CSU-ChefIst Söder als Kanzlerkandidat mehr als ein Gedankenspiel?

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CSU-Chef Markus Söder

Berlin – Vor ein paar Wochen hat Markus Söder einmal warten müssen. Er ist nach Saarbrücken zum Jahrestreffen der Jungen Union gefahren. Dort stand Jens Spahn auf der Bühne, der Gesundheitsminister. Söder verzog sich auf die Saalempore, mit einigen Mitarbeitern und einem Pappbecher mit Kaffee.

Spahns Rede dauerte, und der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende wurde ungeduldig. So ungeduldig offenbar, dass der Junge-Unions-Vorsitzende Tilman Kuban von der Bühne eilte und Spahn dort alleine stehen ließ.

Der beendete seine Rede und wurde quasi von der Bühne gefegt, vom „Bayerischen Defiliermarsch“ vom Band und großem Jubel im Saal: Söder zog ein. „Markus, Markus“, skandierten die JUler. Am Vorabend hatten sie Ex-Unions-Fraktionschef Friedrich Merz gefeiert. Die Versammlung galt als Schaulaufen der möglichen Unions-Kanzlerkandidaten.

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Die typische Söder-Mischung

Söder war der einzige Redner, der das direkt erwähnte. Er verband es mit einer Absage: Er sei nun Ministerpräsident in Bayern. „Ich habe lange dafür gearbeitet. Ich habe meinen Traumjob gefunden“, verkündete er und hielt eine Rede der typischen Söder-Mischung, ein bisschen spöttisch, ein bisschen ernst, mit Merksätzen wie: „Der Hass gegen das Auto muss endlich enden.“

Nach der CDU-Niederlage bei der Thüringen-Wahl hat die Kanzlerkandidaten-Debatte in der Union erneut Fahrt aufgenommen. Friedrich Merz hat mit einer Breitseite gegen Angela Merkel an sich erinnert. Und auch Söder - der heftig bemüht ist, sein Raufbold-Image abzulegen - ist wieder im Gespräch.

Der frühere CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Einiges spricht dafür, dass die Kanzlerkandidatur so geregelt wird wie schon zweimal in der Geschichte der Union. 1979 hatte der damalige Bundesvorsitzende Helmut Kohl zugunsten von Franz Josef Strauß verzichtet.“ Für die Wahl im Jahr 2002 habe dann Angela Merkel Edmund Stoiber den Vortritt gelassen. „Ich bin davon überzeugt, dass Annegret Kramp-Karrenbauer die Ruhe besitzt, eine ähnliche Entscheidung zu treffen, wenn die Zeit soweit ist.“

Die historischen Beispiele

Die Erinnerung an die Geschichte allerdings dürfte Söder nicht unbedingt von einer Kandidatur überzeugen. Der damalige bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Strauß setzte sich als Kandidat – auch mit Hilfe von Drohungen - gegen den vom angeschlagenen CDU-Chef Kohl vorgeschlagenen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht (den Vater von Ursula von der Leyen) durch. Die Union wurde zwar erneut stärkste Partei, aber die SPD regierte weiter mit der SPD. Strauß war gescheitert.

Auch Stoiber scheiterte – gegen den amtierenden Kanzler Gerhard Schröder. Merkel hatte auf eine Kandidatur verzichtet, nachdem klar war, dass mehrere CDU-Ministerpräsidenten auf Stoibers Seite standen. Das „Wolfratshausener Frühstück“ in Stoibers Haus bei München rettete Merkel den Posten als Parteichefin.

Die Ausgangslage wäre nun eine etwas andere: Die Union tritt bei der nächsten Bundestagswahl nicht als Oppositions-, sondern als Regierungspartei an.

Ähnlich sind andere Umstände: Die CDU-Chefin ist angeschlagen, bei mehreren Landtagswahlen hat ihre Partei Schlappen erlitten.

In der CSU hat sich nach Jahren des Führungsstreits zwischen Söder und seinem Vorgänger Horst Seehofer die Gemüter wieder etwas beruhigt. Und an Ehrgeiz und Selbstbewusstsein mangelt es Söder sicher genauso wenig wie Strauß und Stoiber.

Lederhose, Sushi und Bayerischer Wald

In der CSU gibt es dennoch Bedenken: Söder könne den Ministerpräsidenten-Posten nicht schon kurz, nachdem er erstmals gewählt worden sei, wieder verlassen. „Das würde negativ gesehen“, sagt ein Vorstandsmitglied.

Außerdem habe er vermutlich ohnehin kein Interesse daran, den vergleichsweise schwierigen Kanzlerposten zu übernehmen, als Chef einer Regierung mit mehreren Koalitionspartnern und das auch noch in einer zunehmend schwierigen wirtschaftlichen Lage. „In Bayern läuft es doch gut, warum sollte er gehen?“, heißt es in der CSU.

Außerdem sei es für einen CSU-Politiker immer schwierig, sich auch im Rest der Republik durchzusetzen, merkt ein anderes Vorstandsmitglied an: „Von Kandidat zu Kanzler ist es ein weiter Weg, gerade für einen Bayern.“

Auf dem CSU-Parteitag vor zehn Tagen hat Söder gesagt: „Wir können Laptop und Lederhosen, Sushi und Digital, Berlin und Bayerischer Wald. Kein anderer kann das so gut wie wir.“ Den ersten Satz könnte er in anderer Position wieder verwenden, den zweiten dürfte er dann nicht mehr nur auf die CSU beziehen. (RND)

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