„Damit wir es nicht vergessen“Der Kanzler und die Warnung vor dem Krieg

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geht im Wald der Erinnerung neben Oberst Markus Beck.

Olaf Scholz geht schweigend durch diesen „Wald der Erinnerung“. Es sind keine Bäume, die ihn innehalten lassen. Es sind die Steinsäulen, die diesen Weg in der Henning-von-Tresckow-Kaserne in Schwielowsee bei Potsdam säumen. Die Gedenkstätte erinnert hier am Sitz des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr an die in Auslandseinsätzen ums Leben gekommenen Bundeswehrangehörigen: 115 Menschen, davon 37 im Kampf gefallen.

Nur wenige Flugstunden entfernt sterben gerade Soldaten und Zivilisten in dem von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Krieg gegen die Ukraine. Der Bundeskanzler lässt sich in der Kaserne vom Befehlshaber des Kommandos, Generalleutnant Bernd Schütt, einen Überblick über die aktuellen Auslandseinsätze der Bundeswehr geben. Deutsche Soldatinnen und Soldaten sind im Kosovo, in Jordanien, im Irak, in Mali, am Horn von Afrika, in der Westsahara und noch einigen weiteren gefährlichen Einsätzen. Dass ausgerechnet einmal Missionen bei Nato-Partnern wie Rumänen und dem Baltikum gefährlich erscheinen, hat noch bis vor kurzem kaum einer für möglich gehalten.

Scholz telefonierte nachts mit Selenskyj

Jetzt ist das beherrschende Thema der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Scholz hat vor wenigen Stunden, in der Nacht zum Freitag, mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert. Durch Kampfhandlungen mit russischen Soldaten nahe des größten Atomkraftwerks Saporischschja in der Ukraine ist auf dem Gelände ein Feuer ausgebrochen.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

Scholz berichtet, es sei nur ein Verwaltungsgebäude betroffen. Radioaktive Strahlung sei nicht ausgetreten. Er sagt jedoch sichtlich besorgt: „Es zeigt aber, wie gefährlich die Situation ist. Kriege führen immer dazu, dass Zerstörungen angerichtet werden, wo sie vielleicht auch keine der Kriegsparteien wirklich vorhat, aber die trotzdem ihre schrecklichen Auswirkungen haben können.“ Selenskyj spricht in einer bei Telegram veröffentlichten Videobotschaft von einem gezielten Beschuss des Atomkraftwerks durch russische Panzer. Europa müsse jetzt aufwachen. Er erinnert an die Atomkatastrophe in Tschernobyl 1986.

Erster Truppenbesuch seit Amtsübernahme

Es ist der erste Truppenbesuch von Scholz seit seiner Amtsübernahme im Dezember. Der Besuch des Sozialdemokraten, der selbst den Wehrdienst verweigert hat, war lange vor Kriegsbeginn geplant. Scholz schließt auch hier in Schwielowsee aus, dass die Bundeswehr sich am Krieg in der Ukraine beteiligen werde. „Wir sind nicht Teil der militärischen Auseinandersetzung, die dort stattfindet, und werden es auch nicht werden.“ Das gelte für alle Nato-Staaten. Seit Tagen sendet er diese Botschaft.

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Deutschland liefert der Ukraine allerdings Waffen. Es ist unklar, ob Putin Staaten, die der Ukraine auf diese Weise helfen, als Aggressoren sieht, auch wenn sie selbst nicht auf ukrainischem Boden militärisch eingreifen. Scholz betont, die Bundesregierung werde alles für einen Waffenstillstand tun. Das geht dann nur durch Diplomatie, wofür Russland derzeit nicht erreichbar erscheint.

„Die Bilder sind schrecklich genug“

Scholz mahnt: „Die Bilder, die wir jetzt schon sehen von den Zerstörungen sind schrecklich genug, und da brauchen wir nicht noch viele weitere dazu.“ Im „Wald der Erinnerung“ steht ein riesiger Felsblock. Er gedenkt der Gefallenen in Afghanistan. Auf dem Stein steht: „Lest we forget“. Damit wir es nicht vergessen.

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