, Bildungsexperte der SPD, kritisiert das Vorgehen. Es sei falsch gewesen, vom Grundsatz der Freiwilligkeit bei der Teilnahme am Präsenzunterricht abzurücken. „Die Lehrer, die sich einsatzfähig fühlen, sind ohnehin an den Schulen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, als ob sich die vorerkrankten Lehrer vor dem Unterricht drücken würden“, sagte der Politiker aus Köln.

Auch für Sigrid Beer, schulpolitische Sprecherin der Grünen, wirft das Vorgehen der Landesregierung Fragen auf: „Wie wird der Gesundheitsschutz in Zukunft für alle Beteiligten gewährleistet?“ Das gelte besonders auch für das Problem von Aerosolentwicklungen gerade in Klassenräumen, in denen die Fenster nicht vernünftig geöffnet werden könnten. „Davon haben wir viele“, sagte Beer.

Fischbach kritisiert Berufsgruppe

Wegen der bisherigen Einsatzbeschränkungen für Pädagogen ab 60 Jahren beziehungsweise solchen mit Vorerkrankungen sind nach früheren Angaben Gebauers derzeit knapp 30 Prozent der insgesamt rund 200.000 Lehrkräfte in NRW nicht im Präsenzunterricht. Der Präsident des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, hatte von zunehmendem Unmut bei Ärzten über die Zahl an Lehrern berichtet, die aus Angst vor einer Corona-Ansteckung eine Befreiung vom Unterricht anstrebten. „Es ist schon unverständlich, dass die Berufsgruppe der Lehrer für sich ein solches Schutzprivileg in Anspruch nimmt“, sagte Fischbach in einem Interview.

An den Kitas in NRW fehlen nach Angaben des NRW-Familienministeriums rund 20 Prozent der Fachkräfte für den geplanten Neustart des Regelbetriebs am 8. Juni, weil sie als Angehörige der Corona-Risikogruppe eingestuft wurden. Auch NRW-Familienminister Joachim Stamp verwies auf die neue RKI-Studie, die besagt, dass über 60-Jährige nicht zwangsläufig besonders gefährdet seien. Der FDP-Politiker erklärte, er gehe davon aus, dass alle Erzieherinnen und Erzieher „normal zur Arbeit kommen“. Wer sich krank fühle oder sich zur Risikogruppe zähle, müsse eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt beibringen.

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Die Grünen verlangten eine deutliche Ausweitung der Testungen in den Kitas . „Ein Chaos wie bei der Öffnung der Schulen darf sich bei den Kitas nicht wiederholen“, sagte die familienpolitische Sprecherin Josefine Paul.

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